Full text: Bodenreform - 45.1934 (45)

 
weiß na<h-Hauſe zu tragen. DoH hatte i< no<h gar nicht 
lange geſchrieben, als ſhon zwei Saalordner auf mich 
zutraten: „Haben Sie einen Preſſeausweis?“ Das 
mußte ich leider verneinen und da bekam ich zu meiner 
Ueberraſhung die ſtrenge Anweijung, jojort mit meinen 
Aufſhreibungen aufzuhören. Auf meine Frage nach 
dem Grund Dde23 Verbots erhielt ih die merkwürdige Ants= 
wort: „Wir haben e38 ſchon öiier erlebt, daß unbzſute 
Sc<hreibmenſ<en eine ganz verdrehte Darſtellung unſerer 
Züele in die Preſſe brachten; dem wollen wir vorbeugen!“ 
Am nächſten Tage traf ih mit Rudolf Heß wieder in der 
Univerſität zuſammen. I< erzählte ihm lachend mein 
Abenteuer von der Gottifried=-Feder-Berſammlung und 
äußerte auch mein Befremden über die mir zuteil gewor= 
Dene Behandlung. Rudolf Heß wiegte bedauernd den 
Kopf und meinte: „Ia freilich, unſere Bewegung hat von 
böſen Berichterſtattern ſhon manches Ueble erfahren -- 
darum dieſe Vorſicht! Aber, Menſ<, warum haben Sie 
niht gleich nam mir gerufen? I< hätte Ihnen ſofort 
die Erlaubnis zum unbekümmerten Mitſchreiben ver- 
ſHafft!“ Da ging mir ein Licht auf über die bedeutjame 
Stellung, welhe Rudolf Heß damals ſchon innerhalb der 
Partei beſaß. 
Zuletzt jei noh eines Erlebniſjes gedacht, welches un= 
ſerem Rudolf Heß Gelegenheit bot, jeine gewinnende 
Ritterlichkeit zu bekunden. 
ES war in einer Borlejung des von uns beiden 
außerordentlich verehrten Univerſitätsproſeſjors General 
SauShofer. HauShofer las in diejem Semeſter über 
„Geopolitik des Paciſiſ<en Ozeans“. Bei der Darſtellung 
der räumlichen Enge in Japan und des großen japaniſchen 
BevölkerungSwahstums kam HausShofer au<g auf die 
Veſtrebungen Des aſiatiſc<en Inſelreiches zur Heimſtätten= 
bildung zu ſprechen und -- indem er die Shwigrigkeiten 
dieſer Beſtrebungen zeichnen wollte, entſ<lüpſte ihm ein 
Hinweis auf die Damaſc<hkeſ<he deutſ<h2 Heimſtättenbewe= 
gung. Dieſer Hinweis konnte von den Hörern jo auſ= 
gefaßt werden, als ob Damaſ<hke die Grenzen des jür 
Deutſhland Möglichen überſehe und für ſeine Ziele 
auch keine ErfolgSauSſichten beſtünden. I< glaubte nicht 
re<t gehört zu haben, fand: aber erſt nach einigen Tagen 
Gelegenheit, mich mit Rudolf? Heß über die HauShofer'- 
ſ<en Darlegungen auszuſprehen. Heß erklärte mir, er ſei 
genau ſo peinlich berührt geweſen wie ich, habe aber -- 
er ſtand: in enger Arbeit8gemeinſ<aft mit Profeſſor Haus=- 
hoier -- no<4 am gleichen Tage mit dem verehrien Lehrer 
eine AusSſprache gepflogen, habe ſich dabei als überzeug= 
ten Damaſ<keanhänger befannt und dann erfah= 
ren, daß die bewußte Yeußerung gar nicht in dem Sinne 
gemeint war, wie wir fie im Fluſſe des Borirages auſge= 
jaßt hatten. Rudolf H2ß wiet mir, in gleicher Weiſe eine 
Rückſprache mit Brof. HauSshofer zu ſuchen. Das tat 
ich dann auc< ungeſäumt und erlebte die herzliche Freude, 
Daß HauShofer nicht nur mir perſönlich ſeine große Hoch- 
achtung vor Damaſc<kes , LebenSarbeit zum AusSdruc 
brachte, jondern auh bei. Beginn der nächſten Vorleſung 
vor der geſamten Hörerſchaft bedauerte, daß er neulich 
ſeine Aeußerung über die Damaſchkeſche Heimſtättenbewe= 
gung ſo mißverſtändlich gefaßt habe. Ueber die undbe= 
dingte Notwendigkeit deutſcher Heimſtättenbildung äußerte 
er jich in durchaus zuſtimmender Weiſe. | 
Nun ſind elf Jahr2 ſeit dieſer Siudentenzeit ver= 
FtriGen. Aus dem ſchiichten Kriegsleutnant, dem beſchei- 
-Denen Studenien Rudol? Heß wurd2 der weithin bewuns= 
derte Stellvertreter des Führers, wurde ein Mann, auf 
den die ganze Welt ſ<aut und der in ſeinen Kund= 
gebungen die ganze Welt aufhorhen läßt. Mir iſt es 
eine beſondere perſönliche Freude, zu wiſſen, daß er ſich 
ſ<on in den Kriegsjahren und dann in der gemeinjamen 
Studentenzeit ſo ritterlich für den wahrhaft nationalen 
und: ſozialen Gedanken der deutſchen Heimſtättenbildung 
eingejezt hai, für einen Gedanken, den der Führer mit 
folgenden Worten al8 Mahnruf vor ſein heißgeliebtes 
deutſches Bolk ſtellt: „Haltet das Reich nie ſür geſichert, 
wenn 23 nicht auf Jahrhunderte hinaus jedem Sproſſen 
unſere3 Volke3 ſein eigene8 StüF Boden zu geben ver= 
mag. Vergeßt nie, daß da3 heiligſte Recht auf dieſer 
Welt das Recht auf die Erde iſt, die man ſelbſt bebauen 
will, und da3 heiligſte Opfer das Blut, das man für dieſe 
Erde vergießt“. („Wein Kampf“, Bd. 2, S. 754.) - 
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Der Ruf zur Solle 
im deutſchen Buch der verfloſſenen Jahre. 
Von Kamerad Fritz S<midt, Dortmund. - 
Kameraden! Die Papierflut der neuen Zeit ijt be= 
ängſtigend, denn es iſt eine große Flut. Gefährlicher 
aber wurde fie dadur<h, daß ſie eine Sündflut war. Was 
haben Zeitungen, Zeitichriftten und Bücher alles über uns 
ausgeihüttet. Die Schreiber und Dichter haben es 
ihlimm getrieben. 
ES iſt aber unehrlich und unrecht, ſich ſelbſt jo einfach 
und leicht der eigenen Schuld entledigen zu wollen. Das 
Buch- und Scrifttum der vergangenen Zeitipanne hat 
auh viel Gutes gebracht. Eine gewaltige Prophetie hat 
ſim an uns gewandt; aber zu wenige haben einen Sinn, 
einen inneren Empfang dafür gehabt. DaS zeigt eine 
Umichau nach dem „Ruf zur Scholle“ im Shrifttum der 
verflojjenen Zeit. 
Wer heute die große Bedeutung gerade Ddiejes Nots= 
rufes recht jehen und würdigen lernen will, der muß 
BVerſäumte8 nachholen. Wir wollen darum in Kürze 
einen Gang dur<h das Buchtum machen, das ſeit langer 
Zeit die verhängnisvolle Entwurzelung und ihr beängs= 
jſtigende3s Fortſchreiten zur Verſtädterung aufgezeigt hat. 
Shon Walther von der Bogelweide jubelte 
und lebte. neu au", al38 er ein eigenes Lehen und eine 
Heimſtatt erhielt. 
„Gen Oſtland wollen wär reiten, gen Oſtland wollen 
wir ziehn“ fangen die Landſucher im Mittelalter, ver= 
ließen Ho? und Heimat, weil jie als Landloſe eigentlich 
Feine Heimat hatten. -- 
Sciiller läßt im Tell jagen: „Hier ſind die ſtarken 
Wurzeln Deiner Kraft . . .“ und an anderer Stelle: 
„Daß der Menti< zum Menſc<hen werde, jtiſt' er einen 
ew'gen Bund, gläubig mit der frommen Erde, jeinem 
mütterlichen Grund.“ 
Der alte Goetihe, als er im Fauſt vergebens nach 
allen denkbaren Quellen der LebensSerneuerung gejucht 
hat, fehrt er zurü& zur S<olle und jubelt geradezu: 
„EolHh ein Gewimmel möcht ich jeh'n, auf jreiem 
Grund mit freiem Bolke ſteh'n.“ 
Wer Stein's und F. M. Arndt's Lebenswerk kennt, 
wird wiſſen, wie. ſie den eigenen Grund und Boden als 
Leben3quell von Menſ< und Bolk ehrten. 
Fritz Reuter ſchrieb ein kleines Werk „Kein Hüjung“. 
Ih kenne keine ergreifendere Shilderung des eingebo= 
renen Sehnen8 nach Heimatiſ<holle, das nicht betäubt 
werden kann, folange der ganze Kerl no< geſunde Säfte 
im Geäder hat. Alle3 wird: eingeſetzt, bis er auf eignem 
Grunde ſteht. Merkwürdiger Weiſe kennen viele 
deutiche Verleger, Literaten und Leſer, die Schulen nicht 
zu vergeiſen, gerade dieſes „mit dem eigenen LebenSblut“ 
geſHriebene Werkhen Friß Reuters nicht. Sage mir 
einer heute einen mannhafteren Satz als diejen aus 
„Zein Hüſjung“: | 
„Dit's unſ! = Unf' eigen Hännenwark, 
De Arbeit i8s unſ' Mark un TSeitken.“ 
Auch Gleihen-Rußwurm würdigt in „Sci&ijal der 
Bölker“ die ewige Einheit von Bolk und Heimatland. -- 
Zu allen Zeiten haben trozdem die Völker dieſe Einheit 
zerſtört, wenn der Eigennuß im Bolksleben und. StaatS= 
geießz über den Gemeinnuß ſiegte. Ganz überwältigend iſt 
ein Bli in den Kampf hinein, den dann Einzelne und 
Gruppen aus dem heiligen Inſtinkt heraus gegen jene 
dunklen Mächte der Entwurzelung und des Unterganges 
führten. Man leſe dazu Peter Roſeggers Schi>falsbuh 
an das deutſche Volk, „Jakob der Letzte“. Auc< Sko»s= 
wronek3 Buch „Der Kampf um die Scholle“. 
Die aufblühende Induſtrie und Technik ſchaltete ſich 
in dieſen Vernichtung8gang ein. O, warum laſen die 
Deutichen nicht, laſen niht mit dem Herzen, das den 
Willen antreibt, „Felix Notifeſt“ von Chriſtoph Heer, 
der die Verächtlichkeit des Satze3 „Wejſſ' Brot ich eiſſ', 
deiſ? Lied ich ſing“ im heiligen Leuchten der S<ollen= 
treue zeigt. . | 
Später f<Hrieb Knut Hamſun um der gleichen Idee 
willen „Segen der Erde“. . | 
Klara Viebig 'gab un38 „Eine Handvoll Erde“, worin 
Spekulation und Verſtädterung über Scollenjehnſucht 
und natürliches Leben jiegen. | 
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