Die Bedeutung von Milieu und Anlage beim Schwererziehbaren Kind. 97
Zweck, viel Mühe und Arbeit auf Sie zu verwenden, es kommt nur
darauf an, die Gegellschaft nach Möglichkeit vor ihnen zu Schützen.
Das Kinzige, was wir tun können, ist, zu verhindern, daß derartige
Menschen geboren werden. Hier Setzen die Bestrebungen der
Rassgenhygiene ein; wir mügsen in praktischer Beziehung diese Be-
mühungen noch als Sehr fragwürdig ansehen. BKinerSeits Sind unsere
Kenntnisse der Vererbung noch viel zu gering entwickelt, um hier
auch nur einigermaßen festbegründete Normen geben zu können;
andererseits ist, Selbst wenn wir diese begäßen, die praktische Durch-
führung 80 Schwierig und langwierig, daß wir auch einen Erfolg erst
in einer ziemlich fernen Zukunft erwarten können.
Anders liegt es, wenn wir den Milieuverhältnissen eine
erhebliche ursächliche Bedeutung beimessen. Wenn auch diese viel-
fach nur Schwer in günstigem Sinne zu beeinflusSen Sind, 80 besteht
doch immerhin die prinzipielle und nicht 80 Selten auch die tat-
Sächliche Möglichkeit, auf Sie einzuwirken und Sie günstiger zu ge-
Stalten. Wir werden in diesem Falle mit größerem Optimismus und
größerer Arbeitsfreudigkeit an die Beschäftigung mit den Kindern
herangehen. In der Krkenntnis der Wichtigkeit des Problems hat
man Sich, wie Ihnen bekannt ist, in den letzten Jahren vielfach mit
dieser Fragestellung beschäftigt. Ich brauche hier nur an das Buch
von Gruhle zu erinnern, in welchem bei einer größeren Zahl von
Fürsorgezöglingen durch Sorgfältige AnalySse der Vorgeschichte die
Bedeutung beider Versuchsreihen hervorgehoben wird.
Die Beurteilung, in welchem Maße Milieu und Anlage bei der
Gestaltung der asozialen Pergönlichkeit beteiligt Sind, ist praktisch
Sehr viel Schwieriger als Sie auf den ersten Blick erscheint. Bei den
erwachsenen aSozlialen Klementen ist die Frage kaum lösbar. Das Vor-
leben eines erwachsenen Menschen und die BEinflüsse, die auf ihn
eingewirkt haben, Sind 80 Schwer zu übergehen und iestzustellen, daß
'es meist als ein fast ausSichtsloses Unternehmen erscheint, hierüber
Klarheit zu gewinnen.
Bei den Kindern liegen die Verhältnisse viel günstiger, denn
die Milieueinflüsse haben auf Sie viel kürzere Zeit eingewirkt, 80 daß
man die dadurch bewirkte Umgestaltung der PerSönlichkeit als viel
geringer annehmen kann; das gilt um 80 mehr, je früher wir die
Kinder zu Gegicht bekommen. Ferner g8ind die Milieueinwirkungen
Sehr viel besger zu übergehen, da wir Ja die Eltern, die Häuglichkeit
und die Sonstigen Umstände, unter denen die Kinder aufwachsen,
Studieren können; endlich ist auch in der Regel durch die Bekannt-
Schaft mit den Kltern die Feststellung der Krblichkeitsfaktoren wesgent-