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Pädagogische Werttheorie.
letzteren vom eigentlichen Wert, bei den ersteren hingegen besser von Wertigkeit
oder Rang oder dergleichen sprechen.
Gehen wir nun weiter, so bekommen wir sofort wieder zu tun mit dem
Streit philosophischer Meinungen und selbst mit den großen Gegensätzen der
Weltanschauung, die hier zu einer Wertanschauung wird. Sind
nicht alle Werte oder wenigstens alle Wertungen oder Bewertungen „relativ" ?
Gibt es keine „absoluten" Werte? Am ehesten werden letztere auf dem sitt
lichen Gebiete anerkannt, insofern seine Unterscheidungen als unbedingte
Verpflichtungen des Menschen betrachtet werden, während auf dem ästhetischen
und logischen Gebiet wenigstens eine solche Verpflichtung fehlt oder nur als
bedingt erscheint. — Wir lasten diese Frage offen und verweisen nur noch
darauf, daß das Logische in einer wohl allgemein anerkannten Weise als
gesichert gilt, nicht jedoch als eine solche pflichtgemäße Verbindlichkeit des
Menschen, wie ein solche im Ethischen liegt.
Mit dieser Frage nach absolutem und relativem Wert ist nicht zu ver
wechseln die nach objektivem und subjektivem Wert, nach objektiver
oder nur subjektiver Geltung der Werte. Ist etwas wertvoll, weil es diese
Beschaffenheit in sich selbst trägt, oder vielmehr nur, weil wir es so schätzen?
Ist Wert etwas für sich, oder ist es nur ein Erlebnis? Manche neueren
Behandlungen des Problems vom Wert haben ihn ganz oder wenigstens
verläßlicherweise nur als ein solches Erlebnis genommen, wohl infolge des
Aufschwunges der Psychologie und infolge einer Abneigung gegen alles, was
an Metaphysik erinnert.
Schließlich aber drängte sich eine Ueberwindung dieser Subjektivität und
dieses Psychologismus auf, zum Teil geradezu mit einem wunderlichen
Mühen nach einem Ausweg aus dieser Einseitigkeit. Zum mindesten dachte
man an einen Jdealmenschen, der das Maß der Werte geben müsse (stehe
unten S. 105 zu Kreibig 1912). Darüber hinaus wurde bereits auch eine
einigermaßen bündige Anerkennung einer Objektivität der Werte gewagt,
z. B. mit dem Nachdruck darauf, daß entscheidend nicht sein könne, ob wir
etwas schätzen, sondern ob es diese Schätzung verdient (siehe unten S. 105
zu v. Meinong 1910). Noch direktere Wege zu den objektiven Werten liegen
mehrfach in der Literatur vor. Für historisch Interessierte sei bemerkt, daß
damit einigermaßen der Gegensatz wieder aufgenommen ist, den griechische
Philosophen mit der Frage aufstellten, ob etwas von „Natur" aus oder aber
durch „Satzung" gelte.
Im vorigen sind bereits drei Gebiete von praktischen Werten (mit Ab
sehen von den theoretischen) angedeutet worden: das sittliche oder ethische,
das ästhetische und das logische Gebiet. Gewöhnlich werden sie durch die
drei „Ideale" des Guten, Schönen und Wahren gekennzeichnet. Und ihr
Grundbestand wird wohl auch durch erforderliche Kritiken nicht zu erschüttern
sein — am wenigsten der des Wahren insofern, als die seiner Gewinnung