„Krabbelmäuie“, ſagt Hannes. -
„Ja,“ fage ich, „Krabbelmänje.“
„Fauf mir -- =“
Unſere Blicke begegnen
„Willſt du nicht?“
„Doch,“ ſage ich, ich will.“
Im nächſten Augenblick haben wir eine Maus. --
Und nun zichen wir tapfer unſere Straße fürbaß, Hanz
nes, ich, und dic Krabbelmaus. Zn meiner Taſche hopſft und
ſpringt e8, wie lauter Flöhe und Heuſchre>den, aber was tut
dua32? -- 9, nichts, mein Söhnlein Hannes amüſiert fich . . .
Es geht neben mir, bisweilen auf Zehenſpißen, und
ſtopft den Arm bis zum Ellenbogen in die Taſche. -
„Gine tiefe .Taichc.“
„Ja.“ Tage ih, „einc tiefc
„Krabbelt es ſchr?“
„DO ja,“ jage ich, ich danfe.“
„Ich bitte,“ ſagt Hanncs3 Höflich.
So reden wir noc< einc ganze Weile, immer von un1e-
Freunde, dex Kravbbelmaus.
„Vielleicht möchteſt du überhaupt ganz da hinein?“ jage
«
»
fich; da muß ich lächeln.
Taſche.“
tem
„Wo hinein?“ . . .
„Na, zu dem Hopferich.“
„Heopferich?“ jagt Hannes.
in der Taſche.“
„A<h 579,“ ſagt Hanne3, „in der Taſche.
cin Hopferich?“
„Allerdings,“ ſage ih.
„Und bift du denn auch cin Hopferich?“
„Fein“ . . -
Und Hanne3- denkt nach.
„Warum biſt du nicht cin Hopferich?“
„Sieh mal“, jage ich, „ſich mal da = --
Aber Hannes bleibt fet.
„Warum biſt du nicht ein Hopferich? Vater“ Warum =?
Er kann es nicht ſaſſen.
Und wieder fommti einc Burg, und wieder ein Bär --
„Wo iſt denn 1v einer?“
Bin ich denn auch
da
ein Segelboot =- ein Ruppenhaus -- ein ganzer Hühnerhof =.
„Kauf mir!“ ſagt Hannes und ficht mich ermunternd an.
„Willſt du nicht =?“
„I< will ſchon“, ſage ich. „ Aber du weiſt do? -- ="
„Was weiß ich?“
„Daß wir arm ſind.“
„Ach ſo“, ſagt Hannes.
„3a, noc< immer.“
Ünd Hanne38 denfi na<ß. Ex kribbelt und krabbelt . . .
„Arm?“ ſagt er nach einer Weile in maßlofem Staunen.
„Noch immer? No<h immer?! Ah, fo . . . 3a, aber --
-- wir haben doch nun den Hopferic< = = =?“
„Sind wir noch immer arm?“
Gmpfehlenswerte Eitern- und Kinder-Bücher.
Mutter- und Kyſelieder. Dichtung- und Bilder zur edlen Pflege
des Kindheitsleben3. Gin Familienbuch von Friedri ><
Fröbel. Neuausgabe von Dr. Joh. Prüfer. Berlag Ernſt
Wiegandt, Leipzig. Preis 3 Mk.
Fröbel? =- Lebt er wirklich noc< außer in den Kinderx-
gärten und -- Horten? Wiſſen unſre jungen Mäütier noch eti-
was von dieſem genialen Manne, von dieſem deutſchen Gr-
zieher, der, wie kein Anderer, den Weg ſuchte zum Herzen der
Mütter? -- Fröbelſche Beſchäftigungsſpiele, die Flechtbogen, die
Stäbchen und dies und das liegen wohl in den Spielſc<hränten
unſcrer hygieniſchen Kinderſtuben, wie aber ſteht es um Den
Geiſt, um die Liebe, die dieſe toten Dinge beſeelt? Wir
leben in einer anderen Zeit; nahezu ein Jahrhundert iſt über
Txüöbels Wirfen dahingegangen. Neue Aufgaben der Erziehung
ſan uns gerangetreien, unſer äußeres Leben hat einen vbl-
ligen Umſchwung erfahren. Die kleine Menſc<entnojpe aber
iſt dieſelbe geblieben und rühri genau wie dazumal mit ihren
feinen Taſtern an das Herz der Mutter und wet in ihr das
Bewußtſein ihrer beiligſten Pflicht: Hüterin und Pflegerin ihr
21 ſein. Das iſt c3, was in dieſem liebenvollen Buch, in dieſem
wahrhaften Buch der Mütter auf jeder Seite klingt und mahnt.
Und darum find die „Mutter- und Koſelieder“ auch hcutc noch
nicht veraltet und werden auch heute noch jedes innige Frauen-
gemüt ergreifen und beglüden. Ind nahHdenflich machen!
Denn e3 ſind keine keinen dummen Liederc<en, die man ge-
dankenlo8 hinſingt. Eine Ahnung weden ſie der Mutier, daß
dieſes junge unbewußte Geſchöpf in ihrem Arm ein Weſen
iſt voll reichſter Mannigfaltigkeiten, Gigentümlichkeiten und
Entwiklungs8möglichkeiten. Sein Körper verknüpft es mit der
Grde, ſeine Glieder verbinden es mit Der Umgebung, jeine
Sinne mit der geſammten Sinnenwelt, ſein herxraufdämmern-
de8 Bewußtſein, ſein erwachender Geiſt mit allen Leben -=-
48
iſt an ſeinem Werke gewachtien.
dies alle3 zu warten, zu entiwideln, zu bilden, das lehren Dicſe
XICDET. - uw
Gin pädagogiſches Buch alſo? A< nein, denn es iſt 1o cin-
fac< und natürlich, jo dur<träntt von Liebe und Andacht, UnT
die Verſe ſind ſo j<le<ht =- Fröbel war alles nur fein Dichter
--. daß ein richtiger Schulmeiſter das natürlich viel beſſer ge-
macht hätte. Und da iſt noch etwas, was dem ſchlichten Buch
einen feinen poetiichen Zauber verleiht, ihm einen ſchimmexrn-
ven Mantel dex Romantik umhängt; das find die JUnftrat1o-
nen, die nach den köſtlichen alten Kuvpfern des Malers Friedrich
Unger angefertigt ſind. Alte Dome deutſcher Städte, hohe goti-
ſche Bogenfenſter, an denen die Mutier mit dem Kleintjten
jteht, Märkte und Schaubuden. Da treibt der Wagner jein
Handwer?f, dort der Gärtner, da ſind Tiexe und Blumen, da
haſcht das Kind nach den Lichtvögelein . . . dieſe Bilder, in dcr
feinen Federgeichnungstechnif alter deutſcher Meitter ausge-
führt, ſind Gedichte an ich.
Wir können dem Herau38geber, dex da? Buch dur< cine
Betrachtung über Fröbcel38 Werden und Wirken wertvoll be-
veichert hat, ſowie dem Verlag, der dieſe vietätvolle Neuaus-
gabe beſorgte, von Herzen dankbar Jein. Möge das Buch wieder
zum deutſchen Familienbuch werden. |
Clara Hepncx.
Götferdämmerung. Cine Geſchichte vom Untergang Wuotans.
Von Rovert Walter. In der Sammlung der Viainzer BVolls3-
und Jugendbücher, herausgegeben von Wilhelm Koizde, Mainz,
Io). Scholz. '
Die richtige Aufgabe iſt einmal an den richtigen Mann ge-
fommen. Wenn die Mainzer Volksbücher, im Kampf gegen die
Schundliteratur, ihre Miſſion darin erkennen, Schönheit und
Kraft darzuſtellen, „Kraft nicht im Sinn einer kühnen ungezügelten
Phantaſie, ſondern Kraft, aus dem vollen Leben geſchöpft, aus
dem Heldenleben unſerer Nation" (Prof. Dr. K, Brunner, Jdea=
ligmus i. d. Jugendliteratur) und damit gegen den „weichlichen,.
weibiſchen, allem Kriegeriſchen abholden Geiſt unjerer Zeit“ an-
tämpfen wollen, ſo haven fie in Rovert Walter einen vorzüglichen.
Herold gewonnen. Aber auch für Robert Walter ſelbſt, deſſen
überichäumende Phantaſie ſich in letzter Zeit ein wenig ins
Grenzen- und damit Formloje zu verlieren drohte, war die feſte
Beſchränkung auf einen hiſtoriſchen Stoff überaus wertvoll. Er:
Die dichteriſche Sprachkraft, die
ihn neue Worte ſchaffen läßt, zwang er in den Dienſt kraftvoller
Darſtellung der gewaltigen Kämpfe, in denen Kar! dex Große
den heidniſchen Sachſentroß zu Boden warf. Eine ſat unmögliche
Aufgabe, die ſich immer wiederholende Schilderung des wütenden
Aufeinanderprallen8 faſt tieriſch wilder Gegner mit allem ſc<euß=
lichen Greuel der Leidenſchaften uns doch geadelt von hohen
Jdealvorſtellungen, neuem und aliem Glauben, Vaterlandsliebe
und Mannentreue, war hier zu löſen und fand geſc<madvolle
Löjung Um Ciunzetlheiten ſoll nicht gemarktet werden; hie und
da 111 vielleicht der kindlichen Faſſungskraft ein wenig zu viel
zugemutet; aber im Ganzen geht ein Geiſt ſtarken ethiſchen:
Empfindens und äſthetiſcher Schöpferkraft durch die Dichtung.
Will aber der Dichter einen Rat annehmen, ſo möchten wir
ihm anheimgeben, in einer Neubearbeitung da38 letzte Kapitel, ja-
die letzten ſiebzehn Seiten zu tilgen, etwa von S. 174 ab bis zum
Schluſſe. Mit Witukinds Taufe und der gleichzeitigen Wandelung,
das des großen Karl Chriſtentum erlebt, war ein harmonitches
Ende gewonnen; die folgenden, etwas myſtijchen Begebniſſe und
Erſcheinungen fallen aus dem hiſtoriſchen Ton heraus. Liegt dem.
Dichter = was wohl anzunehmen iſt -- an dem in der Tat.
wundervollen Liede von der Götterdämmerung, ſo läßt ſich dies
ohne große Schwierigkeit auch wohl anderwärts einfügen.
Für Knaben von 12 bis 15 Jahren iſt das Werk eine ſchöne:
und auch ethiſch werwolle Weihnachtsgabe. -NZ-
Heinricß ShPparrelmann. Fröbliche Kinder. Ratſchläge
für die geiſtige Geſundheit unzerer Kinder. Hamburg. Ulfred-
Janſſen. 1906. |
Wenn ich dies Buch erſt heute beſpreche, ſo liegt die Schuld-
weder an ihm, noch an dem Namen des mit Recht heute weit
und breit geſchätzten Verfaſſers, ſondern an mir. Oder noch
richtiger, an der erſtidenden Fülle der jährlich wachjenden päda-
gogiſchen Literatur, die auch den Fachmann manches Vortreffliche
überſehen oder doch erſt ipät entde>en läßt. Die Jahreszahl jolt
mich nun wenig kümmern; hoffentlich und wahrſcheinlich ſind
ſhon neuere Auflagen herausgekommen; ich habe nur die Pflicht,
hinzuweiſen auf Wertvolle38, das unjerem Erzieherelend abhelfen.
kann. Da ſiehe ich nicht an, das Büchlein Scharrelmanns als
das beſte Buch für nachdenkliche Eltern nach F. W. Foerſters
Lebensfunde (von der viel gelernt zu haben der Verfaſſer befennt)
zu bezeichnen. Wo noch immer ein Vater und eine Mutter 1o
almediſch ſind, am Abend im Familienkreije (denn auch für die
Kinder fallen wunderhübſche und ethiſch bedeutſame Erzählungen
av) ein exnſtes Werk über ihre Erziehungsaufgabe zu lejen, da
mögen ſie zu dieſem Buche zurügreifen, Es muß ja nicht immer
das Allerneueſte ſein. Gutes altert nicht. . -DZ-