fullscreen: Allgemeine deutsche Lehrerzeitung : pädagogische Zeitung ; Hauptblatt des Deutschen Lehrervereins. - 59.1930, [1.Halbjahr] (59.1930, [1. Halbjahr])

 
 
 
 
„Nr. 13 
- Sefolgt. Wir haben eingeſchränkt, ja, wir haben abgebaut, 
Un<h die beſcheidenen Vergnügungen. Wir haben eingeſchränkt 
alles nur irgend Entbehrliche. 
Aber in einem Punkte ſind wir auch im Einzelhaushalt, 
als Einzelmenſch --- ich darf nicht ſagen: großzügig geblieben, 
aber freiherzig geblieben. Wir haben für unſere Kinder, 
für unſeren Nachwuchs die Opfer gebracht, die vielleicht größer 
waren, als irgendein Geſchlecht vor uns ſie für ſeine Kinder 
„bringen konnte. Wir haben uns -- jeder in ſeinem Haus- 
halte, und Hunderte von Geſprächen mit Berufsgenoſſen 
äben es mir beſtätigt -- eingeſezt dafür, daß der Poſten 
bie Jugenderziehung wenn irgend möglich unangetaſtet 
"lebe, daß Opfer für die Kinder gebracht werden auch 
inter größten Entbehrungen, und ich könnte ergreifende 
Sildey von Vätern und Müttern aus der deutſchen Be- 
amtenſchaft und der deutſchen Lehrerſchaft zeichnen, die mit 
<werer Laſt auf den Schultern gedrüt dur< ihr enges 
und beſcheidenes Leben wandeln, Menſchen voll heroiſcher 
Entſagung für ſich, um ihrer Kinder willen. = Und ſchließlich, 
venn man den Andrang zur höheren Schule, und wenn man 
ie Heberfüllung der höheren Schule vom ſchulpolitiſchen 
und bildungspolitiſchen Goſichtspunkte aus bedauert, ſie für 
falſch und ſchädlich hält und in ihr und in ihnen den Fehler 
nes falſchen Bildungsſyſtems und eine falſche Bildungs- 
Politik ſieht, = auf der elterlichen Seite ſtet doch etwas 
roßes, Heroiſches dahinter: das iſt das Opfer, die Liebe, 
Ae Hingabe für die Kinder, ihnen den Weg zu bereiten. 
SE der Grundſaß für das Sparen im HHWWiDUein 
8 d » (Rp 8 opinzolnonyn* "nfonde Liebe 
für pn SEN enen des einzelnen: ſchenkfende Liebe 
> Junge Geſchlecht. EE "M EIE 
Na Finanzielle Not im Staate! Wir fragen gleichfalls : 
welchen Grundſäßen führt mun die öffentliche Hand 
De Sparpolitik in ihrem Rahmen und in ihrem Kreiſe 
ur<? Ganz ſelbſtverſtändlich, daß die tragfähigen Schultern 
ai, DImar belaſtet werden. Es iſt ZR FERENZEN 
aß jed au verteilen, daß einfach me hani jh dividier ie, 
ſtärk jeder das -gleihe Gewicht zu kragen bekommt. Die 
Utſten Schultern haben die größeren Laſten zu tragen. 
arum auch richtig: Steuern auf Luxus, auf Heppigkoit und 
Zaſwand und Verſchwendung, meinetwegen auch hin bis zur | deutſchen Lehrerſchaft, die mit ſtärkſter ArbeitsSbelaſtung be- 
enth elung. Darum auch Steuern, ſo ſchmerzlich es iſt, auf 
ehrliche Dinge und ſchlichte Vergnügungen. Aber der 
«eeuerdiktator muß halt machen vor dem Exiſtenziminimum 
ies jeglichen Menſchen; er muß halt machen vor dem 
„Voſten des Auſbaues für das junge Geſchleht. Hand weg 
Leiſt den Einrichtungen, mit denen wir die Jugend ja erſt 
: 5 Ungsfähig machen wollen! Was nußt Sparſamkeit, wenn 
den ſchwäche, der ſpäter durch ſeine Kraft und ſeine 
by; tige Arbeit das Vaterland und Volk wieder empor- 
ringen will?! 
als Sud darum geht von dieſer Stelle als ernſte Mahnung, 
vs Iſe Bitte hinaus: treibt Sparpolitik, wenn 
Ka ga endig iſt, aber treibt Sparpolitik 
Sp Pädagogiſchen Geſichtspuntten, treibt 
Won Politik, aber nicht und niemals auf 
ſten des Kindes, der Jugendlichen, der 
oltfszufünft! 
wie ES iſt nicht meine Aufgabe, Ihnen ein Bild zu zeigen, 
Spart: den einzelnen Ländern und Städten jetzt plötzlich 
zuſcher eatoren herangehen, die öffentlichen Haushalte durch- 
dein" R und ihre Vorſchläge zu machen. Meine Freunde aus 
Vild 5 Liche werden in ihren kurzen Ausführungen dieſes 
von Zah der Richtung ergänzen, und Sie, werden hören 
ig 563 Vorſtößen von Thüringen bis Heſſen, von Sachſen 
%B. Metlenburg und auf ſtädtiſcher Seite von Berlin bis 
veSfau und anderen. ; 
Abb, bringe drei Grundgedanken, drei Grundſätze zum 
au zum Ausdru: 
für Guei: Die Droſſelung der Kulturauſgaben bedeutet 
Und '6in ps Lehrende zuerſt einmal eine neue Belaſtung 
iſt EN Verſchlechterung unſerer Arbeitsbedingungen. Es 
„ZUtes gowerkſchaftliches Recht und gute gewerkſchaftliche 
t, zu prüfen, ob das tragbar iſt oder nicht. Die Lehrer- 
Geſtolle dieſen Geſichtspunft nicht in den Vordergrund 
was ſie fonpern ſie darf mit gutem Recht daran erinnern, 
bei rofwill;, ſchmalem Gehalt, bei hoher Stundenzahl und 
Mieder igen ſozialen Arbeiten in dieſem Jahrzehnte des 
eraufbaus goſeiſtet hat. Wir haben alfo aus gewerk- 
 
 
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Allgemeine Deutſche Lehrerzeitung 931 
ſchaftlichen Gründen dieſe Verſammlung nicht einberufen. 
Wir würden die gewerkſchaftliche Forderung an anderer 
Stelle und mit anderen Mitteln vertreten, und ich darf es 
-auc<h für unſere Berufsfreunde ausſprechen: wir ſind Felbſt- 
0 . 1 
verſtändlich bereit, bei der allgemeinen Sparſamkeit auc< 
unſeren Teil zu kragen von den allgemeinen Laſten, allerdings 
nicht nach der Methode, die man noh vor wenigen Wochen 
beim ſogenannten Notopfer befolgen wollte, als man uns 
Beamte als eine Schicht horausgriff und ſie doppelt belaſten 
wollte, während man andere ſreiließ. Das hätte verſtoßen 
gegen den Grundſäß der ſozialen Gerechtigkeit, und deshalb 
haben wir uns gegen dieſe cinfeitige Belaſtung mit vollem 
Recht und guten Gründen gewandt. - 
Zum anderen: Nicht gewerkſchaftliche Forderungen, ſon- 
dern ſ<ulreformeriſ<he Fragen! -- Was iſt der 
Sinn dieſes Jahrzehntes geweſen, das wir gemeinſam imi 
Lehrerverein, gemeinſam in der Schule erlebt haben? -- Wir 
haben uns bemüht, von Anfang an die Schulreform gründlich 
theoretiſch zu durchdenken und die geſunden Gedanken dex 
Reform hineinzutragen in jede Schule, in die Schule der 
Großſtadt, wie in die Schule des letzten kleinen Heidedorfes, 
theoretiſch wie praktiſ<. Und wer deutſche Schulen kennt, 
und wer mit Ausländern heute über deutſche Schulen ſpricht, 
der muß zugeben: es hat ſich vieles gewandelt in unſeren 
Schulen, es iſt vieles anders, und es iſt nach unſerer Ueber- 
zeugung vieles beſſer geworden. Wir haben eine feinere 
Schulzucht eingeführt, als fie in der alten Stillſibſchule geübt 
werden konnte. Wir haben ein anderes. Verhältnis des 
Lehrenden zu den Jugendlichen und Kindern herbeigeführt, 
als es früher unter ginem anderen Geſichtspunkt der mehr 
äußeren Autorität Igeſehen wurde. Wir haben dem Kinde 
ein anderes Recht des Fragens und.“ Selbſtprüfens und 
Selbſtdenkens gewährt gegenüber dem bloßen Zuhören in 
der alten Schule. Wir haben das Selbſtarbeiten gefördert 
und die Spoutaneität und Selbſttätigkeit, und die bloße 
Uebermittlung zurücgedrängt und abgetan. Wir haben, um 
ein Wort Nohls zu gebrauchen, durch feinere Methoden 
feinere Menſchen zu erziehen uns gemüht. Und dieſe Reform 
-= Das darf ich an dieſer Stelle ausſprechen = iſt von der 
ſH<wert war, durchdacht, getragen, gefördert. worden, mit 
geſundheitlicher. Hingabe und Anſtrengung, mit geldlichen 
Opfern der Weiterbildung, mit Verbrauch an Nervenkraft; 
alles um der Schule, der Reſorm willen! 
Aber gerade auf Grund dieſer Erfahrungen: und gerade 
auf Grund des Opfers, das wir freiwillig der Schulreform 
gebracht haben, ſprechen wir in aller Klarheit und Deutlich- 
feit die eine Bedingung aus, an die dieſe Schulreform ge- 
knüpft: iſt, die Bedingung, kleinere Sc<hRTrktlaſ- 
ſen zu ſchaffen, in denen durchzüführen iſt, was wir 
theoretiſch fordern und was auh die Behörden heute von 
uns verlangen. Darum: kleine Klaſſen! (Sehr richtig!) -- 
Jede Sparmaßnahme, auch wenn es um kleine Erhöhung 
der Schülerzahlen geht, bedroht letzten Endes unſere Schul-= 
reform. ES iſt falſch, zu ſagen, ſie erſ<were nur die Arbeit 
des einzelnen Lehrers. Der wird pflichttreu und tapfer ſeine 
Pflicht tun, wie immer es auch ſei. Aber die Sparmaßnahme 
gefährdet die geſunde Schulreform, gefährdet fie beſonders 
auch dadurch, daß ſie den jungen Lehrern, die ſelbſtverſtändlich 
mit friſcherer Kraſt und leichterer Anpaſſungsfähigkoit zu 
uns kommen, nicht in die Schularbeit hineinläßt, daß ſie 
Lehreorjugend zurückweiſt. 8 
Und zum dritten und lezten: Der Abbau fördert un- 
gewollt hier, aber bewußt und gewollt bei andern, 
den ſchulpolitiſ<en Rüdſchritt! : And hier ſehen wir 
beſonders ernſt und haben die Dinge beſonders ſorg 
ſam zu prüfen. Es iſt eine ſeltſame Tendenz in 
dieſe verſchiedenen Spargutachten. (Sehr richtig!), die 
eine Tendenz: man ſucht Deutſchland nur noch nach 
dem Normalbild der preußiſchen Schule oder der preu- 
ßiſchen Lehrerbildung zu ſehen und zu regeln. Uud die andere 
Tondenz: man hat. zum Vertreter der Sparpolitik, zum 
AusSarbeiter des Gutachtens einen preußiſchen Schulaufſichts- 
beamten gemacht, der jenſeits der Altersgrenze ſteht, der 
als Siebziger durch die Schulen geht und nun von den 
Bildopxn aus ſeiner Jugend heraus unſere Reform, unſere 
Arbeit bHeurteilen „will, (Hört, hört!) Wir erheben 
 
 
  
 
  
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
  
  
  
  
  

	        
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