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znit deim Drachen“ bietet ein Beiſpiel hierfür. Der Jüngling
hat das Gebot des Meiſters mit vollem Bewußtſein Über-
treten; aber da er wußte, der Meiſter habe den Kampf mit
dem Drachen nicht etwa verboten, um den Drachen zu
ſchützen, ſondern um die Ritter vor Geſahr zu behüten, fo
ſagte er ſich: Wenn ich mich [9 wahre und wehre, daß nach
menſchlichem Ermeſſen der Sieg mix verbürgt iſt, jo habe
ich des Geſees Sinn und Willen getreulich erfüllt. Den
Beweis für dieſe Geſinnung konnte er nur dadurch liefern,
daß er das ſeine Tat verwerfende Urteil des Meiſters in
Demut über ſich ergehen ließ. Und als er die Probe ab-
gelegt, mußte von ſeiten des gerechten, nieht willkürlich ur-
teilenden Richters die Belohnung notwendig erfolgen.
Das Gegenſtück zu dem Beſieger des Drachen, des
draußen und des in eigener Bruſt wohnenden, ii feine35-
wegs Prometheus. Ein Karl Moor oder ein Michael Kohl
haas iſt ſolch ein Gegenſtück; nicht ein Held, der den Menſchen
Gutes bringt und dafür leiden muß, nein, ein Mann, der,
Unrecht zu fühnen, größeres Unrecht begeht. Prometheus
aber bleibt der von übermächtiger Herrenwillkür an den
Jelſen geſchmiedete Wohltäter der Menſchen. ---
Esgx.
Jox war ein niedlicher weißhaariger Seidenſpiß. Aber wer
fich -- verlo>t durch jein hübſches Aeußeres -- etwa verleiten
ließ ihn zu ſtreicheln, wurde bitter beſtraft, denn Fox ſchnappte
nach jeder Hand, die ihn ſtreicheln wollte. Er hatte von den
redlichen Abſichten der Menſchen nur eine fehr geringe Meinung!
Da3 kam daher: Er war in ſeiner Jugend von den Nachbars8-
kindern viel gequält worden. Sie hatten ihn an den Löä<<hen
gezauſt, ihn am Schwanz gezogen, ihn mit allerlei Le>erbifſen
angeführt und dieſelben dann zum allgemeinen Gaudium ſelber
verzehrt u. j]. w. Dieſe traurigen Jugenderfahrungen hatten das
gute freundliche Weſen, das Fox mit zur Welt gebracht Hatte
verdorben. Nur zu ſeiner Herrſchaft hatte er wirkliches Bertrauen;
der ganzen übrigen Menſc<heit ſtand er feindſelig und mißtrauijd)
gegenüber. Dieſe Feindſeligkeit nahm mit den Jahren eber zu
als ab und Fox hätte ſie jedenfalls mit ins Grab genommen,
wenn nicht ein unerwartetes Ereignis ihn davon erlöſt hätte.
Eines Tages bekam Fox eine Spielgefährtin in Geſtalt einer
jungen perſiſchen Kaze. Zuerſt betrachtete er jie ſehr feindfelig
und wollte von Kameradſchaft nichts wiſſen; denn Miezi jtammte
aus einem ihm ganz unbefannten Lande und war außerdem nol
ein ganz junges Ding ohne jede Lebenserfahrung. Auch hatte
ſie gar keine Manieren, ſprang auf alle Schränke, Tiſche und
Stühle, richtete ſich ihren Stammplaß ganz unaufgefordert auf
dem Schreibtiſch des Haus8herrn ein und wagte es ſogar auf
friſch geſchriebenen Briefen ſpazieren zu gehen! Auch war Miegt
nur von ganz gewöhnlicher grauer Farbe! Solche und ähnliche
Betrachtungen gaben Fox viel zu denken, und er war lange im
Zweifel, ob eine ſolche Kameradſc<aft mit einer Kage nicht unter
ſeiner Würde ſei. Miezi hatte von all den ſiandesgemäßen Exr=
wägungen natürlich keine Uhnung und war gegen Fox genau [ov
(iebenswürdig wie gegen alle anderen Hausbewohner. Baid war
ſie auch die Freundin aller Beſucher. Das gab Fox ſehr zu
denfen und ſtimmte ihn grämlich: Woher mochte es wohl kommen,
daß alle Menſ<en die Kaze ſo lieb hatten? Als er eines Tages
wieder ganz nachdenklich und befümmert in einer E>e ſaß. kam
Miezi herangeſprungen und fragte ihn teilnahm3vol nad) feinem
Kummer. Da erzählte er ihr von ſeinen böſen Jugenderfahrungen
und geſtand ihr, daß er ſeit jener Zeit einen tiefen Groll gegen
die Menſchheit im Herzen trage und daß er auf der ganzen Welt
außer ſeiner Herrſchaft niemanden lieb habe. Miezi fab ihn
darob ganz entſezt an; ſie konnte ſo etwas gar nicht begreifen,
wußte fie do; kaum, was Groll war. Sie verſuchte es nun
nac< Kazgenart Jox zu tröſten, machte Sammetpfötchen und
ſtreichelte ihn und erzählte ihm von den vielen guten UND freund-
lichen Menſ<en, denen ſie ſchon begegnet war. Nachdem fie ihm
lange zugeredet, verſprac< ihr Fox es no< einmal mit den
Menſchen verſuchen zu wollen und ebenſo freundlich mit ihnen
zu ſein wie Miezi. Zuerſt wurde es ihm ſehr ſchwer UND er
mußte fich furchtbar zuſammennehmen, um nicht nach alter Ge-
wohnheit zu zuſchnappen, wenn jemand ihn anrühren wollte.
Aber naß und nach gelang es ihm doch ſich zu überwinden, Und
je freundlicher er war, deſto freundlicher kamen die Menſchen ihm
entgegen. Man ſprach und ſchäferte mit ihm genau wie mit
Ptiezt. Nach einigen Monaten geſtand er denn auch feiner kleinen
vierbeinigen Freundin, daß ihm jezt viel fröhlicher ums Herz ſei
UND daß das bittere Gefühl, das ihm früher alle Lebensfretde
vergällt hatte, immer ſeltener über ihn komme. Je mehr er fic?
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| mit den Menſchen befaßte, deſto mehr kam er zu der Ueber-
zeugung, daß ſie im Grunde gar nicht jo bo3Shaft ſind, wie e2s
oft den Anſchein hat, und daß ihre guten Seiten weit beſſer zum
Vorſchein kommen, wenn man es verſucht in Frieden UND Freund=
Tchkeit mit ihnen zu leben, als wenn man ſich verbiſſen in eine
Ee ſezt und kritiſiert.
So wurde Fox auf? ſeine alten Tage durch ein unerfahreneS-.
Käzchen von ſeinem Menſchenhaß erlöſt! L. JT.
Zwiſchen den Dornen und am Wege,
MutterbBeiſpiel.*?) Was den Erwachſenen zuträgliher
ſei, ob ein wirklich mäßiger Bier: und Weingenuß oder das
gänzliße Meiden aller Alkoholgetränke, darüber haben fich hier
die Anſihten immer no< nicht genügend geklärt. Daß aber
für Kinder jeder Genuß von Wein, Bier oder Shnäps<en
verderblich iſt, darüber ſind jeht zum Glüd die ärztlichen
Autoritäten vollkommen einig. Sie haben feſtgeſtellt, daß
ſhon dem Säugling das Bier ſchädlich iſt, das die Mutter
genießt; daß kleine und größere Kinder dur< Bier- und Wein=-
genuß nervös, dumm, ſ«laff und energielos werden; daß Bier-
und Weingenuß das Wachstum der Kinder hemmt und das
leichte Lernen in der Schule verhindert; daß es Schlafloſigkeit,
Kopfſ<merzen verurſa<t und- „naſeweiſe, frühreife, abgelebte
junae Greiſe aus ihnen macht" wie Prof. Paulſen ſagt. Nach
Profeſſor Kräpelin vergiften ſo Hunderte von Müttern in regel=
rechter Weiſe ihre Lieblinge dur< ein Mittel, welches ſie nah
Umſtänden zu körperlihen und zu geiſtigen Krüppeln macht.
I<h bin überzeugt: jede verſtändige, liebende Mutter wird
ihren Kindern dieſe Vergiftung fern halten, ſobald ſie nur ge-
nügend über die ſchlimmen Folgen dieſer Getränke orientiert iſt.
Aber es gibt verſchiedene Arten von Müttern. Die einen.
werden ihren Kindern zwar keinerlei Alkohol geben, aber ſie
wollen für ſich ſelbſt nicht auf das Trinken von Bier und Wein.
verzihten. Erween dieſe Mütter nicht bei jeder MWiahlzeit
Qualen des Verlangens in den Kindern? Wenn Du groß biſi:
heißt es. Bei dem ſtarken Nachahmungstrieb der Kinder ſehnen
dieſe die Zeit herbei, wenn ſie groß ſein werden, um auch ſo
Schönes trinken zu dürfen. So kommen ſie ungeſtählt gerade
in den gefährlichen Jahren zu dieſem Gift, dem zahlloſe Opfer
auf ſittlihem Gebiete dann erliegen; denn nicht ohne Grund
wünſchte ſhon Plato ein Geſe, daß bis zum 158, Jahre den
Wein verböte, da es gefährlich ſei, das Iugendfeuer mit feurigem
Trank no<h zu verſtärken. |
Die anderen Mütter werden ihren Kindern auch kein Bier
und feinen Wein geben. Aber ſie werden mehr tun. Sie
werden ſie über die ſchädlichen Folgen des Alkohols aufklären
und ihre Lehre dur<h ihr eigenes Beiſpiel bekräftigen. Sollten
dieſe nicht tauſendmal mehr erreichen ? |
An Selbſtzuht gewöhnt, dur< das Beiſpiel derjenigen er=-
mutigt, die ſie am höchſten verehren, der ſie gern recht ähnli?
werden mödten, wie anders werden ſolche Kinder allen ſpäteren
Verſuchungen des Lebens tapfer entgegentreten! Es iſt ja
auch den Mitgliedern dieſes Mäßiakeitsvereins gern geſtatiet,
ganz auf Bier und Wein zu verzichten, -=- als Liebesdienſt für
die ſ<wäheren Mitmenſ<en. Wer ſollte zu dieſem Liebesdienſt
ſchneller bereit ſein als die Mütter, die bekanntlich ſelbſt ihr
Herzblut gern für ihre Kinder hergeben würden ?
Glülic<h diejenigen Frauen, deren Gatten ihnen dann niht
entgegenarbeiten, ſondern zum Wohl ihrer Lieblinge im ſelben
Sinne zur Seite ſtehen! |
Mas wir außer dem Hauſe im Kampf gegen den Alkohol
helfen können, das zeigen uns unſere Schweſtern in der Shweiz,
in den nordiſchen Ländern und beſonders in Amerika. Schon
vor 10 Jahren habe ich dort ſtaunend ihr ſegensreiches Wirken
bewundert.
In Chikago ragt ein 16 Sto> hohes Geſhäftshaus gen
Himmel, das die vereinigten Frauen der Temperenzbewegung
auf Aktien gebaut hatten, um dur< die Mieten DeSſelben Die
Mittel für ihren Feldzug gegen den Alkohol zu gewinnen. Im
oberſten Sto>werk hatten ſie ihr Hauptquartier, von wo aus
ſie dieſe großartige Organiſation leiten. Was wir noch ex=
hoffen, haben ſie zum großen Teil ſhon erreicht. Es gelang
ihnen, den Unterri<t über die Alkoholſhädigungen in die
Schule einzuführen, die Gaſthausreform und die Reform Der
Trinkſitten einzubürgern und die Geſeße weſentlich zu beein=-
fluſſen. Das konnte ihnen natürlich nicht dadur<h gelingen, daß
jede für ſi; behaglich im eigenen Häus<hen ſien blieb, ſondern
dadurhH, daß ſi< die Frauen ſc<hweſterlich die Hände reichten.
So wurden ſie zu ſtarken Helferinnen für das Wohl des
Vaterlandes. |
Deutſhe Frauen! Auf, an die Arbeit!
*) Aus einer Anſprache an die Frauen auf der XX. Jahres
verſammlung des deutſc<. Vereins geg. den Mißbrauch geiſtiger
Getränfe am 21. Oktober 1903, von Frau Hanna Bieber-Böhms=-
Berlin, Vorſigenden des Vereins „Iugendſc<uß“, Berlin.
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