Full text: Zeitschrift für Kinderforschung - 14.1909 (14)

Os7: Über den Einfluß des Alkoholgenusses usW. 3 
 
Glücklicherweise hat die Verwaltung dieses Kongresses nicht von 
mir verlangt, dieses äußerst Schwere Problem zu lögen, obgleich ich 
meinte, es wäre gut, wenn Sie eine Weile dieger Frage Ihre Aufmerk- 
Samkeit zuwenden wollten. . Hier wurde mir als Auftrag, die mehr be- 
Schränkte Frage zu erörtern: Welchen Einfluß hat der Alkohol- 
gebrauch von Eltern und Voreltern auf das Kind vor der Geburt? und 
inSbegondere diese Frage zu beantworten: Können wir, entweder durch 
Gebrauch oder durch Abstinenz von geistigen Getränken, einigen Ein- 
fluß augüben auf das Schickgal ungerer Kinder? 
Der berühmte belgische Psychiater MoRrrL -- und er nicht allein 
-- urteilte, daß, wenn in einer Familie eine Entartung, eine Dege- 
neration auftrete, diese einen bestimmten Verlauf habe und gewöhn- 
lich von Gegchlecht zu Gegehlecht an Heftigkeit zunehme. Er be- 
Schrieb den Weg, den die verschiedenen Gegchlechter gehen, kurz 
und bündig also: Wenn der Großvater dem Alkohol ergeben ist, 80 
wird der Vater nervenkrank oder vorübergehend wahnginnig, der 
Sohn wird unheilbar verrückt und der Enkel wird als ein Idiot kinder- 
los Sterben. Diese Reihenfolge galt als Schema. Wenn auch Ab 
weichungen hervortreten, 80 komme es hier auf den Hauptgedanken 
an: von Gegehlecht zu Geschlecht wachsen die Phänomene von Ent- 
artung, man wird immer an Schwereren Krankheiten leiden, bis das 
Gegechlecht ausstirbt, weil Idioten durch allerlei Urgachen gewöhnlich 
keine Kinder bekommen. 
Doch wenn dies auch in einzelnen Fällen vorkommt -- und be- 
Sonders wenn Erblichbelastete Sich stets wieder vermählen mit Erb- 
lichbelasteten aus anderen Geschlechtern, So ist die Gefahr für Wachs- 
tum der Entartung da --, 80 hat doch die Erfahrung gelehrt: von 
einer bestimmten Reihenfolge kann nicht die Rede Sein; Trunkenbolds 
haben oft idiotische Kinder, oder Kinder von unbeilbar Wahnginnigen 
können trunkgüchtig und in anderen Fällen einfach nervös Sein. Ja, 
man Sieht glücklicherweise auch, daß die Nachwelt von Degenerierten 
gegund und leistungsfähig bleiben kann, golange gie leben. 
Man vergißt 80 oft, daß außer Entartung auch Verbesserung - 
eines Geschlechts auftreten kann. Ich Spreche aus Erfahrung, wenn 
Ich Sage: Viele Glieder von Familien, worin erbliche Krankheiten 
vorkommen, leiden mehr durch die Furcht entartet zu gein, als durch 
die Entartung gelbst. Wir verdanken die Furcht vor dem Fatalen, 
dem Unvermeidlichen nach den Gegetzen der Erblichkeit, oroßenteils 
den populären Büchern von Ipspys u. a. 
Jedoch, es gibt Gegschlechter, worin eine wachsende Entartung 
vorkommt, und nun iSt es bemerkenswert, daß der Alkohol in Sol- 
1* .
	        
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