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Iſt es bei der Erziehung der Kinder nicht befon-
ders unöthig, die Gränzlinie zwiſchen Eigen-
ſinn und Feſtigfeit des Willens genau zu
berückſichtigen? warum und wie?
An einem ſtarken und feſten Willen iſt Alles gelegen: ein
ſtarker und feſter Wille muß daher auch hauptſächlich das Ziel
ſeyn , auf welches der Erzieher aus allen Kräften hinzuſtre-
ben hat, wenn er überhaupt den Zwe> aller Erziehung im
Auge behalten wil. Was ſuchen wir mit allem Erziehen und
Bilden ? Das Kind durch unſere Leitung bis auf den Punkt
zu führen, wo es auf eigenen Füßen ſtehen, ein ſelbſtſtändi-
ges Leben führen, ſittlich gute Zwecke ſich ſelber ſeen und er-
ſtreben kann. Wie mag aber dieß anders geſchehen, als da-
durch, daß wir nah und nach, das wie Wachs weiche We-
ſen des Kindes zu gediegener Geſtalt und feſter Form heran-
führen, daß es nicht mehr allen möglichen Cindrü>en und
Einflüſſen von außen zu weichen und nachzugeben verdammt
iſt, vielmehr in die vorhandene Ordnung der Dinge, nad)
Zweck und Plan ſelbſtthätig emzugreifen in Stand geſeßt wird,
Wir ſehen ferner darin das Endziel aller Erziehung, daß .der
Zögling das Gute nach allen Richtungen hin zu verwirklichen
ſuche, je in der ihm als Beruf angewieſenen Sphäre. Wenn
nun aber dem Guten ohne Aufhören feindliche Mächte hem-
mend entgegentreten; wenn das wahrhaft Große und Schöne,
welches mit dem Guten Eins iſt, nur mit Mühe und Kampf
durchgeſe8t zu werden vermag; wenn aud im Einzelnen die
Realiſirung eines jeden löblichen Planes Concentration der
Kräfte und ein wenigſtens momentanes Vergeſſen aller unter-
geordneten ſinnlichen und egoiſtiſchen Intereſſen gebieteriſch
verlangt: wer möchte dann läugnen, daß eine Hauptaufgabe
des Erziehers die Kräftigung und Feſtigung des Willens in
ſeinem Zöglinge ſey? Ja, panzern muß er ihn mit einem
Willen von Stahl, um gegen alle Feinde das Feld zu behaup-
ten; ihn gefaßt machen auf alle Schwierigkeiten , die ſich ihm
bei der Durchführung des Rechten und Guten in zahlloſer
Menge entgegenſtellen werden 3 ihn abhärten gegen die Unan-
nehmlichkeiten, die mit einem ſittlich reinen Wandel unzer-