Pfeifer: Zur waldeckischen Schulgeschichte. 119
Keime des jetzigen Arolser Realgymnasiums in Sich trug. Den Philan-
thropismus bewertete Kreugsler nicht gehr hoch. Er Schreibt über
Bagedow: „Bagedow ist mehr Enthusiast als gründlich, dazu ein Geld- -
Schneider; Seine Anstalten zwecken nicht zugleich auf Erziehung der
Gelehrten ab, und die Zukunft wird lehren, daß. er zwar Leute genug
erziehen wird, die an der Schale hangen bleiben und den Kern nicht
verstehen, aber keinen strebgamen Geschäftsmann, der, an Seinen
Studiertisch angeheftet, zum Dienst Seines Fürsten gründlich arbeiten
kann. Sein Unterricht in Sprachen ist lächerlich.“
Im 19. Jh. werden die deutschen Staaten zu eigentlichen Kultur-.
Staaten, gie nehmen die gegamte materielle und geistige Kulturpflege
in den Staatszweck auf. Hingichtlich der Volksschule wird der Staat
in mancher Beziehung Nachfolger der Kirche, mit der die Schule bis
dahin in engem, für beide oft unerfreulichem Zusammenhang stand.
Wie in früheren Jahrhunderten 50 finden gich auch im 19. in-
teresgante Beziehungen zwischen der Schulgeschichte Waldecks und der -
anderer Länder. Während es in Preußen im 19. Jh. nicht gelingt,
ein Schulgegetz zustande zu bringen, hat Waldeck zwei große Schul-
gegetze aufzuweigen. Das erste, vom J. 1846, war ausgearbeitet von
Christian, Schneider in Wildungen), der sich um das Schulwesen durch
Vorbereitung junger Lehrer für die geit 1828 eingerichtete Lehrerprüfung
in Corbach, Sowie durch Gründung des waldeckischen Lehrervereins
im J. 1842 Verdienste erworben hat. Das Schulgegetz von 1846 zeigt
engen Zusgammenhang mit dem nassauischen Schuledikt vom J. 1817?),
das überall als Muster deutscher Staatspädagogik gepriesen wurde.
Wesgentliche Punkte Stimmen bei beiden überei, z. B. Gliederung der
Schulaufsicht, Schulunterhaltung, Schulpflicht, Unterricht. Ob direkte
oder indirekte Benutzung vorliegt, war leider nicht festzustellen, da
die Akten zum waldeckischen Schulgegetz von 1846 nicht auffindbar
waren. Was im J. 1817 zeitgemäß war, wurde aber im J. 1846
bereits mit andern Augen betrachtet, manche Bestimmungen waren
bald nicht mehr als brauchbar anzugehen. Es kam das Jahr 1848, ein
freiheitlicher Geist durchzog das Land, die inzwischen durch den Zu-
Sammenschluß zum Lehrervereim erstarkte Lehrerschaft trat auf den
Plan mit der Forderung nach neuer, dem Zeitgeist Kechnung tragender
Regelung des Schulwegens.
Waldeck kann Stolz darauf gein, in -dieger Zeit einen Mann gehabt
zu haben, der mit gründlicher Sachkenntnis und reicher Erfahrung sich
die Regelung des Schulwegens angelegen gein ließ, nämlich den Kon-
Sistorialrat C. Curtze*). Er hatte einen Schweren Kampf auszufechten
3) Kine kurze Biographie Schneiders bei Schultze, V., Waldeckische
Landeskunde. Mengeringhausgen 1909. 8. 397. /-
2) Firnhaber, GC. G.. Die nagsauische Simultanvolksschule. Bd. 2.
Wiesbaden 1883. 8. 325ff. Vgl. u. 8. 121ff,
8) Vgl. Beck, GC., Car] Curtze, ein Lebensbild. Corbacher Gymn.
Progr. 1856.