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und Wenzig eine Berathung der Realſchulen-
Zeichnenlehrer Böhmens ſtatt, um den Zeichnenunter-
richt mit dem neuen Lehrplane in Uebereinſtimmung
zu bringen, beſtehende Mängel deſſelben zu beheben,
und die nöthigen Anträge zur Förderung und Hebung
dieſes für die Induſtrie ſo wichtigen Unterrichts-
zweiges zu ſtellen.
eingefunden. Auch der k. k. Miniſterialrath , Herr
Franz, Grafv. Thur-Hohenſtein aus Wien und
der Direktor der Prager Malerakademie, Hr. Duben, |
| Jahre an Frequenz nachſtehend, dennoch ſo zahlreich
beehrten die Verſammlung mit ihrer Gegenwart.
Die Lehrer hatten ſowohl Zeichnungen ihrer Schüler,
als eigene Arbeiten mitgebracht; nebſidem waren ver-
ſchiedene Zeichnenmuſterwerke, Modelle und andere
Lehrmittel zur Anſicht targeboten. Zur Beurtheilung
wurde ein Komite gebildet. Das Erkenntniß lautete
dahin, daß das Freihandzeichnen hinter dem Linear:
zeichnen zurüs ſei, und zwar nicht ſowohl darum, .
weil es an Lehrkräften, ſondern vielmehr, weil es
bei der Verſunkenheit des guten Geſchma&es, der ſich
nach dem Beiſpiele der Griehen und Römer auch
mit den Erzeugniſſen der Induſtrie zu vermählen habe,
an geeigneten Vorlagen fehle. Hiermit ſoll nicht ge-
ſagt ſein, daß nicht auch im Freihandzeichnen mehre
Anſtalten Lobenswerthes, ja mitunter Ausgezeichnetes
geliefert hätten, wie die beiden Oberrealſchulen von
Prag, die kleinſeitner Muſterhauptſchule, die neu-
ſtädter Pioriſtenhauptſchule, die Schulen zu Leitme-
riß-Leiza, Pilſen, Budweis u. a. -- Man vereinigte
ſim , auf Einfachheit im Zeichnen zu drängen, den
Bli> der Schüler frühzeitig auf die unübertroffene
Lehrmeiſterin Natur zu lenken, das gedankenloſe Ko*
piren aus: der Schule zu verbannen, die Selbſtthätig-
keit und den Erfindungsgeiſt zu we&en, und nachdem
man noch andere wichtige Anträge geſtellt, kam end-
lich der Beſchluß zu Stande, es ſollen die Lehrer
jeder Anſtalt jährlich eine oder mehre ihrer eigenen
Arbeiten den Schulräthen überſenden, welche ſie durch
eine Kommiſſion prüfen zu laſſen hätten, um die für
gut befundenen Stüe dem h. Miniſterium vorzulegen,
und nach erlangter hochortigen Sanktion für deren
Veröffentlihung zu ſorgen. Dieſer Beſchluß kann,
wenn er auch thatkräftig ausgeführt wird, von ſehr
heilſamen Folgen ſein, indem ſo die Anſtalten nach
und nach auf wohlfeilere Art zu tauglichen, ihrem
Zwed>e entſprechenden Vorlagen zu gelangen im
Stande ſein werden. Ueberhaupt vermag die zum
erſten Male eingeleitete Verſammiung die lohnendſten
Früchte zu tragen, da die Lehrer ihre bedeutungs-
volle Aufgabe klarer erfaſſen, und ſich wechſelſeitig
näher kennen lernen. Man ſchied mit dem allge:
meinen Verlangen, ſi<h im nächſten Jahre wieder
zuſammen zu finden. Wohlan, waere Freunde!
Es kann hier, wie überall, nur nach dem Wahlſpruche
vorwärts gehen: „„Viribus unitis!'“ -
Berichte über Lehrerverſammlungen.
Der allgemeine württembergiſche Volksſchul-
-„Tehrervein hielt ſeine diesjährige Plenarverſammlung
-- ſeit der Zeit ſeines Beſtehens die dreizehnte =
Es hatten ſich über 70 Lehrer
am 4. Auguſt. . Der ernſten Stimmung, in welcher
ſich die Theilnehmer zur Berathung über einen gleich-
falls ernſten Gegenſtand zuſammengefunden hatten,
gab der Eröffnungsgeſang in dem Choral: „Wer
nur den lieben Gott läßt walten 2c.“' (von einem
Vereinsmitgliede, W. A. Auberlen, für Männerſtim-
- men na<h dem Originälrythmus bearbeitet), den ent=
|
ſprechenden AusdruF. In gleichem Sinne ſprach
- dex Vorſtand Worte der Begrüßung, und freute ſich,
daß die Verſammlung, wenn gleich denen früherer
beſucht war, um durch dieſelbe eine Majorität des
württembergiſchen Volksſchullehrerſtandes in ihr ver-
treten zu ſehen. ,
Den Hauptgegenſtand der Beſprechung bildete
der rythmiſche Choral. Seit einer Reihe von
Jahren wurde in verſchiedenen Kreiſen gar vieles
hiervon geredet und geſchrieben, beſonders ſeit dem
Stuttgarter Kir<entage, auf welchem die Frage hier-
über gleichfalls verhandelt worden war. Sowohl
die Unklarheit der Vorſtellungen über ſein Weſen,
ſeinen Charakter, ſowie ſeine Bedeutung für den
kir<lichen Kultus auf der einen Seite, als die all-
'zukühnen Erwartungen auf der andern Seite, welche
man von deſſen Einführung als kir<licher Gemeinde:
geſang in manchen Kreiſen wenigſtens hegt, hinſicht-
lich der Förderung wahrhaft <hriſtliher Erbauung
und der Pflege eines regen kir<lichen Sinnes, --
machten eine Erörterung unter Männern, welche zu-
nächſt durch ihren Beruf darauf angewieſen ſind,
hier zu prüfen und das Beßte zu behalten -- höchſt
wünſchenswerth. An der Hand von Fragen (Theſen),
die ein Vereinsmitglied zuvor in der „„Volksſchule'
zu vorbereitender Erwägung veröffentlicht hatte, wurde
der Gegenſtand wie nach ſeiner hiſtoriſchen und äſthe=
tiſchen Bedeutung, ſo auch nach ſeiner praktiſchen
Wichtigkeit freimüthig und unbefangen erörtert. Das
Reſultat der Berathung ſprach ſich der Hauptſache
nach in der Anſicht aus, daß der rythmiſche Choral,
mit Ausnahme von etlichen ganz ausgezeichneten
Melodieen, in muſikaliſcher Hinſicht einen weſentlichen
Vorzug vor dem gegenwärtigen, namentlich nach der
wirklim in hohem Grade gelungenen Bearbeitung
des württemberg. ,,Choralbuchs'“ von 1844, nicht
darbiete, dagegen weit größere Schwierigkeiten in der
Ausführung z ebenſo erheben ſich bedeutende Zweifel
darüber, ob durch denſelben die Andacht bei dem
Gottesdienſte in dem Maße würde gefördert werden,
wie ſo Manche zu glauben geneigt ſind. Obgleich
hierdurc) ausgeſprochen ward, daß ein hinreichender
Grund zur Einführung der na< dem muthmaßlichen
Original: Rythmus bearbeiteten Choräle und damit zur
allmäligen Beſeitigung unſers gegenwärtigen Chorals
in der Gemeinde nicht vorhanden ſei, ſo wurde den-
noc< auch zugleich anerkannt, daß zur Belebung des
Geſanges, insbeſondere eines friſcheren Vortrags an
der Stelle des allzuerlahmten Rhythmus, einige
hierzu beſonders geeignete Choräle je nac< Umſtän»
den der Oertlichkeit und der muſikaliſchen Kräfte
vornämlich für kir<liche Geſangc<öre ſich empfehlen.
Mit dem Schluſſe der Debatte hierüber endigte der