Full text: Weltliche Schule - 32.1914 (14)

 
Mitteilungen des Deutſchen Bundes für weltliche Schule und IMoralunterricht. 
Januar / März 1914. 
Ärnſer Biel: 
natürlichen Moralunterrichts. 
Berlin 3.0. 16 
Bureau : Rungeftraße 27. 
Nr. 32. 
Der Bund erſtrebt die Verwirklichung der weltlichen Schle und die Einführung eine8 rein menſchlich- 
Mitgkeder des Bundes, die einen Jahresbeitrag von Mk. 5.--, und mehr zahlen, erhalten UmMSoRSt die Halbmonatsschrift 
„Lthische Kuttur““ mi der Beilage ,- Kinderland“. 
(Bezugspreis Mk. 6,40.) 
Die Wiedergabe von Artikeln aus der „Weltlihen Schule“ ift geſtattet, wenn die Bemerkung beigefügt wird: „Abdruck aus der „Weltlticden Schule“ 
Inhalt. 
Einladung zur Hauptverſammlung des D. B. f. w. Sch. 
Die Organiſation der weltlichen Schule. Von Lilli Jannaſch. 
Ueber Lebens8kunde in der Fortbildungsſ<ule. 
Jahresbilanz. -- Quittung. 
Die ſjaßungsmäßige Jahresverſammlung 
unſerer Mitglieder findet am Donnerstag, den 19. Februar, abends 
8 1/, Uhr inBerlin 58. O9., Rungeſtraße 27, ſtatt, 
Tages38ordnung: 
. Jahre38bericht des Vorſtandes. 
. Kaſſenbericht und Entlaſtung des Kaſſenführers auf Grund 
des Berichts der Reviſoren. 
. Feſtſezung des Jahresbudgets. 
. Wahl zweier Kaſſenreviſoren für das, nächſte Geſc<äftsjahr. 
. Wahl des Vorſtandes. 
. Berichte über die Tätigkeit der Ort8gruppen und Kommiſſionen. 
Dr. Venzig. 
DI hs 
> Ui. WW 
Die Organiſation der weltlichen Sule. 
Durch die langjährigen Bemühungen pädagogijcher 
Vereine, einzelner Pädagogen und der Volſ8ſc<hullehrer- 
ſchaft iſt die Organiſation der welilichen Schule auf ethi- 
jeher Baſis in Deutſchland ſehr viel weiter vorgejchritten 
al8 man auf den erſten Bli> annimmt. Nur der ion- 
feſſionelle Zwang, der durch die gleichgültige Haltung des 
deutſchen Volkes in Erziehungsfragen immer noch ge= 
ſtärkt wird, hat biSher verhindert, daß die Volksjchul- 
lehrer in allen Teilen Deutſchlands öffentlich für die welt- 
lihe Schule Stellung genommen haben. Es iſt ja jelbſi- 
verſtändlich, daß die Volksſchullehrerſchaft, die im täg- 
lichen Umgang mit der proletariſchen Jugend lebt, in 
allererſter Linie Gelegenheit hat, ſich von der ſittlichen 
Not des jungen Volke3 zu überzeugen, ſowie davon, daß 
die konfeſſionelle Schule völlig unfähig iſt, die jungen 
Leute mit dem ethiſchen Rüſtzeug auszuſtatten, welches 
das moderne Leben fordert. Mit Rückſicht auf die biS- 
herige Mitarbeit der Lehrerſchaft handelt es ſich bei der 
Einführung der weltlichen Schule auch keineSwegs um 
eine kataſtrophale Umwälzung, ſondern nur um eine ein- 
heitliche Durchführung längſt erkannter und erprobter 
ethiſcher Aufgaben. 
Die ethiſche Bildung hat ſowohl unterrichtliche 
als exziehlic<he Geſichtspunkte zu berücſichtigen. Ihr 
Hauptziel iſt daher 
ſittliche Urteil38- und Willensbildung, 
denn nur auf Grund tieferer Einſicht in die LebenS3zu- 
jammenhänge kann der Wille zum Guten ſich richtig 
orientieren. Die Urteil8bildung wird vorwiegend 
Sache des Unterrichts ſein, während die WillenS- 
Fr äfte durch aus8giebige Gelegenheit zur Selbſterziehung 
geübt werden müſſen. Um dieſen Forderungen gerecht 
zu werden, muß die weltliche Schule folgende Umbildun 
vornehmen: | ok 1:35 DM 
 
1. AuSbau derShulordnungimSinne 
der Selbſtverwaltung der Schüler. 
Dur<hdringung des Gejamtiunter- 
'1i<t5mitethil<enGejichisSpunften. 
. Methodiſche wöchentliche Be)]pre- 
<hungenüberethilche Lebensfragen. 
Dieſe Lebensfunde hat etwa mit dem 16. Jahre 
einzujeßen. 
v(uch die Fortbildungsſhule muß in oben genannier 
Weiſe arbeiten. 
Alle dieſe Forderungen ergänzen fich unmittelbar 
und ſind bereits bei uns, jowie im vielen anderen Kultur- 
(andern, 3. TI. methodil<, 3. T. verjuchsSweiſe, mit gutem 
Erfolg dur<geführt worden. So haben Süddeutſchland, 
die Schweiz und Oeſicrreich vielfach in den verſchieden 
ten Schulgattungen die Selbſtregierung der Schüler ein» 
geführt. Im Literatur» und Geſchichtsunierricht macht 
jich immer mehr das Beſtreben geltend, die bedeutſamen 
Fragen der kulturellen Eniwicklung ethil< zu beleuchten. 
Im Religionsunterricht herri<t dieſelbe Tendenz, joweit 
Der Lehrer iroß des umfangreichen Dogmaiiſchen PBenjums 
noch Zeit und Kraft findet über ReligionSsge- 
/<i<hte zu ſpreßen. Au< die direkte Beiprechung 
ethiſcher Lebensfragen, die ſich durch die Schulpraxis auf-= 
drängen, iſt bei uns ſchon vielfach üblich. Hieraus er- 
ſieht man, daß die ethiſche Tendenz in dex Schule überall 
da Fortſchritte macht, wo der Lehrer ein warmes In= 
tereſſe an ſeinen Zöglingen hat. Aber man muß, jich 
doh flarmacen, daß alle dieſe Bemühungen bei uns vor- 
läufig nur ganz nebenher laufen und ſich auf die kurz 
friſtige freie Zeit verteilen, die das Benjum übrig läßt. 
Mit dieſer gelegentlichen Beeinfluſſung iſt 
natürlich dem großen und ſchweren Werk der ethiſchen 
Erziehung nicht gedient, ſie kann nur wirklich bedeutungs- 
voll für unſer Gemeinſ<afts8leben werden, wenn ihr, al 8 
der Zentralaufgabe der Schule, die beiten 
Kräfte zur Verfügung geſtellt werden. 
2) Die Schülerſelbſtverwaltung. 
Durch die Mitarbeit der Schüler an der Schulord- 
nung ſoll das perſönliche und joziale Verantworilichkeits- 
bewußtſein gewedt werden. Die Jugend ſoll erleben, wie 
ſehr die Geſinnung und Willenskraft jedes einzelnen 
bedeutung3voll für die Geſtaltung des Zuſammenjeins 
iſt. Die Schule bietet ohne Zweifel die beſte Grundlage 
für eine Erziehung zum Gemeinſchafisleben, weil ſie die 
heterogenſten Elemente im bildungsfähigſten Alter zu=- 
ſammenführt. Die Vielartigkeit der Schüler hat eine un- 
geheuere Vielſeitigkeit gemeinſamer Leiden und Freuden 
zur Jolge. Dieſe bilden die Grundelemente, den Roh- 
ſtoff, der Schülern und Lehrern zur Bearbeitung über=- 
geben wird, um daraus neue edelere Formen de3 ſozialen 
Lebens zu bilden. Die Jreude der Jugend an ſelbſtän- 
diger Geſtaltung iſt aus den Erfolgen der Arbeitsſ<hule 
und des Kindergartens wohl bekannt. Es gilt mit Hilfe 
NS 
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