Full text: Zeitschrift für Kinderforschung - 14.1909 (14)

Krveea: Flegeljahre u. Pubertätszeit als Urgache d. Kriminalität Jugendlicher. 227 
 
Schon ins Gebiet des Pathologischen. So Schickte ein 16jähriger 
Fortbildungsschüler fortgegetzt Sehr gemeine Angichtskarten, die er 
mit ebenso gemeinen Ausdrücken vergah, an Seinen Lehrer oder legte 
diese in einem Briefumschlage zu Beginn des Unterrichts auf das 
Katheder. Nach dem Grunde befragt, gab er an: »Ich wollte, daß 
der Klasgenlehrer die Karten dem Oberlehrer zeigte, damit die Rechen- 
Stunde ausfiel« Diesger Bursche war ein nervenkranker Mengch, der 
ganz langsam gprach, an Krämpfen litt und im allgemeinen einen be- 
fremdlichen, auffallenden Kindrüuck machte. weine geistigen Fähig- 
keiten waren Sehr gering; das hielt ihn aber nicht ab, auch außer dem 
genannten Vergehen Betrügereien auf ganz raffinierte Weise aus- 
zuüben. Von HEKingicht oder gar Reue war nichts zu bemerken, viel- 
mehr konnte er auch noch in der vytrafanstalt über Seim Tun lachen. 
Die eigentlichen Sittlichkeitsverbrechen mitmeist Jüngeren Mädchen, 
wie Sie Sich beispielsweise Lehrlinge mit dem Töchterchen ihres 
Meisters zuschuülden Kommen JasSgen oder wohl auch Sittlichkeits- 
verbrechen an der Landstraße und im Walde, Delikte, die mehr im Affekt 
gegchehen, im plötzlich erwachenden Geschlechtstriebe, Sind Ja alle 
in der Pubertätszeit begründet und darum auch leicht verständlich. 
Auffallender, aber nicht minder im stark Sich regenden Gegchlechts- 
triebe begründet sind Vergehen, wie Zz. B. widernatürliche Unzucht 
und Päderastie. Direkt krankhaft aber gind BSittlichkeitsverbrechen 
verbunden mit Tierquälerei, also Solche gadistischer Art. Der Laie 
wird Sich gewisse Tierquälereien, derentwegen Jugendliche ins Ge- 
fängnis kommen, oft gar nicht erklären können nnd doch 8ind auch 
Sie teilweise in der Pubertät begründet. | 
Kin Jugendlicher war wegen Tierquälerei bestraft, weil er mit 
dem Düngergabelstiel in die Scheide einer Kuh Sstieß, um gich, nach 
eigenem Geständnisse, gegehlechtlich zu reizen bis zum Samenerguß. 
Selbst ein Fall von Exhibitionigmus und mehrere Fälle von Blutschande 
waren unter den 95 Sittlichkeitsverbrechen zu Finden. Wie Stark der 
Geschlechtstrieb bei manchen dieser jugendlichen Sittlichkeitsverbrecher 
Sein muß, geht z. B: daraus hervor, daß einer unter den wegen widernatür- 
licher Unzucht Begstraften Sogar noch außer diegem Verbrechen yer- 
Süchte, eine 83 Jahre alte Frau zu mißbrauchen, eine Tatgache, die 
nur dann weniger unbegreiflich erscheint, wenn man das über den 
Burschen abgegebene ärztliche Urteil: »Geistig ,minderwertig« liest. 
In gewissem Sinne tröstlich ist es, daß unter den wegen widernatür- 
licher Unzucht mit Tieren bestraften Jugendlichen auch nicht einer 
iSt, den man als vollkommen vollsinnig bezeichnen könnte. Wie wäre 
auch gonst der Stattgefundene geschlechtliche Verkehr mit Kühen, 
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