Blätter für Rechtsfragen
des höheren Unterrichtsweſens / Beilage zum Deutſchen Philologen-Blati
Herausgeber: Profeſſor - R. |. Sung, Borſt gender des Rechtsausſchuffes der Preußiſchen Philologen - Vereine
Nr.4
20. März 1918
IEEE PIER
- 3. Jahrgang
Inhalt :
Die Denftſichrift über die Handhabung der ſtaatlichen Schulver-
waltung gegenüber den Städten. Von Studienrat P. Meyer
inBerlin-Panow . . . uv vivi rb
No< immer die Zwölfſtundenklauſel. Von Studienrat Dr.
A. Hoofe in Verln. . . . u uur nb S.1
Die Denkſchrift über die Handhabung der ſtaat-
lihen Shulverwaltung gegenüber den Städten.
Die alten Klagen der preußiſchen Städte über die
Beeinträchtigung ihrer Rechte an den von ihnen unter=-
haltenen niederen und höheren Schulen durc< den
Staat werden in einer Denkſchrift ?) des Preußiſchen
Städtetages erneuert. =- Jhr Verfaſſer oder ihr Re-
daktor geht von der Auffaſſung aus, daß die ſtädti-
ſchen Schulen Gemeindeanſtalten ſeien und daß das Allge-
meine Landrecht (11. 12. 1) mit dem Saße: „Schule und
Univerſitäten ſind Veranſtaltungen de8 Staates, welche
den Unterricht in nübßlichen Kenntniſſen und Wiſſenſchaften
zur Abſicht haben“ in der Hauptſache nur den Anſpruch
der Kirc<he auf die Schule habe ablehnen wollen ; in die heu=-
tige Sprache überſeßt, beſage der 8 1 de8halb nicht mehr
als: „Schulen und Univerſitäten ſind weltliche öfſentliche
Veranſtaltungen.“ =-
Dieſe Auffaſſung iſt entſchieden zu bekämpfen. Wer
die Staatsidee des 18. Jahrhunderts kennt, wer da weiß,
daß von ihr dem Staate die Omnipotenz zuerkannt wurde,
wird keinen Augenbli> daran zweifeln, daß das Allge-
meine Landrecht mit jenem 8 1 die volle Hoheit des
Staates über die Schulen hat ausſprechen wollen. Damit
wurde für das Königreich Preußen nicht neues Recht be-
gründet, ſondern nur altes Recht kodifiziert. Schon Kur-
ſürſt Johann Georg von Brandenburg übt in ſeiner 1573
erlajjenen Biſitations= und Konſiſtorial-Drdnung das
Hoheitsrec<ht in Schulangelegenheiten aus, ebenſo Fried-
rich Wilhelm 1. in der 1713 erlaſſenen Kgl. Preußiſchen
Evangeliſc<-Reformierten Inſpektion8-Pre8byterial-, Klaſ-
iifal-, Gymnaſien= und Schul-Ordnung. Sehr lehrreich
ſind auch die Verhandlungen des preußiſchen Landtages in
den Jahren 1849 und 1850, der die Auſgabe hatte, die
von Friedrich Wilhelm 1V. oftroyierte Verfaſſung zu revi-
dieren. Die Regierung ſowohl wie beide Kammern de3
Landtages hielten an dem ſtaatlichen Charakter der Schu-
len unverbrüchlich feſt. Ein Antrag de8 Abgeordneten
Kellner, der den Gemeinden eine „geeignete Mitwirkung“
auch bei den „inneren Angelegenheiten“ ſichern wollte,
wurde abgelehnt. „Überbli>t 2) man das Geſamtbild der
1) Beiträge des Preußiſchen Städtetages zur Handhabung der
ſtaatlichen Schulverwaltung gegenüber den Städten. April 1917. Im
Selbſtverlage der Geſchäftsſtelle des Preußiſchen Städtetages, Berlin. |
2) Gerhärd Anſchi, Die Zerfaſſungzurfunde für den Preußiſchen
Staat, S. 404 und 4
OO AOOUTE TEB E PP BOO VEN GVEWG GU SW RE PURE ET ESPN EE ESG OV ELE TT TO RÖ EW VOT TUN VETE DTC ENEN TEEUEGENATOBBBGROBOUGGBBOGOCGGTOGREGTBENBUGBGRTOGBLESVUREBVTEBEELEETEN [VBE 1 4ATTETT SEVUBGTECHBES OOOPBONTDOCTLUDOBOS CORTE PGEGOVTGGEU URG U EELS CUT NNOTLTBEL EBE NENLLETLLTLELTBLLUETTET! VAD KÜNDE TUE WOT ENE E TETE E UE GETE UU VYLF STEL LUTTCBTTETELUTAEULTITUILN
eine ſchwere Laſt iſt.
Der Heeres3dienſt der an ſtädtiſchen Anſtalten angeſtellten Ober-
lehrer, die als Offiziere des Beurlaubtenſtandes verabſchiedet,
aber noch landſturmpflichtig ſid , . . u. S. 3
Au3 den Saßungen des RechtsausſhuſſJ8 . . .. ...... S. 4
Bitte an die Verein3mitglieder . . . . . . . „eer oe S.4
Reviſionsverhandlungen über Art. 23 und 24 der BVer-
ſaſſung, ſo gewinnt man den Eindruck, daß der Gedanke
der ſtaatlichen Scqulaufſicht und damit der ausſchließlichen
Herrſchaft des Staates über die Schule damals einen vollen
und unbeſtrittenen Sieg errang. Der von dem ÜUnter-
richtsminiſter v. Ladenberg in -mehreren Reden mit größ-
tem Nachdruck verfochtene Saß, der Staat könne die Auf-
ſicht über die Schule an niemand überlaſſen noch ſie mit
irgend jemand teilen, fand ſo vielſeitige Zuſtimmung, daß
der Abgeordnete Landfermann in der zweiten Kammer
ohne Widerſpruch feſtſtellen konnte: Das Hoheits8recht des
Staates über die Schule iſt völlig außer Frage geſtellt.“
Die Denkſchrift beruft ſich für die Richtigkeit ihrer
Rechtsöaufſaſſung dann noc< auf die Städteordnung von
1808. Auch dies iſt mit Anſchüß abzulehnen. =-
Die Klagen der Denkſchrift ſind lebhaft, 3.. B. über
die Direktoren, die da3 Provinzial-Sculkollegium als
ihre „vorgeſezte Behörde“ wenig ehrerbietig gegen die
Städte ausſpielen, ferner über die Provinzial-Schulkolle-
gien, die die Städte bei den inneren Angelegenheiten au8-
ſchalten, z. B. bei der Genehmigung von Nebenbeſchäſti-
gungen, bei Beurlaubungen,: bei Verſezungen in den Ruhe-
ſtand, bei der Überweiſung von Hilfslehrern, beſonders aber
bei den behördlichen Reviſionen. Auch die hohen Anfor-
derungen, die der Staat an die Gemeinden bei den Bauten
und bei der Beſoldung der Oberlehrer ſtellt, werden moniert.
Man wird ohne weiteres zugeben, daß die Begrün-
dung und die Unterhaltung einer höheren Schule für eine
Stadt, beſonder8 eine kleine und wenig leiſtungsfähige,
Gründliche Abhilfe wird aber nur
durch eine Verſtaatlichung des Sculweſens geſchaffen
- werden.
Berlin-Pankow. P. Meyer.
Noch immer die Zwölfſtundenklauſel.
Die Zwölfſtundenklauſel, welche die Anrechnung der Hilfs8-
lehrerzeit mit weniger al38 zwölf Wochenſtunden auf das8 Pen-
ſionsdienſtalter der Oberlehrer ausſ<loß und dadurc< zahlreiche
Oberlehrer und ihre Hinterbliebenen aufs ſchwerſte geſchädigt
hat, iſt am 1. Juni 1896 in. Kraft getreten. Sie iſt dann
durc<. Miniſterialerlaß vom 15. Mai 1905 auf die vor 1892
liegende Hilfslehrerzeit beſchränkt und am 15. Juni 1914.
vollſtändig wieder aufgehoben worden, . nachdem das Reichs-