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„Gottfried-Keller-Medaille“, die dem Dichter zum ſiebzigſten Ge-
burt3tag geſchenkt wurde. Auc< die Züricher Zeit war für
Bölin reich. Seine unerſ<Höpfliche Phantaſie und die ungebrochene
Tatkraft, denen auc das herannahende Alter und mancherlei
Krankheits8beſchwerden nic<t3 anhaben konnten, förderten immer
wieder neue Werke an3 Licht, darunter wahre Perlen Bölinſcher
Kunſt, wie die Darſtellung der vier LebenSalter („Vita 80muium
breve“, da3 Leben iſt ein kurzer Traum).
Im Jahr 1895 zog Bödlin in ſeine ſchöne Villa zu San Dome-
mco bei Fieſole, in der Nähe von Florenz, wo er ſeinen LebenZ-
abend verbrachte, bi3 faſt in ſeine lezten Tage hinein ſc<haffend und
ſeiner Kunſt lebend, nicht ſ<wächer, ſondern immer ſtärker wer-
dend. Sein leßte38 Bild, die „Peſt“, übertrifft an Kühnheit und
Farbigkeit viele der früheren Werke. Im Januar 1901 - ſtarb
Arnold Bödlin, beklagt von allen Freunden der Kunſt,
- Ein reiches und inhalt5volles Leben lag hinter ihm, aber auch
eine3 voller Mühe und voll heißen Ringens. Böcklin hat bei ſeinen
Bildern über dem „Wa8“ nie das „Wie“ vergeſſen. Sein ſtete3
- koſtbaren Zeit.
Streben war e8, die Technik bis zur Vollendung zu pflegen, und
dem Studium der Farben widmete er einen großen Teil ſeiner
Alte Bilder unterſuchte er auf die Zufjammen-
ſezung ihrer Farben und probierte ſelbſt unermüdlich neue
Methoden, ſeme reinen Farben anzurühren. Präparierte Far-
ben verſ<hmähend, rieb er ſich die ſeinen ſelbſt an, wobei er immer
wieder neue Bindemittel verſuchte (Bindemittel ſind Oel, Eiweiß,
Leim, Harz uſw., womit der zu Pulver geriebene Farbſtoff ver-
- rührt wird). Fand Bödlin in alten Aufzeichnungen ſolche Rezepte,
- Die faſt alle von einer auffallenden, üppigen Schönheit ſind.
den ſie ſehr früh alt.) Aber was ſind das troß ihrer Häßlichfeit für
ſo probierte er ſie ſogleich eifrig. Sein Beſtreben war es, die Tech-
nik ſeiner Bilder gediegen, dauerhaft und die Farben in reinſter
Leuchtkraft zu geſtalten. So verwendete er auch auf den Unter-
grund, die Leinwand, die größte Sorgfalt, imdem er ſie auf mehr-
fach zuſammengeſeßte Holztafeln aus Mahagoni befeſtigte und
dann mit Kreide und Gips überſtrich, worauf die Fläche mit Bims-
ſtein geſchliffen wurde. Sein Freund Guſtav Floerke ſagt bezeich-
nend: „Es ſte>t no ein Stü> alter Künſtlerſchaft in ihm, die noh
etwas gelernt und erfahren haben mußte und den goldenen Boden
jelbſterworbener Technik ho<achtete.“ -
Zu Böklins beſonderen Eigenſchaften gehörte eine ausge-
ſprochene Beobachtung8gabe und ein ſcharfer. Bli, dem ſo leicht
nicht8 in der Natur entging. Stundenlang konnte der Maler ſo
im Freien an einer Stelle ſien und die Natur förmlich in ſich auf-
ſaugen. Den Vogelflug 3. B. ſtudierte er mit der größten Gründ-
lichkeit, und feine ſich hierauf ſtüßenden Verſuche im Luftſchiff-
fahrt3problem, mit dem er ſich eine Zeitlang eifrig beſchäftigte,
fanden die Zuſtimmung der Fachleute. Ehe Bödlin ein. Bild zu
malen begann, hatte er es im Kopf ſchon ausgearbeitet; die gedank-
liche Arbeit. ging immer der techniſchen voraus. So hat er wenig
ifizziert und nicht nac< der Natur direkt gemalt. Er nahm eben
die Natur in ſich auf und ſchuf dann aus ſich) heraus, Sein fabel-
haftes Gedächtnis, welches Dinge, .die e3 einmal aufgenommen
hatte, nicht wieder verlor, toar ihm dabei von großem Wert. Zu
diefen natürlichen Gaben kam ſeine ſtrenge Selbſtzuc<t. Die Art
3. B., wie er mit „Gegenſätzen“ arbeitete, wie er hell neben dunkel
jeßte, wie er, Miſchtöne vermeidend, ſeine reinen Farben neben-
einander fügte, all dieſes iſt das Ergebnis eindringlichen und un-
ermüdlihen Studiums. So iſt Bödlins gewiſſenhafte Arbeits-
weiſe geradezu vorbildlich geworden, ebenſo wie ſeine Art, ſein
Künſtlertum hochzuhalten und, unbeirrt durc< das Geſchrei der
Gegner, dem als richtig erkannten Weg zu folgen.
ir
In der Ukraina.
ID weiß ſelbſt nicht mehr, wie es fam: auf cinmal ſaß ich mit den
Dreien am Tiſch und mußte erzählen. Von Deutſchland. Wie faſt
alle Juden im Oſten, ſprachen ſie gut Deutſch. Und ihre Fragen
nach den Zuſtänden bei un3 wollten kein Ende nehmen. Ganz beſonder38
intereſſierten ſie natürlich die Verhältniſſe ihrer Glaubens8genoſſen. Und.
e3 war ergößlich, daß ſie ſic<. nicht die geringſten Vorſtellungen machen
konnten, wie weit die Juden ſich bei uns aſſimiliert, d.h. ſich den deut-
EN oder vielmehr weſteuropäiſchen Sitten und Bräuchen angepaßt
aben. -
Daß bei uns der Jude wie andere Europäer „kurz“, d. h. nicht in
langem Kaftan geht, daß er einen Hut trägt, daß er keine „Paijes“ --
die bekannten Lo>en an den Schläfen -- mehr kennt, all das erſchien
ihnen gleicß wunderfam, Aber al3 ich ihnen ſagte, daß ſelbſt die
Rabbiner davon keine Auanahme macen, da kamen ſie aus dem Kopfs
ſchütteln gar nicht mehr heraus. Nn
Dabei hatte ich Muße, mir die Männer zu betrachten. Sie ſind
hager und häßlich. Im Gegenſaß zu ihren kleineren, molligen Frauen,
(Nur wer-
prächtige Köpfe! Jeden einzelnen möhte man malen. Soviel ſprechen-
des Leben liegt in ihren Geſichtern. Da iſt nichts von geiſtiger Träg-
beit zu entde&en, wie auf den Puppengeſichtern ihrer Frauen.
Nur in einem ähneln ſic< die Geſchlechter: in ihrer grenzenloſen
Unreinlichfeit. .
Wieviel ſauberer und anziehender wirken dagegen die Ukrainer!
Männer und Frauen meiſt groß und ſtattlich, blondhaarig, blauäugig.
Man glaubt die Kerngeſtalten der norddeutſchen Tiefebene vor ſich zu
haben.
Gin. kleines Erlebnis ſteht mir vor Augen.
Wie überall hinter unſerer Front in Feinde38land- haben unſere
Aerzte und Sanität3zmannſchaften auch in der Ukraina die kranken
Ziviliſten mit in Behandlung.
Eine3 Abends werde ich zu einem kleinen Mädelchen gerufen. Es
iſt ein ſchwöchliches Ding. Etwa eif Jahre alt. Darmkrank. Ueber
40 Grad Fieber. Obgleich die Verſtändigung ſchwierig iſt -- die Leute
ſprechen kein Wort Deutſch und nur wenig Polniſch, ich dagegen kein
Wort Rutheniſch, und meine polniſchen Kenatniſſe laſſen ſehr zu
wünſchen übrig --, werde ich gut mit ihnen fertig.
Am nächſten Tag geht es dem Mädel bereits ein wenig beſſer. Aber
nun fommt die Schwierigkeit: I< muß etwas wiſſen, wovon man ſonſt
in guter Geſellſchaft nicht redet. Worüber höchſtens bei Kindern und
jungen Hunden, die n9<h nicht ganz ſtubenrein ſind, geſprochen werden
darf. Etwas, das aber gerade bei ſolchen Krankheiten unendlich wichtig
iſt. Meine polniſchen Kenntniſſe verſagen. Mein „Soldaten-Wörter-
buch“ läßt mich ebenfalls im Stich. (Soldaten pflegen nach dergleichen
Dingen nicht erſt lang zu fragen.) Wa3 tun? Hilflos ſehe ich mich um.
Da kommt mir ein Gedanke!
Ic<h winke den vier hoffnung3volſen Sprößlingen = zehn- bis fünf-
zehnjährigen Burſchen -- und im Gänfſemarſc<h geht es auf den Hof
hinaus. Natürlich: von einer Latrine oder etwas Aehnlichem iſt nichts
zu entdeden! . .
Die Jungens umſtehen mich im Krei3 und harren der kommenden
Dinge mit offenem Munde, Und ich? -- I< knöpfe mir langſam meine
-=- Unausſprechlichen auf . . . .
Endlich begreifen ſie, was ich will. Und triumphierend führen ſie -
mich an den gewünſchten Plaß. Es dauert aber noch eine ganze Weile,
bis ich ihnen begreiflich machen kann, daß nicht ich dorthin will! Endlich,
wie ich mit der einen Hand den Aelteſten bei der Bruſt packe und un-
zählige Male auf Polniſch „deine Schweſter!“ wiederholte, während ich
mit der anderen Hand krampfhaft auf den bewußten Ort zeige, ſangen
ſie an, zu begreifen, daß ihre Schweſter in Verbindung mit jenem Ort
„gemeint ſei. Das Uebrige war dann nur noch ein Kinderſpiel.
Nie aber werde ich das Bild vergeſſen, wie ich mitten im Hof ſtehe,
mit offener Bux, um mich die Jungens mit ihren verwunderten Ge=
fichtern; über die endlich ein verſtändniSvolles Lächeln zieht.
* KurtHeilbut.
7
Menſc<heitsbücher.
Das Feuer.
n Stunden de3 Nachdenkens offenbaren ſich dem Geiſt die tieferen
Wirkungen, dieſe3 Krieges, Und wir ſtehen erſtaunt, lauſchen dem
ahnenden Zittern der Seele und vernehmen ein Klingen, in dem
die Zukunft zu uns ſpricht. Die Zukunft der Welt, der Menſchheit. . . .
Wir alle, die wir noch jung ſind, ſind reifer geworden in dieſer Krieg3-
zeit, durch da3 entſekliche, laſtende Schiſal. Aber geſtehen wix e3 uns
offen: es iſt eine Not-Reife, Unſere Seele vegetiert mühham; der Dru>
eine3 ehernen, no< unüberwindlichen Schickſals preßt auf unſere ſehn
ſucht3vollen Herzen, daß wir nicht mehr befreiend-fröhlich lachen können.
Wire alle ſind ernſter geworden, und mit Wehmut ſehe ich den herben
Zug um den Mund ſo manches friſchen Mädchens und Jungen. Es iſt
der Stempel dieſer Zeit, dieſer vier Jahre! Und ich ſehe weiter ſo
manche ſtumme Frage in den Augen: was nüßt alle3 Kämpfen? Es
fommt, wie e8 fommen ſoll; wir werden ja do< überrannt!
Jugendgenoſſen, wißt ihr auch, daß ſolches Denken Frevel iſt?
. Seit deim Augenblie, da die Entwieklung 3 ur Menſchheit abge-
ſchloſſen war, datiert die Entwieklung3geſchichte d ex Menſc<heit. Und
dieſe Entwieklung iſt weitergegangen durc< die Jahrtauſende bis heute, .
ſie ruhte nie -- weder in den mörderiſchen NeligionSkriegen, noch in der
anſcheinenden Stillſtand3periode des Mittelalter3, noch in dieſem welt»
zerwühlenden Morden, -- niemals! | | |
Wa3 für Menſchen haben in dieſen Zeiten gelebt! Ganz wahllos
ſeien ein paar Namen genannt: Homer und Plato, Chriſtus, Huß,
Luther, More, Schiller -und Goethe, Kant, Marz und Engels, Tolſtoi =-
Angehörige aller Nationen und Länder. Kulturträger, Kulturbringer
der eine iwie der andere, mochte auch ihre Sprache, ihre „Weltanſchauung“
verſchieden fein. Denn ſie ſtimmten in dem einen, dem weſentlichſten
Punkt überein: die Menſchen zu Menſchen zu machen, .