Full text: Arbeiter-Jugend - 15.1923 (15)

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Arbeiter-Jugend 
 
muniſtiſ<en Remſcheid übrigens ſchon gibt. 
Nach einem Vertreter der SPI. ſprach noc) 
ein Redner der kommuniſtiſchen Volkshocl- 
Ichule Remſcheid. Dieſer Kommuniſt kannte 
ſicher ſeine Pappenheimer, wenn er erklärte, 
die Jugend ſei von Herrn Kreß und ſeines» 
gleihen genug „gepieſa>t“ worden. Im 
ganzen betrachtet war die Kundgebung auch 
in Remſcheid für unſere Sache ein Erſolg. 
Die kommuniſtiſche Hochſlut wird hjier dank 
dem unerſchrodenen Wirken und dem zähen 
Ausharren unſerer Genoſſen Schritt um 
Schritt zurückgedrängt. Nicht zuletzt durc) 
die unfreiwillige Mithilfe ſolcher „Redner“ 
wie Kreß. 
Die hinter uns liegenden Kundgebungen 
haben nicht allein hohe ideelle Zwecke er- 
füllt, ſie haben auc) Säumige wieder auſ- 
gerüttelt und die in den vorderſten Reihen 
ſtehenden Jugendgenoſſen mit neuer Zuver- 
ſicht und neuen Hoffnungen erfüllt. Sie 
alle erfüllt die Erkenntnis: das Wichtigſte iſt 
im gegenwärtigen Augenbli> die ſchwer ge- 
fährdete Republik. Mit ihr ſind wir auf Ge- 
deih und Verderb verbunden. In der Inter- 
nationale aber verkörpert ſic) für uns 
Sozialiſten der Menſchheitsgedanke. In dem 
Bewußtſein, daß über die Grenzen der Re- 
publik hinaus ein breiter Weg zur Menſch» 
heit führt, befennt ſich die Arbeiterjugend 
an der Grenze des beſetzten Gebietes erneut 
zur ſozialiſtiſchen Internationale, von der ſie 
erhofft, daß es ihr recht bald gelingen möge, 
die ſchwer bedrü>ten Volksgenoſſen an Rhein 
und Ruhr einer beſſeren Zeit entgegenzus- 
führen. R, K. 
Unſer Mäd<hentag in Magdeburg. 
Aus Magdeburg wird uns geſdrieben: 
Einzelne unſerer Genoſſinnen trafen ſchon 
am Sonnabend (das Datum fehlt in dem Bez» 
richt. Red.) in unſerem bunten Magdeburg 
ein. Die Mehrzahl kam am Sonntag mit 
den Frühzügen an. Im Kloſterbergegarten 
wurde die Zeit bis zu Beginn unſerer 
Tagung mit Volkstänzen ausgefüllt, Um 
1544 Uhr eröffnete Jugendſekretär A, 
Meiſterfeld die Ausſprache und begrüßte 
die ungefähr 150 anweſenden Mädel. Ge- 
noſſſn PBakendorf, Zerbſt, die danach 
das Wort ergriff, erklärte, daß wir unſere 
Mädchen nicht zuſammengerufen haben, weil 
wir eine geſonderte Zuſammenkunft der 
Mädchen für notwendig halten, ſondern utn 
unſere Mädel mehr no< als bisher zur 
poſitiven Mitarbeit anzuregen. 
Hilve Oldenhauer hob ſodann in 
ihrem Referat „Unſere Stellung in der Be- 
wegung“ beſonders die Unterſchiede zwiſchen 
Der heutigen Erziehung unſerer Mädchen und 
 
 
einmal die 
ihrer früheren Ausbildung zu braven Haus» 
töchtercgen hervor, die nur die Aufgabe 
hatten, zu warten, bis ſie geheiratet wurden 
Die zgeutige wirtſchaftliche Not erfordere nun 
Berufstätigkeit der meiſten 
Frauen und Mädchen und infolgedeſſen auc 
ihre Teilnahme am öffentlichen Leben, Au 
zu uns kommen ja die Schulentlaſſenen mit . 
Träumen und Illuſionen vom „Wunder des 
neuen Lebens“, Da iſt es unſere Aufgabe, 
ſie aufzurütteln und ihnen zu ſagen, daß auch 
ſie fich ihren Platz im Leben erkämpfen 
müſſen. Wir wollen ſie. zu Sozialiſtinnen 
erziehen, und zwar ſo, da3Z ſie es für ihr 
ſpäteres Leben, aud) nad) ihrer etwaigen 
Berheiratung, bleiben. 
Die anſchließende Diskuſſion brachte An- 
regungen 1nd Vorſchläge verſchiedenſter Art, 
deren Für und Wider beſprochen wurde 
Frau Arning, Magdeburg, war Dafür, 
daß beſondere Mädchenabende, wie ſie ja in 
mandjen Orten beſtehen, nicht nur mit 
Handarbeiten ausgefüllt werden, ſondern daß 
wir Richtlinien für die Mädchen aufſtellen 
ſollen, damit ſie aktiver in der Bewegung. 
und für die Bewegung arbeiten können. 
Frau Juc<hacz, Berlin, behandelte ihr 
Thema „Zukünftige Aufgaben im neuen 
Staat“ ſehr anregend. Sie erinnerte an die 
Staatsbürgerpflichten, die wir Mädchen zu 
erfüllen hätten. GSelbſtverſtändlid) ſind dem 
Mädel da Schranken geſetzt, die für den 
Burſchen nicht vorhanden ſind. Erſtens durch 
die verſchiedenartige Erziehung der Jungen 
und Mädchen -- dieſe Unterſchiede wollen 
wir ja möglichſt ſchon in unſerer Jugend- 
bewegung beſeitigen. Zweitens aber durc 
unſere ſpäteren Pflichten als Hausfrauen 
und Mütter, die ja auc meiſt die weitere 
Berufstätigkeit unmöglich machen. Aber 
troßzdem ſoil die Frau mit ihrem Manne 
geiſtig Schritt halten. („Bebels Frau und 
ver Sozialismus.“) Ein kleiner Schritt iſt 
da ſchon erreicht, die Wahlberechtigung der 
Frau, aber wie weit iſt noc< der Weg, bis 
die Jrau wirklich durc< den Sozialismus be- 
freit iſt! Das Dürfen wir nicht vergeſſen, 
und wenn wir uns nicht von den kleinlichen 
Gvrgen des Alltags niederdrüc>en laſſen, ſind 
wir ſchon ein GStüd>c<hen weiter auf dem 
Wege zum „weiblichen Sozialismus“. Wir 
ſollen auch wiſſen, daß wir ein Recht auf 
Schönheit und Lebensfreude haben, aber wtr 
dürfen nicht die Arbeit an unſerer geiſtigen 
Ausbildung und unſere. Pflichten als Staats- 
bürger vergeſſen. So ſchulen wir uns in 
unſerer Jugendbewegung für die Putunit 
und für unſer ganzes Leben, --- Alſo geht 
an die Arbeit, Mädels! Eine jede an ihvem 
Plaßz! Lene Koine, 
 
Verantwortlich für die Redaktion: Karl Korn 
-“ Berlag: Arbeiterjugend- Verlag (Aug. Albrechi). 
Druc: Buchdru>erei Vorwärts --- Sämtlich in Berlin SW. 68, Lindenſtraße 3.
	        
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