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beſonderen volkswirtſc<aftlihen Kurſen geſchult. Vor allem aber
ſoll auf der Arbeitsſtelle ein Shuß- und Trußbündni3 zwi-
ichen Jüngling3vereinlern und <hriſtlichen Gewerkſchaftlern ge-
ſchloſſen werden. Man will dem Einfluß der älteren ſozialdemo-
fratiſchey Arbeiter auf die Jugend entgegenarbeiten.
In diejem Wettbewerb um die gewerkſchaftliche Organiſierun
unjerer jungen Arbeiter und Arbeiterinnen muß ſic< die Freie
Jugend, die doch einen Vortrupp der Arbeiterjugend bilden will,
beſonder3 auszeichnen. Jugendlich ungeſtüm, iſt mancher von uns
nicht zufrieden mit dem, was die „Alten“ bisher geleiſtet haben.
Er ſteht nur die Unvollkommenheit der beſtehenden Organiſationen,
verkennt aber die gewaltige Arbeit, die nötig war, um innerhal9
weniger Jahrzehnte auch nur dieſe3 Ziel zu erreichen. Lege darum
jeder und jede ſelber Hand ans Werk! Mit großen Worten und
mit kleinlichem Nörgeln iſt nicht8 getan. Der Klaſſenkampf, den
ſo viele gern im Munde führen, iſt keine Phraſe, ſondern harte
Wirklichkeit; es iſt der Widerſtreit zwiſchen kapitaliſtiſchen und Ar-
beiterintereſſen. Auf jeder Seite entſcheidet die größere oder ge-
ringere Macht, die im Kampf eingeſcht werden kann. Die Macht
der Arbeiterklaſſe aber ſind ihre feſtgefügten Maſſenorganiſationen.
Je einheitlicher die Gewerkſchaften find und je mehr von den
Klaſſengenoſſen ſie umſchließen, deſto wirkſamer können fie ſich
für die Arbeiter einſetzen. .
Die Arbeiter im ManneZSalter ſtehen in ihrex Mehrheit unter
ven Waffen. Um ſo notwendiger iſt der Zuſtrom unſerer Jugend
zu den Gewerkſchaften. Mag ſein, daß jeder, der dies lieſt, ſchon
gewerkſchaftlich organiſiert iſt. Doch genügt dies nicht. Solange
noch einer im Freundeskreiſe oder in der „Bude“ den Gewerkſchaften
jernſteht, muß überzeugt und geworben werden, oo
W. Sollmann.
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Nactllied.
Quellende, ſchwellende Nacht,
Voll von Lichtern und Sternen:
In den ewigen Fernen,
Sage, was iſt da erwacht!
Herz in der Bruſt wird beengt,
Steigendes, neigendes Leben,
Rieſenhaft fühle ich's weben,
- Welches das meine verdrängt.
Schlaf, da nahſt du dich leis,
- Wie dem Kinde die Amme,
Und um die dürftige Flamme
Ziehſt du den ſchüßenden Kreis. <
Friedrich Hebbel.
Arbeiter-Jugend | -
Franz Mehrings Marx-Biogrophie.
u Marxens8 hundertſtem Geburt8tag hat die ruſſiſche Sowjet-
regierung den Grundſtein zu einem Ständbild von Marx
gelegt und eine Straße nach jeinem Namen genannt, Deutſch-
land hat dieſes Buch*) geſtiftet. Auch abgeſehen von der Unſicher-
heit aller ruſſiſchen Dinge, iſt von vornherein gar kein Zweifel
geſtattet, welches Denkmal dauerhafter ſein wird, jenes Marmor- oder
Erzbild der Ruſſen, oder dieſes Buch de3 Deutſchen. „Marx wird
zu allererſt in jeinen Werken leben,“ ſagt ihr. In der Tat =-,
aber das „Kapital“ beiſpiel3weiſe iſt ja nicht, wie etwa der Fauſt
oder die Vernunftkritik, eine Geiſte8tat, durc< die ſich ein jc<öpfe-
riſcher Wille in den Grenzen, die er ſich ſelbſt geſte>t, reſtlos aU8-
wirkt --, das „Kapital“ iſt die Loſung einer neuen Welt, dic ſich in
ſeinen Säßen ankündigt, iſt dieſe Welt ſelber, die ſich im Reich der
Jdeon durchſeßt, ehe ſie in der Wirklichkeit Geſtalt gewinnt. Ein
Werk, das ſo weit über ſid) ſelbſt und ſeinen unmittelbaren Inhalt
hinausweiſt, bedarf in ganz anderem Sinn als jene dunklen Bücher
Goethe38 oder Kant3 der Deuter und Ausleger, bedarf eines voll-
ſtändigen Generalſtabs von kongenialen Mitarbeitern, die ieinen
Gehalt ausſhöpfen und damit zugleich die Armeen für den Er-
oberungszug ſeiner Jdeen werben und einexerzieren. Marx war
ja auch nicht bkoß der Begründer des wiſſenſchaftlichen Soziali3mus,
der Voraus8denker der kommenden Welt- und Geſellſchafts5ordnung,
er war in Perſon ſchon der Feldherr ſeines Welteroberungs-
gedanken8. Und wenn er auch nicht die Leiber von Millionen in3
JFouer gejagt hat: auch ſeine Heere, die unabſehbaren Scharen,
deren Wille und Geiſt er in Bewegung jekt, find nur nach den
unerhörten Au8maßen dieſes Weltkriegs abzuſchäßen.
Aber auch in ganz wörtlichem Sinn hat Marx Geſchichte ge-
macht und unmittelbar in das Weltgeſchehen eingegriffen, als
Organiſator der erſten Bataillone jener auf ſeine Parole ein-
geſc<hworenen Arbeiterheere. Der Mann der Geſchichte aber bedarf -
des Hiſtoriker8, der ſeine Taten kündet. Jſoliert ſteht ja kein
Menſch im Fluſſe des Geſchehens, und rage er noch jo hoh in ſeiner -
Zeit. Seine Leiſtung iſt die Wirkung von Urſachen und weiſt als
jolche in die Vergangenheit, und ſie iſt ihrerſeits die Urjache von
Wirkungen, die ſich in die Zukunft fortſezen. Der Hiſtoriker hat
ihr nach beiden Seiten hin nachzugehen. Einer Perjönlichkeit wie
Marx gegenüber, deren Weſen zugleich in der Welt des Gedankens
und in der Wirklichkeit des Geſchehens wurzelt, hat der Hiſtoriker
dazu noch dieſe Aufgabe zweifach zu leiſten: er hat ſie in den
geiſtigen und hat ſie in den politiſchen Zuſammenhängen an die
richtige Stelle zu rücken. Der Hiſtoriker von Marx muß alſo in der
Geiſte8sgeſchichte wie in der politiſchen Geſchichte ſeiner Zeit Be-
jicheid wiſſen.
Daß unter den heute lebenden Parteiſchriftſtellern allein
Franz Mehring die Vorbedingungen dieſer Aufgabe erfüllt,
ZN
*) Karl Marx. Geſchichte ſeines Leiben8. Von Franz Mehring. Leip-
zig 1918, Leipziger Buchdruckerei A.-G, 544 S. Preis broſch. 8 Mk.,
geb. 10 Mf, .
Bie ich Sozialdemokrat wurde.
- Jugenderinnerungen von R. Kempkens,
nter Wewiſſenznöten hatte ich mich von dem mir zu Hauſe an-
erzogenen und in der Schule mir weiter eingeflößten Kirchen-
glauben freigemacht, Es waren Seelenkämpfe, wie ſie wohl nur
der in der Welt des Katholizisumus Aufgewachſene nachempfinden kann,
Dex Proteſtanti8mus hat ſeine Leute nicht ſo hypnotiſch in dex Gewalt,
Meinen Kampf um die Weltanſchauung nach der religiöſen Seite habe
icq in einer früheren Nummer der „Arbeiter-Jugend“ (Nr. 10 vom
18, Mai) geſchildert. Im Anſchluß daran gedachte ich zu erzählen, wie
ich Sozialdemokrat geworden bin,
„Geworden“ bin? Bin ich denn nicht immer ſchon Sozialiſt ge-
weſen? Kann der Proletarierſohn ander38 denken al38 ſozialiſtiſch; iſt
nicht der Sozialismus für ihn das Selbſtverſtändliche? Nun hab' ich'2:
Jh war niemals ein Gegner der Sozialdemokratie!
Es war dazumal nicht ſo einfach wie heute, zur Sozialdemokratie
zu fommen; denn was3 ich hier zu erzählen habe, beginnt in den beiden
Tebten Jahren des Sozgialiſtengeſeßes, alſo Ende der achtziger Jahre,
Gewiß wurde damals die Werbearbeit für unſere Gedankenwelt mit
heiligem Eifer von Mund zu Mund betrieben; auch Agitationsſchriften
gingen von Hand zu Hand. Aber alles mußte heimlich geſchehen, denn
die Paxtei ſtand unter dem Ausnahmegeſe8s, das jeden Zuſammenſchluß
unterſagte. Hinzukam, daß in der großen Eiſenbahnwagenfabrik, in
der ich Lehrling war, jeder Sozialdemokrat, der ſich als ſolcher bemerk=
bar machte, unweigerlich „gemaßregelt“ und ſein Entlaſſungsſchein mit
einem Kennzeichen verſehen wurde, das dem auf die Straße Ges
: worfenen alle anderen Betriebe des Kölner... Vegzirks verſchloß. Davon
. abgeſehen aber wurde ich, der kaum Sechzehnjährige, von den älteren
Genoſſen auch noch nicht al38 „reif“ befunden, um politiſch aufgeklärt
daß ich es ohne fremden Beiſtand angefertigt hätte,
zu werden. Verſammlungen waren durch das Schandgeſeßb verboten;
von den wenigen ſozialiſtiſchen. Wochenblättern kam mir keins zu Geſicht.
Was ich von der Sozialdemokratie wußte, ſtammte aus Bebel3 be-
rühmtem Buch „Die Frau in der Gegenwart, Vergangenheit und Zu-
Funft“, wie e3 damals hieß. . (Den heutigen Titel „Die Frau und der
Soziali8mus“ durfte es erſt nach dem Fall des Ausnahmegeſeßes führen.)
Jh las leidenſchaftlich gern. Jeder Groſchen „Sonntags8geld“ wurde
in Meters Volk8büchern und Reclams3 . Univerſalbibliothek angelegt.
I< kaufte mir nicht nur nach und nach eine große Reihe Klaſſiker-
händen, ſondern auch Fichte, Kant, Schopenhauer uſw. Wenn ich vieles
nicht verſtand, ſo betrachtete ich die Lektüre al8 „Gehirngymnaſtik“.
Zum Leſen benußte ich jede freie Minute, beſonders die Abende und
halben Nächte; körperliche Ermüdung blieb unbeachtet. Um an größere
Bücher heranzufommen, trat i< einem Leſeklub bei, mußte aber ents
de>en, daß ich in einen =- Vergnügungsverein hineingeraten war,
Ich war jedoch nicht ſchüchtern, ſondern verlangte, daß dem Statut ent-
ſprechend Bücher erworben und Vorleſungen mit anſchließender Aus-
ſprache veranſtaltet würden. Jc< brachte auch ſelber Leſeſtoff mit und
exbot midh), vorzuleſen. Darin hatte i< nämlich Uebung: war ich doch
im lebten Schuljahr derjenige, der in der Klemenskirche zu Mülheim
am Rhein allwöchentlich die ganze Schulmeſſe herunterbeten mußte. Aber
die Herren vertröſteten mich und wählten mich zur Beſchwichtigung
als Schriftführer. Als ich da3 erſte Protokoll verlas, bezweifelte man,
Ich hatte nämlich -
mit Hilfe meines kleinen Wörterbuchs (Preis 1 Mk.) allerlei fremd-
ſprachigen „Schmud“, wie „inhibieren“, „inopportun“ uſw, hineinver=-
wurſtet. Ueber derartige und verwandte Jugendeſeleien habe ich in
ſpäteren: Jahren immer herzlich lachen müſſen, wenn ſie mir in den
Sinn kamen. |
Der Lefeklub, der in Wirklichfeit keiner war, hielt jeden Sonntag