Full text: Pharus - 6.1915, Halbjahrband 1 (6)

:: 98 
Pädagogische Werttheorie. 
letzteren vom eigentlichen Wert, bei den ersteren hingegen besser von Wertigkeit 
oder Rang oder dergleichen sprechen. 
Gehen wir nun weiter, so bekommen wir sofort wieder zu tun mit dem 
Streit philosophischer Meinungen und selbst mit den großen Gegensätzen der 
Weltanschauung, die hier zu einer Wertanschauung wird. Sind 
nicht alle Werte oder wenigstens alle Wertungen oder Bewertungen „relativ" ? 
Gibt es keine „absoluten" Werte? Am ehesten werden letztere auf dem sitt 
lichen Gebiete anerkannt, insofern seine Unterscheidungen als unbedingte 
Verpflichtungen des Menschen betrachtet werden, während auf dem ästhetischen 
und logischen Gebiet wenigstens eine solche Verpflichtung fehlt oder nur als 
bedingt erscheint. — Wir lasten diese Frage offen und verweisen nur noch 
darauf, daß das Logische in einer wohl allgemein anerkannten Weise als 
gesichert gilt, nicht jedoch als eine solche pflichtgemäße Verbindlichkeit des 
Menschen, wie ein solche im Ethischen liegt. 
Mit dieser Frage nach absolutem und relativem Wert ist nicht zu ver 
wechseln die nach objektivem und subjektivem Wert, nach objektiver 
oder nur subjektiver Geltung der Werte. Ist etwas wertvoll, weil es diese 
Beschaffenheit in sich selbst trägt, oder vielmehr nur, weil wir es so schätzen? 
Ist Wert etwas für sich, oder ist es nur ein Erlebnis? Manche neueren 
Behandlungen des Problems vom Wert haben ihn ganz oder wenigstens 
verläßlicherweise nur als ein solches Erlebnis genommen, wohl infolge des 
Aufschwunges der Psychologie und infolge einer Abneigung gegen alles, was 
an Metaphysik erinnert. 
Schließlich aber drängte sich eine Ueberwindung dieser Subjektivität und 
dieses Psychologismus auf, zum Teil geradezu mit einem wunderlichen 
Mühen nach einem Ausweg aus dieser Einseitigkeit. Zum mindesten dachte 
man an einen Jdealmenschen, der das Maß der Werte geben müsse (stehe 
unten S. 105 zu Kreibig 1912). Darüber hinaus wurde bereits auch eine 
einigermaßen bündige Anerkennung einer Objektivität der Werte gewagt, 
z. B. mit dem Nachdruck darauf, daß entscheidend nicht sein könne, ob wir 
etwas schätzen, sondern ob es diese Schätzung verdient (siehe unten S. 105 
zu v. Meinong 1910). Noch direktere Wege zu den objektiven Werten liegen 
mehrfach in der Literatur vor. Für historisch Interessierte sei bemerkt, daß 
damit einigermaßen der Gegensatz wieder aufgenommen ist, den griechische 
Philosophen mit der Frage aufstellten, ob etwas von „Natur" aus oder aber 
durch „Satzung" gelte. 
Im vorigen sind bereits drei Gebiete von praktischen Werten (mit Ab 
sehen von den theoretischen) angedeutet worden: das sittliche oder ethische, 
das ästhetische und das logische Gebiet. Gewöhnlich werden sie durch die 
drei „Ideale" des Guten, Schönen und Wahren gekennzeichnet. Und ihr 
Grundbestand wird wohl auch durch erforderliche Kritiken nicht zu erschüttern 
sein — am wenigsten der des Wahren insofern, als die seiner Gewinnung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.