Full text: Allgemeine Schulzeitung - 21.1844 (21)

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Behörde , ſowie für die Lehranſtalten um ſo mehr die Pflicht 
hervor , mit allem Ernſte das Jhrige zur Verminderung 
dieſes Uebelſtandes beizutragen. Dieſes wird am ſiherſten 
geſchehen, wenn mit aller Aufmerkſamkeit allem demjenigen 
entgegengearbeitet wird, was zu den Urſachen und BVer- 
anlaſſungen dieſes Uebels gehört und worauf die Schule 
eine Einwirkung ausüben kann. Von dieſem Geſichtspunkte 
ausgehend , empfiehlt man den Directionen und Lehrercon- 
ferenzen folgende Punkte zur ſorgfältigen Aufmerkſamteit 
und Nachachtung, 1) Es iſt mit der größten Gewiſſen- 
haftigkeit und Strenge gegen jene Vergehen und gegen jene 
Unordnungen zu wachen, welche die Geſundheit der Schüler 
im Allgemeinen untergraben und dadur< die Schwächung 
des Geſichtsſinnes herbeiführen. 2) Von dem Scullocale 
und den Lehrzimmern ſind alle Uebelſtände möglichſt zu 
beſeitigen, wel<he den Augen nachtheilig ſein können. Es 
iſt alſo darauf zu ſehen, daß alle Lehrzimmer die gehörige 
Größe und Helle haben; daß die Schulbänkfe, um das rechte 
Licht zu erhalten, aufgeſtellt werden z daß man den Lehr- 
zimmern nicht weiße Wände, ſondern einen den Augen 
zuträglichen farbigen Anſtrich gebe; daß an den Fenſtern, 
wo es nöthig iſt, Sommerladen und Vorhänge angebracht 
werden. Die Directionen und Lehrerconferenzen werden 
ſich hierüber in vorkommenden Fällen mit den Verwaltungs- 
räthen in's Einvernehmen ſeßen und nöthigen Falls an die 
dieſſeitige Stellc ſich wenden. 3) Von großer Wichtigkeit, 
wie überhaupt für die körperliche Entwickelung der Schüler, 
ſo auch für die Erhaltung des Geſichtsſinnes , iſt die Hal- 
tung des Körpers bei dem Leſen und beſonders bei dem 
Schreiben. Die Screiblehrer haben daher mit aller Auf- 
merkſamkeit darauf zu ſehen, daß die Scüler ſiß an eine 
grade Haltung des Körpers gewöhnen, und daß bei zahl- 
reichen Claſſen nicht durc< zu gedrängtes Sißen der Schü- 
ler dieſes gehindert werde. 4) Es iſt darauf zu halten, 
daß alle Ausgaben der claſſiſhen Autoren von ſchlechtem 
und feinem , namentlich Stereotypdru> und ſchlehtem Pa- 
pier entfernt werden , und es iſt bei neuen Anſchaffungen 
auf ſolche -Ausgaben zu ſehen, welche ſich durch Deutlich- 
keit des Drucks und relative Wohlfeilheit empfehlen , in 
welcher Beziehung man wiederholt darauf aufmerkſam macht, 
daß von den lateiniſchen und griechiſchen Autoren vor allen 
anderen Ausgaben die in dem Münchner Sculbücherver- 
läge erſchienenen Ausgaben gebraucht werden, Sollte bei 
irgend einer Anſtalt ſich eine Schwierigkeit hinſichtlich der 
Beſtellung bei einem Buchhändler ergeben, ſo wird die 
dieſſeitige Canzlei die Vermittelung übernehmen. 5) Als 
die Augen beſonders anſtrengend muß das häufige Auf- 
ſhlagen von Wörtern in den Wörterbüchern gelten. Außer- 
vem, daß hier jede Ueberſchreitung des rechten Maßes zu 
vermeiden iſt, hält man es zugleich für angemeſſen , daß 
in den Schulſtunden nicht ausſchließlih nur ſolhe Stücke 
der Autoren geleſen werden, worauf ſich die Schüler durch 
Aufſchlagen der Wörter beſonders präpariri haben z ſondern 
es ſoll in einer oder in zwei Lehrſtunden wöchentlich ohne 
häuslihe Präparation von Seiten der Schüler überſetzt 
werden , ſo daß der Lehrer ſelbſt den Schülern die Be» 
deutung der Wörter angibt. 6) Ueberhaupt aber ſind die 
häuslihen Arbeiten der Schüler durchaus in der Weiſe zu 
Kur 
ermäßigen , wie dieſes durc< die allgemeinen gedruckten 
Verfügungen vom 11. März 1840 und vom 13, Februar 
1844 , die Aufgabebücher betreffend, angegeben iſt, da in 
dem zu ſtarken Maße der häuslic<hen Arbeiten eine Haupt- 
urſache der zu großen Anſtrengung und daraus hervorgehen- 
den S<wäche der Augen offenbar zu ſuchen iſt, Man wird 
die dieſſeitigen Prüfungscommiſſäre beauftragen, durc< Ein- 
ſichtsnahme der Aufgabebücher und auf jede andere Weiſe 
ſich darüber zu verläſſigen , wel<he Anforderungen an die 
Schüler geſiellt werden, und ob ſie das rechte Maß nicht 
überſchreiten. 7) Nicht ohne Einfluß iſt auch die Zahl der 
unmittelbar auf einander folgenden Unterrichtsſtunden. Es 
ſollen in der Regel und, ſoy viel thunli<h, nie mehr als 
drei Unterrihtsſtunden aufeinander folgen. Man hält es 
nicht für angemeſſen, daß vier, oder gar, wie es im Som» 
merhalbjahre an einigen Anſtalten vorgekommen iſt, fünf 
Stunden nach einander Unterricht gegeben wird. Obgleich 
man an die betreffenden Anſtalten durch beſondere Vex- 
fügung das Geeignete mitgetheilt hat, ſo ſieht man ſich 
doc< veranlaßt, dieſelbe Bemerkung im Allgemeinen hier 
zu wiederholen. 8) Sowie die moraliſchen und phyſiſchen 
Uebelſtände, welche die Geſundheit im Allgemeinen be- 
ſchädigen, zugleich auc) meiſtens die Stärke des Geſichts- 
ſinnes beeinträchtigen: ſo wird andererſeits dur< Beför- 
derung ver Geſundheit im Allgemeinen auch der Geſichts- 
ſinn erhalten und geſtärkt, Yuch in dieſer Beziehung 
werden alſoy die Directionen und Lehrerconferenzen der An- 
ſtalten der Förderung der gymnaſiſchen Uebungen und zwe- 
mäßiger jugendlicher Spiele mit Bewegung in freier Luft 
fortwährend ihre Aufmerkſamkeit und Pflege zuwenden. 
Carlsruhe, den 20. Mai 1844. 
Baumüller, Ydt. Scindler,“ 
Meklenburg-Schwerin im März 1844, Das Taubſtummenz- 
inſtitut zu Ludwigsluſt , das unter unmittelbarer Oberaufſicht der Res 
aierunz ſteht, welches Oberaufſichtöreht dieſelbe wieder durch ihren Re- 
ferenten in Shulangelegenheiten , den Schulrath Meyer ausübt, dex 
ſich um die beſſere Geſtaltung der ſtädtiſc<en Bürgerſchulen und der Gym- 
natien des Landes allgemein anerkannte Verdienſte erworben hat und 
no) fortwährend an dieſem ſeinem Werke mit ſeltenem Eifer und 
mit großer Liebe thätig iſt, == hat einen ſehr guten Fortgang. Für 
den eigentlichen Unterrict der Taubſtummen ſind Jett drei Lehrer bes 
ſtellt. Unterweiſung in Handarbeit ertheilt eine Lehrerin z; das Korb- 
flechten erlernen die Kinder bei dem geſchickten Kor bmacher des Ortes, 
jedo< im Inſtitutsgebäude 3; Gartenbau und Seidenzucht bei dem erſten 
Lehrer des Inſtitutes, Zöglinge hat die Anſtalt 24, und zwar 46 
Knaben und 8 Mädchen, Von dieſen ſind 10 auf Koſten des Groß- 
herzogs untergebracht ; für ein Kind bezahlt die verwittwete Großs 
herzogin Alexandrine das Penſionsgeld ; 2 werden von Domanialamts- 
armencaſſen , 1 vom Kloſteramte Dobbertin, 1 von der Gräfin von 
Rauzau auf Bothmer unterhalten; für 9 bezahlen die Aeltern. Der 
Geſundheitszuſtand der Zöglinge iſt im Jahre 1843 und bi3her 
ſehr gut geweſen; erhebliche Krankheitsfälle ſind gar nicht vorgekom- 
men. Häufige , mit Vorſicht getriebene Leibesübungen , Arbeiten im 
Garten und auf der Wieſe -- beide unmittelbar hinter dem Inſtituts- 
gebäude -- Spaziergänge bei jeder Witterung und kalte Bäder im 
Sommer haben die Zöglinge friſch erhalten. Zwei Kinderfeſte wur- 
den aum im vergangenen Jahre gefeiert, das eine im Jaliusmonat, 
natürlich im Freien, das andere am heil. Weihnachtsabend, an welchem 
ſämmtliche Kinder mit Einem großen Tannenbaume beſchenkt wurden. 
Ein drittes Feſt bereitete der Anſtalt die Anweſenheit des Großher- 
3038 Friederich) Franz 11. , welcher in Begleitung des Miniſters von 
Lüßow zwei Stunden dem Unterrichte beiwohnte, 

	        
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