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Kriegsteilnehmerverbände aller Richtungen ſich hier-
für auUSgeſprocen.
iſt do<ß nur das Ergebnis ſachlicher Beratung von viel-
leicht einem Dutzend beauftragter Vorſtandsmitglie-
der; die breite Maſſe der Kriegsteilnehmer, Kriegs8-
beſchädigten und Hinterbliebenen iſt ſeeliſch) völlig
gleichgültig geolieben.
Wiederholt iſt nun der ſehr naheliegende Bor
Ic<lag aufgetaucht, in unſerer leidvollen Gegenwart
kein Geld für doch nur äußerliche Dankesbekundungen.
auszugeben, ſolange noc< Millionen und abermals
Millionen direkter und indirekter KriegSopfer darben
und leiden. Natürlich wäre es möglich, daß ſich die
Reichsregierung, die Länder, ſowie große Verbände
entſchließen fönnten, die für die Errichtung eines ECh-
renmals erforderlichen Mittel für irgend eine ſoziale .
Aufgabe zu beſtimmen. Auch eine große Volfsſamm=-
lung wäre an ſich (wenn auch nicht jetzt, 10 doch zu ger
gebener Zeit) vielleicht denkbar. Aber ſelbſt bei der
Annahme eines finanziell großen Erfolges und bei
Ausſchaltung aller bedenklichen Geldbeſchaffungsme=-
thoden, immer dürfte die gerechte und ſachgemäße Ber=-
wertung der Erträge bezweifelt werden. Stets würde
Mißtrauen und Unzufriedenheit entſtehen, keines wegs
aber nur aus Eigennutz und Habgier, ſondern aus der
doch nun einmal vorhandenen Verſchiedenheit menj<-
licher Bedürfniſſe und der Gegenſätzlichkfeit weltan=
ſc<haulich-fultureller Anſchauungen. Es ſollte uns
auch widerſtreben, eine ſo ungeheure Dankesſchuld und
Verpflichtung durch eine einmalige Abzahlung tilgen
zu können, die kein dauernd mahnendes Geſchehen dar-
ſtellt und fomit nicht die Nachwelt zum Gedenken zwin-
gen kann.
So entſtand der oft erörterte Plan einer in jeder
Hinſicht muſtergültigen und großzügigen Siedlung
für Kriegsbeſchädigte und Hinterbliebene. Zur Linde-
rung von Gegenwartsnot und zur bleibenden Erin
nerung für kommende Geſchlechter. Aber dieſe zunächjt
ſo ideal erſcheinende Forderung iſt nicht nur wirt
ſchaftlich auf lange Zeit hinaus undurc<führbar, ſon-
dern auch ſozial und pſychologiſch höchſt bedenklich.
Ihre Verwirklichung würde ein wahres Danaerge=-
ſchenk bedeuten. Bei aller Hochſ<hätzung der Sied=-
lungsidee an ſich, und in voller Erkenntnis, daß wir
noc< große Aufgaben auf dieſem bisher oft vernachl äf-
figtem Gebiete zu leiſten haben (wobei die Kriegsopfer
ſelbſtverſtändlich weitgehende Bevorzugung erfahren
follten), ſo müſſen uns doch gerade dieſe Volksgenoſ=-
ſen für Experimente viel zu heilig ſein. Wir wiſſen,
daß viele, voll ſc<haffensfähige, geſunde und fachfumdi- .
ge Siedler traurig Schiffbruch erlitten haben. Gleich-
- viel, durc< welche Schuld. Will man nun wirklich dieſe
Krieg3opfer, die Krüppel, Blinden, Tauben, die kür=
perlich, geiſtig und ſeeliſch Gebrechlichen in einer =
auch noch ſo muſtergültigen = Siedlung iſolieren, jie
zu einer Maſſenſchau für mitleidige, neugierige und
auch ſenſationsfreudige Beſucher machen? Es würde
immer ein Ghetto bleiben, ſelbſt wenn man die Kriegs-
hinterbliebenen, die Auslandsflüchtlinge, die Sozial- -
und Kleinrentner, die Arbeit8- und Wohnungslofen --
es ſind dies ja alles Kriegsopfer --- miterfaſſen würde,
Wir wollen und können ihnen kein Luxusſchlaraffen-
land ſchaffen, in dem ſie (nac< dem Wunſc<e der Be=-
fürworter dieſer Pläne) geruhſam ihre Renten ver-
zehren. DaS iſt weder finanziell möglich no< ſozial
wünſchenöswert und die große Maſſe der Kriegsopfer
ſelbſt wird garnicht die Sehnſucht nach einem beſchaus=
lichen Nichtstun hegen. Oder aber, wenn Alter und
Krankheit fie hierzu zwingt, ſv werden ſie ihre letzten
Aber dieſe ſeltene Einmütigkeit -
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'der uns vorſchwebenden ſittlichen
Jahre im Kreiſe ihrer Angehörigen, in altgewohnter
Umgebung zu verleben wünſchen. Wie ſollte auch die
Auswahl erfolgen? Sollen die verſagenden Lebens
fämpfer bevorzugt werden, =- dann entſtände feine
Siedlung in ihrem eigentlichen, produktiven Sinn,
ſondern eine Verſorgungskolonie, zugleich aber auc<h
eine Beſtrafung der Erfolgreichen, weil ſie mit dem
Aufgebot letzter Kräfte nicht zum Erliegen kommen.
Irgend eine Sichtung müßte doc< getroffen werden
und immer würde aus Verzweiflung und Verbitte-
rung, infolge unſerer weltanſchaulichen und politi-
ſchen Zerklüftung größte Unzufriedenheit entſtehen.
Alſo keine einmütige Bekundung und Verwirklichung
dankbarer Volksgeſinnung, ſondern das Gegenteil.
Man brauchte ſich mit dieſem Plane wahrlich nicht ein-
gehender zu beſchäftigen, wenn uns dieſe ſaia morgana
nicht immer wieder von gewiß wohlmeinenden, aber
dor gedanfenloſen Utopiſten vorgegaukelt werden
würde; hierdurc< entſteht aber die Gefahr, daß ſich die
Volkfsmeinung dieſen Gedanken zu eigen macht und
andere Pläne unbeachtet läßt. Darüber aber müſſen
wir UnN8 klar fein: Wenn der Gedanke eines währen=-
den und würdigen Gedenfens an den Weltkrieg nicht
bald Wirklichkeit anzunehmen beginnt, 19 wird er
/chnell völlig verblaſſen und nie zur wirklichen Volk5-
tat werden. Unſere ſo ſ<hnellebige Zeit braucht aber
eine derartige Idee und Tat. Und wenn erſt ſpätere
Geſchlechter in einer Zeit wirtſchaftlichen Wohlſtands
irgend ein Monument oder eine Stiftung errichten,
jo wird dies zwar jene kommende Generationen eh-
ren, nicht aber Gegenwartsnöte lindern und auh nicht
Jbdee entſprechen.
So fei denn ein anderer Gedanke vorgeſchlagen,
der ganz gewiß weder völlig neu iſt, noc< eine müheloje
Verwirklichung verheißt, der aber zunächſt örtlich, be-
ruflich, weltanſchaulic< oder in anderer Begrenzung
nach und nach erprobt werden kann und eine laufende
Wirkung ſozialerzieheriſcher wie praktiſch helfender
Art ermöglicht.
Eine Stunde im Jahr ſei denOpfern
des Krieges geweiht! Der Verdienſt einer
einzigen Arbeitsſtunde und zwar möglichſt einer
Ueberſtunde. Von Arbeitgebern und Nehmern, von
Kopf- und Handarbeitern, von Lohn- und Gehalt5emp=
fängern, aber auch von Rentnern. Und jeder Einzelne,
der den Ertrag dieſer Stunde opfert, gleichviel ob
durc< harte Arbeit oder durc< müheloſen Gewinn,
joll auch den Verwendungszwed ſelbſt be-
ſtimmen. Dies darf allerdings nicht allzu wörtlich
Jenommen werden. Es wird nötig, aber auch möglich
jein, Begrenzungen zu ziehen. Zunächſt einmal, daß
die Verwertung nur zu ſozialkulturellen, gemeinnüßt-
gen Zweden (fomit aber über den engeren Begriff
ſowohl der Wohlfahrtspflege wie der Hilfsbedürftig-
feit weit hinaus8gehend) erfolgen darf. Die direkten
Krieg8opfer werden zwar ſelbſtverſtändlich zu bevor=
zugen fein, ohne aber auc<h dieſen Kreis irgendwie
(und insbeſondere nicht ſtarr) einzuengen. Gemeint
ſei, daß jeder einzelne Geber die Möglichkeit und die
Sicherheit haben ſoll, ſeine Gabe einer Organiſation
Feiner Weltanſchauung, einer ihm ſozial oder kul-
turell als beſonders dringlicherſcheinenden Werwer=-
tung zuzuführen. Durch dieſe Möglichkeit würde die
- heute zweifellos beſtehende Sammlungsmüdigkeit we-
fentlich zu beheben ſein. Der gläubige Proteſtant
oder Katholik würde die Innere Miſſion oder den Ca-
ritasverband bedenken, der Sozialiſt die Arbeiter-
wohlfahrt und ſo können je nac< Weltanſchauung und
Neigung das Rote Kreuz, die Heilsarmee, die Boden-