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laufen. Sind die Kinder im Leſen bis S. 38 vorgerüct,
ſo kann der Lehrer die Namen der Dinge, über die ſie
jeht ſhon Manches zu ſagen wiſſen, als Schlagwörter
benuben laſſen, um den ganzen Unterricht auf eine geiſt:
bildende Weiſe zu wiederholen, was bei jedem wohlgeord»
neten Unterrichte unbedingt nothwendig iſt. Die 3. Ab-
theilung enthält Leſeſtüke , die wir für dieſes zarte Kindes-
alter als recht paſſend bezeichnen können.
Das erſte Sprach: und Leſebuch von Profeſſor Ber-
naleken zerfällt in vier Abſchnitte und geht Hand in Hand
mit den Sprachübungen, welche ſprachlehrliche Anfänge
und die erſten ſchriftlichen Uebungen enthalten. “. Die erſte
Stufe befaßt ſich mit den Lauten, Sylben und ihrer
Trennung, danr mit Haupt- , Neben-, Nach- und Vor-
ſylben, ferner mit dem Geſchlechtsworte (Artikel) und der
Ein- und Mehrzahl , worüber hinlänglicher Uebungsſtoff
in dem 1. Abſchnitte der Leſeübungen vorkommt (Seite 3
bis 35). Die 2. Stufe macht uns mit den Haupt-
Eigenſchafts-Zeitwörtern, deren Zeitwandlung bekannt, und
ſchließt mit der Fallwandlung der Haupt- und Beiwörter.
Uebungsſtoff S. 36--70. Die 3. Stufe enthält etwas
vom Sake und den wichtigſten Sabzöichen mit vielſeitigen
Uebungen. S. 71 bis 93. Die 4. Stufe ſpricht von
der Betonung der Wörter und Säße, nebſt der Dehnung
und Schärfung der einzelnen Buchſtaben, und ſchließt mit
einer Wörterfamilie. =- Uebungsſtoff im 4. Abſchnitte der
Leſeübungen.
Das ganze Büchlein durc<hweht ein guter Geiſt 3 die
Sprache iſt einfac) kindlich. und gemüthlich 3 die Auswahl
der Leſeſtüe glüklich. Daß der Verfaſſer recht oft die
Heimath und das Vaterland in ſeinen Erzählungen mit
einflo<t, können wir nur loben. Die Erzählungen vom
h. Stephan in Ungarn, Rudolph von Habsburg, vom
Kaiſer Max auf der Martinswand, vom Prinz Eugen,
Kaiſer Joſeph u. a. ſind geeignet, Liebe zum Vaterlande
zu wecken und zu nähren.
Turnbuc. Ueber die von Laſche und Seide-
mann herausgegebene Schrift: „Syſtematiſ<-prak-
tiſcher Unterricht im Turnen“ hat das Königl.
Sächſ. Miniſterium des Kultus 2c. fic) dahin augsgefpro-
Hen, „daß ſol<es (Werk) wegen des darin verfolgten Pla-
nes eines wirklich ſyſtematiſc<h-praktiſchen Unterrichts als
überaus zweEmäßig empfohlen werden könne z daß dieſe Turn-
tafeln für Lehrer, welche nieht Gelegenheit haben, die köſt-
ſpieligen und umfänglichen Werke von Spieß zu benußen,
um ſo willkommner ſein würden, als hier ſowohl eine gute
Auswahl, als auch eine zweckmäßige Zuſammenſiellung
von Leibesübungen für unterrichtliche Zwecke getroffen ſei,
und daß dieſelben ihre Unordnung faſt durchweg nach den
Grundſäßken der Hygiene erhalten hätten, weshalb ſie gewiß
nur mit Vortheil beim Unterricht der Knaben, wie beim
Turnen der Erwachſenen, benußt werden könnten."
Neues Leben von Berthold Auerbad.*)
Durch einen Aufſatz in der allgemeinen deutſchen Lehrer-
zeitung auf dies Buch aufmerkſam gemacht, ſuchte ih
mir daſſelbe zu verſchaffen und habe es nun mehrmals
geleſen- Welc< ein Buch! I< kann es kaum ſagen,
*) Aus dem Briefe eines Landſc<hullehrers, gedruckt im :
Frankfurter Journal.
wie erqui>end und erfriſchend daſſelbe auf mich gewirkt,
wie es .mich mit neuer Begeiſterung für meinen Beruf
entzündet. hat, in dem ich nun ſchon dreißig Jahre thätig
bin. Welcher unſerer Berufsgenoſſen hätte nicht ſchon
nac< ſorgenſchwerem Tagewerke manchmal geſeufzt; wie
wenige Menſchen ahnen und kennen das mühevolle Amt
eines Syullehrers! Und wiederum nac<h erhebenden, be-
ſeligenden Momenten, wenn die Liebe -aus Kindesbliken
uns entgegen geleuchtet, ausgerufen : Mit keinem andern
Berufe möcht' ich den meinigen vertauſchen ! Alles dies,
Licht und Schatten des Lehrerlebens, hat nun hier ein
wirklicher Dichter lebensvoll dargeſtellt, indem er uns
Eugen Baumann in ſeinem Fühlen, Wollen und Den-
ken, ſeinen Beziehungen zu der Gemeinde, den Kindern,
Berufsgenoſſen und Vorgeſebten begleiten läßt. I< wib
den Reiz des Intereſſes nicht dadurch ſchwächen, daß ich
den Inhalt angebe, ſondern nur angelegentlich empfehlen,
die dreibändige Erzählung ſelbſt zu leſen. Möglich, daß
mancher Lehrer mit einzelnen darin niedergelegten Anfich-
ten nicht ganz ſympathiſirt ..... aber der Kern, der Geiſt,
der das Ganze durchweht, iſt gut und ganz geeignet, ce-
drückte und kummervolle Lehrerherzen aufzurichten. Und
was wäre in unſerer Zeit vielen tauſend Volksſchullehrern
nöthiger als dies? Da iſt namentlich unter den acht ge-
ſchilderten Lehrern einer , Deger, auf den wir alle, wie zu
einem Jdeale aufſchauen können; während die Geſtalten
des Bachmüller, ſeiner Frau, der Vittore, Kirchbauerin
Stephanie, Kronauer's 2c. mit einer Wahrheit und Fein-
heit, ſowie zum Theil mit einer Seelenſchönheit ausge-
ſtattet ſind, daß ſie unvergeßlich vor dem geiſtigen Auge
des Leſers ſtehen werden. Neu und orizinell iſt der Ein-
fall, daß der DichKr zum Helden der Erzählung einen
Mann aus den höheren Geſellſ<haftskreiſen wählt, für den
in der Dorfſchule allerdings ein neues Leben beginnt , der
aber mit einer Hingebung und Liebe ſich der Kinderwelt
zuwendet, die rührend und ergreifend geſchildert ſind. Die
Wirkung dieſes Buches halte ich auch inſofern für ein-
flußreich, als es den Kreiſen des Publikums, welche nach
althergebrac<ter Weiſe unter dem Kinderunterrichte ſich ein
mühſeliges Einerlei und unter dem Lehren ein Abrichten
und Dreſſiren der Jugend vorſtellen, eine andere und wür-
digere Anſicht beibringen wird. Die Zeit liegt uns no<
gar nicht fern, wo man auf Bildern, in Opern, Poſſen
und Romanen die Schulmeiſter ſtereotyp als lächerliche
und abgeſchma>te Figuren benußte. Dank der fortge-
ſchrittenen Bildung, die denn doc< eine beſſere Anſicht
von der Schule und ihren Lehrern bewirkt hat. Es iſt
übrigens nicht allein das ſtoffliche Intereſſe, das uns bei
dem „Neuen Leben“ feſſelt, ſondern vor allem au der
Reichthum der Gedanken und Jdeen über Kindesnatur,
Methode, Erziehungskunſt 1c. =“- darunter ſo geiſtvolle und
ſinnige Bemerkungen, wie man ſie in methodiſchen Hand-
büchern oft vergeblich ſuchen wird. Wohl darf man mit
Ueberzeugung ſagen, daß ſein Verfaſſer dem geſammten
Volksſchullehrerſtande einen großen Dienſt erwieſen „. der
Überall von der Lehrerwelt mit freudiger Dankbarkeit an-
erkannt werden wird.
DerRuinderBVolksſ<ulen. In der allgemeinen
: Schulzeitung hat ein „praktiſcher“ Lehrer Namens Bruſt
. die Urſac<en des Ruins der deutſ<en Volksſchule entde>t.