Ur. 23 & 24.
Sonnabend , den 12. Inni.
1852,
Allgemeine
Deutſche Lehrerzeitung,
Im Auftrage herausgegeben von A, Berthelt.
Von dieſer Zeitung erſcheint jede Woche eine Nummer oder aller 14 Tage eine Doppelnummer zu dem halbjährlichen Preiſe
von 15 Ngr, Die Unterzeicnung verpflichtet auf einen halben Jahrgang,
Alle Buchhandlungen und Poſtanſtaiten Deutſch-
lands nehmen Beſtellungen an. Anzeigen werden für den Raum einer geſpaltenen Zeile mit 13 Nar. berechnet.
Zur richtigeren Würdigung Friedrich Frö- -
; nahme zu beobachten.
bel's und ſeines pädagogiſchen Wirkens.
Bei der nicht geringen Anzahl von Gegnern
der Fröbel'ſ<men Beſtrebungen auf der einen und
vom Fache no< immer mit Fröbel's pädagogiſchen
dem unmäßigen Lobpreiſen auf der anderen Seite,
von noch dazu ganz unkompetenten Richtern, iſt es -
. Wir haben einerſeits ſehr ungünſtige Urtheile darüber
gewiß bis jekt nur Wenigen gelungen, ſich ein richtiges
Urtheil über die Sache und die Perſon Fröbel's zu
erwerben. Und doh iſt es der Mühe werth, dieſen
ſo wichtigen Theil der Erziehung, welchem der un:
ermüdliche Fröbel ſein Leben gewidmet hat, allſeitig
und wiederholt zu beleuchten, da die Anſichten nicht
allein der meiſten Aeltern, ſondern auch vieler Er-
zieher vom Fache hierüber keineswegs klar zu ſein
ſcheinen. Nachdem nämlich Fröbel ſeiner Neigung
für die Erziehungsangelegenheiten dur< Begründung
der äußerſt günſtig gelegenen Bildungsanſtalt in
Keilhau bei Rudolſtadt ſehr wahrſcheinlich no< nicht
volles Genüge gethan, iſt derſelbe jedenfalls auf dem-
ſelben Wege, wie gar mancher Andere, und zwar |
zunächſt auf Veranlaſſung der ſich immer mehr be-
währenden Bewahranſtalten zur ernſtlicheren Erfaſſung
der erſten Erziehung auch in den vermögenderen Stän-
den gelangt. Wenigſtens führte mich bald nach. meiner
RüEkehr aus Rußland, wo unbeſtreitbar ſehr be-
deutende Mittel auf Erziehung und Unterricht der
höheren Klaſſen verwendet werden, und nac< meinen
darauf folgenden pädagogiſchen Reiſen durc< Deutſc<h-
land, Frankreich, die Schweiz und Italien, dieſe
meine Lieblingsreizung , ohne nur irgend etwas von
Fröbel und deſſen bereits in Dresden beſtehenden
Kindergarten zu ahnen, auf die ernſtere Erfaſſung
der erſten Erziehung und die Benußung der hö<ſt
ſchäßbaren Vortheile der Bewahranſtalten auch für
die mittleren und höheren Stände. Die damals er-
ſchienene Curtmann'ſc<he Preisſchrift erwähnte der
Fröbel'ſchen Spielfäſten, und dies gab eine Veran-
laſſung zu einer weiteren pädagogiſchen Reiſe nach
Schnepfenthal und Blankenburg. Hier habe i< die
großartige Thätigkeit und die uneigennüßige Auf-
opferung des begeiſterten Autodidakten in ſeiner eige-
| Zutrauen ſich auch noh hier und da in der Meinung
nen Werkſtätte kennen gelernt. Später habe ich auch
in Dresden wiedergolt Gelegenheit gehabt, den Er-
findungsgeiſt und die vervollkommneten Leiſtungen
dieſes warmen Kinderfreundes mit fortdauernder Theil-
So ſteigend nun aber auch
- die Theilnahme der Laien, und namentlich der Frauen,
an der geſammten Fröbel'ſhen Wirkſamkeit bis jekt
geweſen iſt, ſo wenig haben ſic) die Schulmänner
| Anſichten und deren Ausführung befreunden können.
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von Romsauer und anderen Pädagogen, andererſeits
die mit früheren Beurtheilungen ganz im Wider-
ſpruche ſtehenden dringenden Empfehlungen Dieſter-
wegs und Anderer. Liegt die Wahrheit hier, wie
ſo oft, in der Mitte? Welches ſind und bleiben die
unbeſtrittenen Verdienſte Fröbel's? Was iſt von
ſeinem Wirken von bleibendem Werthe für dieſen
Theil der erſten Erziehung? -- Dieſe Fragen werden
durch die neuerdings eingetretene vollſtändige Ver-
kennung der von Fröbel begründeten Kindergärten
gebieteriſ< zur Beantwortung gerufen, und tragen
vielleicht ſo zur helleren und gründlicheren Beleuch-
tung dieſes ganzen Erziehungstheiles bei. Wenn
wir nun nach den vieljährigen über die Lehranſtalten
und deren unverkennbare Vortheile gemachten Erfah-
rungen zum größten Theile darüber einverſtanden
ſind, daß auch die mittleren und höheren Stände
bei der fortdauernd geringen Benußung der zwe-
mäßigſten Erziehungösmittel und der auch unter dieſen
Ständen oft noch erſchwerten Erziehungsverhältniſſe
einer Beihilfe und Erleichterung dieſes ſchweren und
wichtigen Amtes gar wohl bedürfen, ſo müſſen wir
Friedrich Fröbel das unſchäßbare Verdienſt zuerkennen,
zuerſt mit Ernſt und Geſchi> dieſe Angelegenheit
in die Hände genommen und die Pfleganſtalten der
erſten Kindheit für jene Stände wahrhaft begründet
und verbreitet zu haben. Gewiß kein kleines Ver-
dienſt, wenn wir uns daran erinnern, daß von jeher
und in der neueren Zeit wieder dringender die-Wichtig:
keit der erſten Erziehung für das ganze Leben mit
NachdruF hervorgehoben worden und eine ausführ:
liche praktiſc<e Darlegung der Möglichkeit bis dahin
in allen Erziehungslehren vermißt worden war. Mag
die unfreiwillige Selbſttäuſhung und das ehrliche
gefallen, der geſunde Menſchenverſtand und das richtige
Gefühl reiche zur Erziehung hin, und es bedürfe