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5.
AphorisSswen
Von I. A. Geiſt.
1.
Es gibt der Gewohnheitsſünden mancherlei. Cin Lehrer,
der täglich ohne Vorbereitung in ſeine Schule tritt und
den Kindern Zeit und Gelegenheit ſtiehlt, Ctwas zu lernen,
gehört unter die vornehmſte Art derſelben, zu den All-
tagsdieben.
2.
Beſſer , der Lehrer ſey ſtreng, als die Volksſtimme nen-
ne ihn gut. = Die Strenge entſpringt gewöhnlich aus der
Gewiſſenhaftigkeit und Berufstreue 3 mit der Güte aber paaret
ſich nicht ſelten =- Schlaffheit, Gleichgültigkeit und Nachläßigleit,
3
Man fragt, wie es denn möglich ſey, daß die trefflichſtien
Werktagsjchüler nur mittelmäßige Sonntagsſchüler werden !
Jene waren nur gute Prüflinge =- keine guten Schü-
ler ; ſie wurden nicht unterrichtet fürs Leben, ſondern waren
nur abgerichtet für eine flüchtige und oberflächliche Prüfung.
4.
Wie es von der früheſten Pflege abhängt, ob das junge
Baumpflänzchen zum ſtattlichen Baume heranwachſe, oder ob
es zum Krüppel verknorre, ſo bedingt auch vorzugsweite der
erſte Schulunterricht das ſichere und glückliche Fortſchreiten
der Schüler. Wenn mithin die Unterklaſſe die wichtigſte aller
Schülerabtheilungen iſt, warum läßt man denn gewöhnlich
die Schüler unter den Händen unreifer Lehranfänger ver-
fümmern!? --
I
Eine ſchlechte Erziehung iſt die, welche das Kind im-
mer auf dem Arme getragen haben will, ſie bildet. verzärtelte
Weichlinges =- eine ſchlechtere, die vom frühen Morgen
bis zum ſpäten Abende mit pedantiſcher Strenge in den 386g-
ling ſchreit und ſchlägt, ſie zeuget Heuchler :und Du>mäuſer,
Leute ohne Liebe, Leute ohne Gefühl für Menſchenpflichten und
Menſchenrechte; =“ die ſchlechteſte -=- die VBaſenerzie-
hung; ſie willigt mit Aſfenliebe in ale Wünſche ihres Lieb-