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unſere oben aufgeſtellte Behauptung nun zur Genüge be-
wahrheitet anſehen und uns des Herbeiführens weiterer
Belege enthalten. Wir ſehen, das Buch hat ſeine äußeren
Licht- und inneren Schattenſeiten. Tüchtige Lehrer werden
allerdings ihren Unterricht darauf bauen und dasſelbe zum
Hervorbringen guter Früchte ver Jugendbildung benußen
können z ob ſie es aber gern thun werden, ſolange dieſe
lihtarmen Stellen nicht ſc<on von dem Verf, ſelbſ| aufge-
hellt worden ſind, möchte ſehr zu bezweifeln ſein. Sollte
daher das Buch noch eine neue Auflage erleben, ſo wäre
es recht ſehr zu wünſchen , daß der Herr Verf. das innere
Weſen ſeines Buches nochmals recht ernfilim verarbeitete
und dabei die Leiſtungen anerkannt tüchtiger Männer nicht
unberückſichtigt ließe.
Die vom Verf. auf dem Titel ſeines Buches ausge-
ſprohene Beſtimmung des leßteren =- „zum Lernen und
Wiederholen für Schüler an gehobenen Volks- und Bürger-
ſhulen und techniſchen Anſtalten“ ===“ will dem Ref. als
eine unrichtige Beurtheilung und Ueberſhäßung des wirk-
lichen Werthes der Leiſtung erſcheinen, Gut organiſirten
Volksſc<hulen auf dem Lande und in kleinen Städt2zn möchte
ein naturwiſſenſhaftliher Unterricht wohl nicht gut fehlen
dürfen, aber des Leitfadens für Schüler bedarf es dazu
nicht, wenigſtens nicht in ſo umſangsreichem Maßſtabe,
als wonach der vorliegende angelegt worden ift. Für höhere
Bürgerſchulen und techniſche Anſtalten wird das Buch noch
weniger paſſen , da es ihm ebenſo gut an wahrer Wiſſen-
ſchaftlichkeit , als an wirklich praktiſ<er Grundlage fehlt.
Sein eigentliches Feld der Branchbarkeit wird ſich auf
ſ<lichte Bürgerſchulen beſchränfen müſſen, welche , inſofern
fie eine den Anforderungen unſerer Zeit genügende Cinrich-
tung erhalten haben, auch wohl „gehoben“ genannt werden
können. Und für dieſen Zwec> mag der Verf. ſein Büchel-
<en auch wohl urſprünglich nur bearbeitet haben; daher
wird es in ſeiner Hand die allernächſte und ſicherlich die
beßte Anwendung finden können,
Das Büchelchen iſt broſhirt und in einem dem Auge
wohlgefälligen Gewande. Auc<h iſt Dru> und Papier des-
ſelben recht gut. Btrubaum.
Ueber Kleinkinderſhulen.
Man fühlt in großen und kleinen Städten mehr und
mehr das Bedürfniß , .die no< nicht ſchulpflißtigen Kinder
einige Stunden des Tages in ſogenannten Kleinkinderſchu-
len unter der Aufſi<ht einer Wärterin zu verſammeln , um
die .Unmündigen dem Aelternhauſe zu entziehen und mehr
die oft vernachläſſigte häuslihe Erziehung zu vertreten,
Aeltern, die mehrere kleine Kinder um ſi< haben, von
denen aber kein Vernünftiger ein dauerndes Stillſißen und
Nichtsthun verlangen wirv, hegen den verzeihlihen Wunſch,
daß ihre Kinder an ſicherem Orte aufbewahrt und freund-
lich unterhalten werden möchten. Beſonders fühlbar wird
dieß den Aeltern auf dem Lande, die ihre lieben Kleinen
in drängenden Feldarbeiten mit großer Gefahr anderen,
ebenfaſſs noc& Unmündigen unter Aufſi<t geben müſſen,
Dieſes dringende Bedürfniß brachte die Kleinkinderſchule
in's Leben. .
Sowie man an jedem Orte etiviliſirier Länder Lernſchu-
fen gegründet und öffentliche Lehrer an dieſen Anſtalten
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angeſtellt hat, ebenſo fönnte man auc< nicht bloß in
Städten, ſondern auß in Dörfern die auf künftige Ent-
wiFelung der Kinderwelt ſegensrei<h wirkende Kleinkin-
derſhule in's Leben rufen. Gewiß würde man überall
menſchenfreundli<e Perſonen finden , die ſich öffentlich er-
böten , eine gewiſſe Zahl von Kindern einige Stunden des
Tages zur lehrreihen Unterhaltung zu: verſammeln. Kin»
der freuen ſic< ja ſo ſehr, wenn ſie unter andere Kinder
kommen. In den Häuſern der Landlente erhalten ſie ſelten
Anleitung , wie ſie unter einander ſpielen und ſi) mit ein-
ander beſc<häfftigen können. Gern würden die Aeltern, die
zuweilen mißbräuchlich ihre kleinen Kinder zur Schule ſchik-
fen, bloß um ſie an einem ſicheren Orte zu wiſſen, einer
Perſon , die ausſ<ließlich damit ſim abgeben wollie , kleine
Kinder zu unterhalten und zu beſchäfftigen , kleine Gaben
bewilligen z; beſonders wenn die Kinder in dieſer Kleinkin-
derſchule auf eine ſo gute und lehrreiche Weiſe beſchäfftigt
würden, daß die Aeltern ſelbſt erkennen müßten, wie viel
ihre Kinder dabei gewinnen, ſowohl hinſichtlic< ihres Be-
tragens, als au< an nüßlichen Kenntniſſen und Geſchi>-
li<feiten , die den nachherigen Schulunterricht ſo ſehr er-
leichtern würden.
'Zu einer ſol<en Kleinkinderanſtalt iſt erforderlich
1, bhinlängliher Naum für die in der Wemeinde vorhan-
denen, no< nicht ſchulpflichtigen Kinder, die ſi< frei be-
wegen und allerlei Arten nüßliher Spiele treiben ſollen,
Da in den Landſchulgebäuden ein zu dieſem Zwee nöthi-
ges Zimmer meiſtens fehlt, ſo wäre ein ſolc<es etwa auf
Koſen der betreffenden Gemeindekaſſe zu miethen. Was
die Lage dieſes Locals betrifft, ſo ſoli dieſelbe eine tro>ene,
ſonnige , luftige ſein. Dur< Anlegung von Ventilatoren
werde für angemeſſene Lüftung und Vermeidung ſchädlichen
Zuges geſorgt. Auch ſehe man darauf, daß ein ſol<es
Local nicht zu dicht von Bäumen und Gebüſchen umgeben
iſt, weil hierdurch der Zugang der Sonnenſtrahlen und der
freie Lichtwechſel gehindert und die natürliche Feuchtigfeit
des Bodens vermehrt wird. Dasſelbe enthalte keine Ge
genſtände , die von Kindern beſchädigt werden , oder an wel-
<hen ſich Kinder beſchädigen können.
Dagegen müßte
II. in geeigneten Behältern ein reicher Vorrath nüßli-
<her Spielwerkzeuge und anderer Unterhaltungsmittel ge-
ſammelt werden, um ſo mehr, da dieſer Ort ausſchließlich
für die Beſchäfftigung kleiner Kinder beſtimmt iſt,
Zu dieſen Vorräthen gehört ein Spielmagazin, d.h,
eine Sammlung vieler Kleinigkeiten , die den Kindern zur
angenehmen Unterhaltang und Beſchäfftigung dienen. Man
überläßt dieſe Spielſachen den Kindern zum freien Ge-
brau<e. Doc kann die Wärterin, ſobald ſie ſicht, daß
der Erfindungsgeiſt der Kinder erſ<öpft iſt, Anleitung zu
weiteren Spielen geben. Die Fröbel'ſche Methode in Be-
zug auf Beſchäfftigung der Kinder verfehlt deßhalb ihren
Zwe, weil naß ihr die ſv wohlthätige Spontaneität völ»
lig unterdrückt und nach. ihr die kleine Kinderwelt durch
ein fortwährendes Anhalten zum Spielen und Singen er-
ſchlaft wird. Findet man noc< gar Anſtalten , in welchen
die Kinder täglich fe<s Stunden mit Abzug einiger Erho-
lungsminuten in engen Zimmern bis zum Sc<weiß gedrängt
und getrieben werden und die in Folge der Bewegungen
entſtehenden Staubwolken einathmen müſſen, ſo ſind das