machen wird? Schwedens Waffenruhm aus den Tagen
Guſtav Adolf5 iſt erloſchen. Seine Kulturbedeutung
von heute wird bleiben. Wa3 wird erſt aus der Kultur
Deutſchland3 und Europas werden, wenn auh ſie von
dem Druck der ewigen Angſt vor dem organiſierten
Maſſenmord befreit ſein wird?
FETEN ENEN ans
ad
Kriegs-Ehrenmal oder Volks-Ehrendank ?
Von Richard Paul Frand
Frankreich ehrt das Andenken ſeiner im Weltkrieg
gefallenen Söhne im Symbol des Grabmals des unve-=
kannten Soldaten, =“ =- England in der alljährigen
Vrinute ehrfurchtsvollen Schweigens am Tage des
Waffenſtillſtandes, = =- Deutſchland hat einen AuS5-
ſchuß, nein! einen E. V. zur Errichtung eines Chren-
males...
Und doch wäre es ungerecht, nur wehmütige BWer=
gleiche anzuſtellen, oder gar zu ſpötteln, daß unſere
ſo „wohlorganiſierte“ Arbeii biSher völlig ergebnislos
blieb. Höchſt unerfreulich iſt zwar der gegenwärtige
Zuſtand: die großen Kriegsteilnehmerverbände ſind
verletzt, weil der „künſtleriſche Ausſchuß“ ihren einmü-
tigen Vorſchlag (Ehrenhain bei Berfa in Thüringen)
ablehnt; der Hauptvorſtand des C. V. iſt gekränkt,
weil die Reichsregierung die mit deutſcher Gründlich-
feit und ſicherlich viel Liebe ausgearbeiteten WVorſc<läge
zu prüfen erſt „zu gegebener Zeit“ lediglich „in Aus-
ſicht geſtellt“ hat. Und die Reichsregierung ſelber
ſcheint ebenfalls verſtimmt zu ſein, da ſie die Führung
beanſpruchen zu können glaubt und nicht an einen pri-
vaten Verein abgeben will. Aber ſo wenig erhebend
dies alles auch iſt, man ſollte nicht vergeſſen, daß ein
ſiegreiches Volk ſich ſchneller und leichter in der Be-
fundung dankbarer Geſinnung zuſammenfinden kann,
al3 ein Land, das lange am Rande ſtaatlichen Werfalls
ſtand und noh auf Jahrzehnte hinaus mit wirtſchaft
lich-ſozialfulturellen Sorgen und Nöten ſonder Glei-
<en rechnen muß.
Glücklicherweiſe iſt man ſich wenigſtens in einer
Erfenntnis völlig einig: Kein Denkminal, fein
fünſtliches Gebilde! Niemals könnte es =- =-
und wäre es fünſtloriſch auch noc< ſo beſeelt, noc< ſo
hoc< und foſtbar wie ein aus Gold und Edelſteinen
gebauter Turm von Babylon -- ein wirkſam mahnend
und warnendes Sinnbild jener deutſchen Paſſions-
zeit werden. Ein „Naturdenkmal“ foll de8halb zu
einem ſtill-beſinnlichen Wallfahrtöort für jetzige und
künftige Geſchlechter geſtaltet werden. Ein deutſcher
Walde3dom, eine durch Geſchichte oder Sage vedeut-
ſame Landſchaft, als Symbol dafür, daß unſere. deut=-
ſche Heimat durch Heldentod und Märtyrerleid eines
ganzen Volkes von Krieg und Verwüſtung verſchont
geblieben iſt. Beſſer wie Menſchenhand es vermag,
hat die allmächtige Natur derartige Stätten in unſeren
Landen geſchaffen, heilig und hehr zum andacht8vollen
Gedenken.
Ohne Organiſation8=- und Werbearbeit, finanzielle
und fünſtleriſche Aus8ſchüſſe, ohne Vorſtände und
Sitzungen, alſo ohne geſchäftige Alltagöarbeit kann
nun gewiß kein würdiges Ehrenmal (gleichviel in wel-
<er Geſtalt) entſtehen und zu einem Volksheiligtum
werden. Aber auch nicht ohne eine in ihrer Tiefe und
Macht erhebend wirkende, neuartige Jdee! und es ge-
nügt eben nicht, daß der erwähnte -- -- durchaus ſin-
nige = = Gedanke nur in den Herzen und Hirnen
einiger Ausſchußmitglieder Platz gegriffen hat. Die-
ſer Gedanke muß in Form und Inhalt überwältigend
ſein, muß zu einem ſeeliſchen Bedürfnis, zu einer Maſ-
ſenſehnſucht werden können. Gleichviel, ob man Ka=-
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pitaliſt oder Prolet, Faſchiſt oder Bolſchewiſt, Milita-
Liſt oder Pazifiſt ſein mag; gleichviel welchen Standes
und Berufs, welcher Partei und Weltanſchauung, ob
in den Bergen Süddeutſchlands oder am MeereS5-
ſtrand, an der franzöſiſchen oder polniſchen Grenze vbe-
yeimatet, Gleichviel auch, ob wir der großen Maſſe
der Leidtragenden oder der fleinen Schicht der Nuß-
nießer jenes grauſen Weltkriegs-Geſchehens und ſei-
ner Folgen angehören. Denn trotz aller Gegenſäß-
lichfeit beſteht doc< die Gemeinſamkeit einer Verpflich-
tung gegenüber ven Toten und allen Opfern dieſer Un-
glüds8jahre. Jedermann hat Veranlaſſung, dieſe Gr-=
innerung zu wahren, mögen auch Motiv und Ziel an-
derSartig ſein.
Hierbei wollen wir aber nicht dem Wahn verfal-
len, iemals ein ganzes Wolf wirklich in Einmütigteit
begeiſtern zu können. Aber es gilt, möglichſt breite
Volfsmaſſen zu erfaſſen, Gleichgültigkeit oder gar
Widerſtand von vorn herein weitgehend auszu-
Tchalten, Deshalb muß eine Aufgabe geſtellt werden, .
gegen deren Verwirklichung wirklich ernſthafte Be-
denfen -- logiſcher oder gefühlsmäßiger Art - faum
geltend gemacht werden können. Dieſe Vorausſezun-
gen wahrer Volfstümlichfeit ſind aber bei den biSs-
herigen Plänen nicht erfüllt worden. Der gewiß ehr-
lihe Wunſch, eine Stätte würdiger Erinnerung zu
ichaffen, genügt nun einmal nicht, wenn man nicht von
vorn herein die Sicherungen anzugeben weiß, um nicht
Fremdenverbehr, Bodenſpekulation und BWergnü-
gungösgewerbe zu Nutnießern einer ſittlich hehren
Idee werden zu laſſen, (Was man dieſen Kreiſen an
ſich garnicht verdenken kann.). ES5 iſt einfach unver=
meidlich, daß aus dem ſtill-beſinnlichen Wallfahrtsort
nur eine neue „intereſſante Sehenswürdigkeit“ wer=
den wird, die „jeder Deutſche einmal!“ geſehen haben
muß und für die dann die Wervepoſaune nicht nur in
edlen Klängen, ſondern auch mit ſchrillen Diſſonanzen
ertönen wird, um die Beſucher „anzulo>en“. Ganz
zwangsläufig werden unwürdige Nebenerſcheinungen
erwachſen, aus Gedankenloſigkeit oder Eigennutz, =-
wenn nicht am Gedenkorte ſelbſt, ſo doch in nächſter
Umgebung. Wir wiſſen, wie ſchwer das Fremdenge=-
werbe zu kämpfen hat und fünnten weder verhindern
noc< verurteilen, wenn Gaſtſtätten mit all den Ein-
richtungen entſtehen, die das Publikum nun einmal
verlangt, die aber in dieſer Umgebung unwürdig ſein
würden. Zum Mindeſten aber allzu profan. Schon
hat ein Wettrennen der in Frage kommenden Orts=
ſchaften begonnen, ſchon rühmen die beteiligten Kreiſe
die guten Reiſeverbindungen, die in ihrer Nähe be-
findlichen „anderen Sehenswürdigkeiten“ und ſonjſti-
gen „Anreize“ für in- und ausländiſche Gäſte und es
iſt ja auch ganz ſelbſtverſtändlich, daß dieſe Gegeben=
heiten bei der Wahl des „Ehrenmals“ Hberücſichtigt
werden müſſen, ſoll dieſe Stätte wirklich ihren Zwe
erfüllen und nicht in ſtiller Abgeſchiedenheit unbeſucht
bleiben. Höchſtwahrſcheinlich haben ſich auch JI<on Juz
tereſſenverbände = aus ideellen oder materiellen
Gründen =- gebildet, die von der Wahl ihres Ortes
wirtſchaftliche Vorteile erhoffen, oder auch umgekehrt,
Nachteile befür<ten. Wir haben aber auch gar keinen
Grund und nicht das geringſte Recht, dieſes geſchäftige
Bemühen der ſich einander befehdenden Gruppen m0=
raliſch zu gloſſieren; wohl aber müſſen wir aus dieſen
Erſcheinungen erkennen, daß die aufgeſtellten Pläne
Falſch find. Vor allem de38halb, weil der Gedanke ei-
nes Naturehrenmals über dieſe Kreiſe hinaus auc<
nicht den allergeringſten Widerhall im Herzen der Be-
völkerung gefunden hat. Zwar haben die großen