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ſchon, daß es nie an Stoff auch für dieſe Stufe fehlen kann,
da der Anſhauungsunterricht, die Naturkunde, die Geſchichte
ihn reich darbietet ; man nehme aber auch immer Rückſicht
darauf, daß der Gegenſtand wirklich Intereſſe für die Kinder
habe, und halte ſich nicht pedantiſch an die Forderung, die
Auswahl immer aus der nächſten Umgebung zu treffen;
Schwamm, Schiefertafel 2c. bieten dieſen Kindern zu wenig
Inhalt dar, da ſie jn dem Alter über Gewinnung 2c. viel-
leiht noFH nicht viel zu ſagen wiſſen. Cinfache Sätße
müſſen es ſein, weil auf dieſer Stufe die Grammatik noch
nicht darüber hinausgeht. =- Wenn das geſchehen iſt, ſo laſſe
der Lehrer ſich einige, wenn nicht alle, Arbeiten vorleſen und
verſuche nun, durc< entwickelnde Gragen ſie dahin zu bringen,
daß ſie dieſelben Sätze in richtiger Reihenfolge aufſchreiben
und leite daraus endlich die allgemeine Anordnung für einen
Gegenſtand derſelben Art (Thier, Pflanze 2c.) her. Zur
Verhütung ron Mißverſtändniſſen füge ich noch hinzu, daß
Dieſe verſchiedenen Arbeiten nicht in einer Stunde, ſondern
in 2 oder 3 auf einander folgenden vorgenommen werden.
b. I< diktire den Schülern Sätze über einen Gegenſtand,
3. B. über das Salz oder über den Elephanten , die abſicht-
lich bunt durc<g einander geworfen ſind, und fordere ſie dann
auf, diejenigen Säße zuſammenzuſtellen, welche ihrem In-=
halte nach zuſammengehören, und darauf müſſen ſie Ueber=
ſchriften auffinden, welhe den Inhalt einer ſol<en Satz
gruppe ausdrücen ; bei den von mir über das Salz diktirten
Säßen z. B. kamen folgende Ueberſchriften heraus: 1) Er-
tlärung, 2) Beſchaffenheit, 3) Vorkommen und Gewinnung.
4) Gebrauch. -- Später laſſe ich die Kinder ſelbſt Fragen
aufſchreiben, die ſie bei dex Bearbeitung eines ihnen genann-
ten Gegenſtandes, 3. B. des Orts, beantworten würden, und
gehe ihnen Anleitung, dieſelben zu ordnen, wobei ich gleich
* Fücfſicht darauf nehme, ihnen die leichteſten Uebergänge von
einem Theil zum andern bemerfbax zu machen und Haupt-
und Unterabtheilungen trennen zu laſſen ; dies kann entweder
ſo geſ<ehen, daß man einen Haupttheil in die Untertheile
zerlegen läßt, oder daß man mehrere ſpezielle Fragen und
Rubriken in eine einzige größere Oruppe vereinigt; ich habe
dies Letzte leichter und praktiſcher gefunden. Leichter iſt es
Kindern auch, in Fragen die erſten Dispoſitionen zu ent-
werfen; darnach müſſen fie es auch in Ueberſchriften verſuchen.
GE. Die Schüler machen Dispoſitionen über gegebene
Themata. Die Hilfe, welche der Lehrer dabei aufänglich
leiſtet, ſ<windet mehr und mehr, ſo daß jie bei manchen Aufz
gaben zuletzt 'ganz wegfällt, während bei andern eine Nach-
hilfe m<h<t fehlen kann. Die Aufgaben müſſen nämlich ſo
abwechſelnd und verſchiedenartig als möglich gegeben werden ;
ich will hier aber über den Stufengang derſelben nichts mit-
theilen; es verſteht ſich von ſelbſt, daß man vom Leichteren
zum Scwereren fortſchreitet, und daß man nur ſol<e Auf-
gaben wählt, die dem kindlichen Geiſte angemeſſen ſind;
Dieſterweg ſagt emmal: „vierzehn= und fünfzehnjährige
Finder ſind doch eben nur Kinder.“ Da auf der erſten
Stufe ſc<on zuſammenhängende Aufſätze, wenn auch in ein-
fachen Sätzen, gemacht wurden, ſo wäre es ein Rückſchritt,
wenn dieſe auf der 2. oder 3. Stufe nicht angefertigt würden ;
ſie können ſ<on um ſo beſſer werden, als man in der Gram-
matik dann ſchon zu zuſammengeſetzten Sätzen fortgeſchritten
ſein wird. Aufſätze wechſeln mit Dispoſitionen ab oder man
nimmt wöchentlich eine Stunde für jedes; kein Aufſatz darf
aber auf dieſen Stufen ohne Dispoſition gentacht werden.
Ueber den Periodenbau gebe ich nur den von mix befolg-
ten Stufengang an, indem ich wiederhole, daß er hauptſäd=
lich in die Grammatik gehört, daß 1d) aber Uebungen darin
auf der 2. und 3. Stuſe dex Stilübungen auch vornehmen
laſſe, ſHon der Abwechſelung wegen.
a. Bildung einfacher Sätze. Wenn dies als Vorübungz
zum Stil dienen ſoll , ſo kann man Subſtantive mit paſ =
ſenden Adjektiven verbinden, Sätze über Berben mit be-
ſtimmten bedeutungsvollen Vorſilben, über Synonyma 2c.
bilden laſſen. |
b. Zuſammengeſetzte Sätze. (Eine reichhaltige und hö<ſt
lehrreiche Uebung, bei der man aber immer entwickeln , mög=-
lichſt heuriſtiſch verfahren ſoll.)
c. Erklärung und Zergliederung von Perioden.
(Dieſe Zergliederung iſt beſonders wichtig; man muß einen
guten Bau erſt in ſeinen Cinzelnheiten erkannt haben, ehe
man einen Neubau aufführen kann.)
d. Bildung von Perioden , theils aus gegebenen Säkßen,
theils ſelbſtſtändig.
e. Bildung von Perioden über gegebene Themata. |
Dieſen letzten Punkt will ih noch etwas ausführlicher
beſprechen, weil ein von mir hocverehrter Freund deshalb
eine Anfrage an mich in Leipzig richtete , die ich ihm micht
mehr beantworten konnte, weil wir leider zu bald wieder von
einander getrennt wurden. Ihm war es aufgefallen, daß
ich als Beiſpiel angegeben hatte: ich ließe etwa die Geſchichte
ver Zungfrau von Orleans in einer Periode bearbeiten. Nun
geſtehe ich, daß dies Beiſpiel am wenigſten paſſend war; aber
ich meine es auch ſo, daß nur das Weſentlichſte , was etwa
das Charakteriſtiſche dieſer geſchichtlichen Perſon enthält,
darim vorfommen Es etwa wie folgt: „In den langwierigen
Kriegen zwiſchen England und Frankreich trat in der Zeit,
als die Engländer bereits einen großen Theil Frankreichs er-
obert hatten, ein Landmädhen, Jeanne d'Arc, an die Spitze
des franzöſiſchen Heeres , weil ſie ſih von Gott dazu berufen
glaubte , entſetzte das belagerte Orleans , erfocht viele Siege
und führie den König zur Krönung nach Rheims ; aber in
einem ſpäteren Gefechte ward ſie von den Engländern ge=
fangen, von dieſen den mit ihnen verbundenen Burgundern
ausgeliefert und, nachdem ſie vor einem Gericht, das größten=
theils aus Geiſtlichen beſtand , der Zauberei angeklagt war,
zum Feuertode verurtheilt, den ſie im Jahre 1437 in Rouen
erlitt.“ Wie geſagt, das Beiſpiel iſt nicht ganz glücklich ge=
wählt, wie denn überhaupt geſchichtliche Data ſic am ſ<wer-
ſten dazu eignen; Kinder wenigſtens würden nicht leicht mit
dem obigen Gegenſtande ſich in dieſer Weiſe abfinden ; man
wird aber daraus erſehen, wie ich es meine, und es werden
ſich leicht paſſendere Aufgaben finden laſſen, 3. B. aus der
Naturkunde, Geographie, die Inhalt8angabe kürzerer Ge-
dichte (Mädchen aus der Fremde, Theilung ver Erde) 2c.
Kommen wir unum endlich auf die Wahl des Ausdruds,
wie überhaupt auf die Schönheit des Stils, ſo muß gewiß
für Elementarſchulen, d. h. für alle Anſtalten, die nicht Real-
oder Fachſchulen ſind, auc in dieſer Beziehung nur der Weg
der Praxis eingeſchlagen werden. Die Theorie der eigent-
lichen Stillehre muß der Lehrer im Kopfe haben; ſie eignet
ſi aber nicht zum Bortrage in der Schule, ſondern ſie muß
| gelegentlich an die Schüler gebracht werden und zwar beim
Beſprechen der von ihnen gelieferten Arbeiten. Jede Stil=
übung muß nämlich nicht allein ſorgfältig korr'girt werden,
wie ſic<h das von ſelbſt verſteht, ſondern der Lehrer muß ſie
dann genau durchſprechen ; die Fehler gegen die Grammatik
werden nur angeſtrichen und zunächſt verbeſſert; die Berſtöße
gegen den guten Stil werden geändert und die Oründe dafür
vom Lehrer angegeben. Wenn dann noh eine Kopie ange-
fertigt werden muß, ſo..wird eine Regel nac<h der andern
praktiſch geübt werden. Außerdem eignet fich dazu jehr gut
das Zergliedern guter gedruckter Aufſätze, mag man jie dem
Leſebuche oder ſonſt einer guten Sammlung entnehmen, wie
überhaupt das Analyſiren beim Sprachunterricht nicht genug
empfohlen werden kann. Dies führt mid) auf die Benutzung
gedruckter Arbeiten für den Unterricht im Stil und nament=
lich auf das Nachbilden von Muſterſtüken. I< will meine