Full text: Weltliche Schule - 20.1911 (11)

 
 
 
 
 
 
und Moratunierricht. 
 
Mitteilungen des Deutſchen Bundes für weitliche Schule 
 
Januar/März 1911. 
Berlin 3.9. 16 
Bureau : Rungeftraße 27. 
Jr. 20. 
 
Anſer Biel: Der Bund erſtrebt die Verwirklichung der weltlichen Schule „und die Cinführung eines rein menſc<lich- 
natürlichen Moralunterrichts. 
 
Mitglieder des Bundes, die einen Jahresbeitrag von Mk. 5.--, und mehr zahlen, erhalten UMSONST die Halbmonatsschrift 
 
„hische Kultur“ mit der Beilage „Kinderland“. (Bezugspreis Mk. 6,41).) 
 
 
 
 
Die Wiedergabe von Artikeln aus der „Welilichen Schule“ iſt geſtattei, wenn die Bemerkung beigefügt wird: „Abdruck aus der „weltlichen Schule“. 
 
 
Die am 30. Oktober 1910 einberufene ſaßzungsmäßige 
Ighresverſammlung der Mitglieder 
mußte damals wegen des großen Ündranges zu der nach- 
folgenden Proteſtverſammlung vertagt werden. Wir 
laden nunmehr unſere Mitglieder zu 
Sonnkag den 5. Februar 1911, vorm. 16 Uhr 
nah vem Leſeſaal der Ethiſchen Geſellſchaft, Berlin SO. 16, 
Rungeſtraße 27 (Spreepalaſt) ein. 
Tagesordnung: Jahresbericht des Vorſtandes; Kaſſen- 
bericht; Feſtſezung des Jahresbudgets; Wahl des Vorſtandes 
und der Kaſſenreviſoren; Berichte über die Tätigkeit der 
Ort8gruppen und Kommiſſionen; Verſchiedenes. 
Am Sonntag den 22. Jantar, abends 71/5 Uhr, 
veranſtaltet unſer Bund in der Berliner Singakademie 
(Unter den Linden) einen 
Vorfrags-Äbend. 
E3 werden ſprechen? Prof. Dr. Ludwig Wahrmund 
aus Prag über: „TÜrenuung von Skaakt uud Birdje“ 
und Brof. Dr. Wilhelm Oſtwald aus Leipzig über: 
„Die ſittliche Not unſerer Zugend.“ 
Karten zu 3, 2, 1 Mk. vei Wertheim (Leipziger- und 
Kaniſtraße), bei Bote & Bo> und abends an der Kaſſe. 
Auch zu dieſer Veranſtaltung, die unſere Ziele einem 
größeren Publikum klarlegen ſoll, laden wir unſere Mit- 
glieder beſonders ein. 
Vorſicht bei lektwilligen Berfügungen. 
Auf Grund der unliebſamen Erfahrungen, die wir be=- 
züglich der Verweigerung der Annahme der Fellingerſchen 
Erbſchaft durc< die Regierung gemacht haben, erlauben wir 
uns Freunden und Geſinnungsgenoſſen, die die Abſicht haben, 
unſere Beſtrebungen durch letztwillige Verfügungen zu unter= 
ſüßen, folgende teſtamentariſche Formel zu empfehlen, welche 
jede Ginmiſchung der Regierung ausſchließt: | 
„Ih vermache denjenigen Perſonen, die 
zurzeit meine38 Todes3 Vorſigzende des pp. Ver- 
ein8 ſind, pp. Mark mit der Auflage, dieſe 
Summe zugunſten des Verein38 zu verwenden.“ 
Regierungsſchulen ohne Religion, 
(Nac< amtlichen Quellen.) 
Die Unterſuchung darf ſowohl das pädagogiſche, wie 
auh das koloniale und ſtaat8bürgerliche Intereſſe beanſpruchen. 
Der Streit im Reichstag über die neue Schule in Samoa 
gab bei Beratung des Kolonialetat8 1910 das Vorſpiel zu 
Dernburgs Abgang. Der zentrümliche Miſſion8anwalt Erz- 
berger bejammerte die religions8loſen Regierungsſchulen. 
 
Dernburg aber betonte die notwendige Parität dieſer An- 
ſtalten. In den deutſchen Schußgebieten haben wir Re- 
gierungsſchulen für Weiße und für Farbige. Die heikle Frage 
der Miſchlingskinder ſpielt zum Glü> noc<h wenig in den 
Schulbeirieb hinein. Die Regierungsſchulen für Gingeborene 
haben überhaupt feine religiöſe Unterweiſung. Die Lehr= 
pläne der oſtafrikaniſchen Anſtalien waren von Anfang an 
religionslo8. Im Laufe der Jahre hat ſich die Notwendig- 
feit herausgeſiellt, die religidſe Tendenz auc aus den 
Regierungsſchulen der übrigen Schuggebiete auszuſchalten. 
Wa38 war die Veranlaſſung dazu ? In der Hauptjache der 
religiöſe Argwohn der farbigen Bevölkerung. Sie witterte 
hinter dem Religions3unterricht Befehrungsabſichten. Die Ein- 
geborenen ſind zwar im allgemeinen bildungswillig, aber 
wenig taufluſtig; für die vorhandene Schulwilligkeit war der 
Religion3unterricht der Stein des Anſtoßes. Beſonders die 
angeſehenen Kreiſe hielten ſich fern. Sie neigen zum Jslam 
und blicken mit Stolz, ja Verachtung auf die Volks|chichten 
herab, die ihrer Armut zufolge, nicht ethiſcher Momente 
halber, für Chriſtentum und <riſiliche Ginehe zu haben ſind. 
In Oſtafrika ſuchten viele Häuptlinge dem Wunjc< der Ber= 
waltung nach geeignetem Schülermaterial dadur< zu ent- 
ſprechen, daß ſie ihre Sklaven und Sklavenkinder jchie>ten. 
Dieſe ſchienen ihnen aut genug für vermutete Bekehrungsver- 
ſuche. Da e8 der Regierung darauf anfommen muß, gerade 
die einflußreichen Gleinente, an die ſich dom die Verwaltung 
anlehnt, in den Bann deutſcher Kultur zu ziehen, jo haben 
alle Regierungsſchulen für Gingeborene auf ReligionSunter- 
richt verzichtet und haben ihn den Miſſionsſchulen zur Pflege 
zugewieſen. Das konnte um fo leichter gejhehen, als im 
deutſchen Schußgebiet die Taufgeſellſchaften jehr zahlreich 
ſind und am Plag einer Regierungs) hule zum mindeſten 
eine Miſſion vertreten iſt. Um das Mißtrauen zu bejeitigen, 
kommen die Miſſionen in ihrer Amtswürde zumeiſt nicht in 
die Schulräume, ſondern pflegen die Seelſorge ihrer Schüß- 
linge in der Miſſionsſiation. Um weiter die Eingeborenen 
von den rein kulturellen Abſichten zu überzeugen, haben die 
Regierungsſchulen auch nicht <riſiliche Lehrer in Dienſt ge- 
nommen, ſondern Araber in Kamerun, Araber und Inder in 
Oſtafrika, abgeſehen von anderen ungetauften Hilfskräften aus 
der Bevölkerung. Mit ihrer Toleranz aber üben die Re- 
gierungsſchulen auch eine politiſche Klugheit. Denn nur zu 
oft birgt das kirchliche Moment den Urſprung von Unruhen 
in ſi<ß. Soll ſich die deutſche Herrſchaft treue Stämme und 
einflußreiche Häupter durch Gewiſſenszwang entfremden? Wo 
nun gar der Bekehrungseifer verſchiedener Konfeſſionen zur 
unleidigen Konkurrenz auswächſt, wie es leider nicht ſelten 
iſt, da bedeutet die Unparteilichkeit der Regierungsſchulen 
erſt recht eine Wohltat. Wie würde gar das Zentrum flagen, 
wenn ſein Glaube im Schuldienſt nicht den Vorzug erhielte. 
In politiſcher, wie in kultureller Hinſicht iſt der religtons8loſe 
Unterricht der Regierungsanſtalten eine Notwendigkeit. Auch 
wirtſchaftliche Gründe ſprechen dafür. Die mehr als 20jährige 
Erfahrung hat die Regierung gelehrt, „daß höhere Schul-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.