262 Arbeiter-Jugend
Beſchauer iſt es, daß er die lebendige Kraft ſpürt, die hinter den Werken ſteht, die
Das Auge ſieht und betrachtet. -
Dann führe ich meine Freunde in die Stadt und zeige ihnen, wie der Wille
gleicher Art es iſt, der ſich hier ausſpricht, wo es „Neues“ zu geſtalten gibt. Ich
führe ſie in die Möndebergſtraße und zeige ihnen die Rürkſeite der Geſchäftshäuſer,
wie ſie vom Jakobikirc<hhof her zu erblicken ſind. Die ſchmukloſe Gliederung der
Bauwerke wird in der Straffheit der Struktur den bezwingenden Willen offenbar
machen, der die Straße als Verkehrsraum geſtaltet, weſensverwandt jenem Willen,
der die Jakobikirche einſt aufgetürmt hat. Ich werde in einzelne Kontorhäuſer ein-
treten und, beginnend mit dem Semperhaus, verdeutlichen, wie nach und nach mit
der Klarheit des Bauprogramms das Geſchäftshaus Form gewinnt =- vom Rappolt-
haus über das Klöpperhaus zum Chile= und Ballinhaus. Rathaus und Börſe
werden das Bild ergänzen. Und nicht zulezt werde ich Friß Schumachers Bauten,
beſonders das im Entſtehen begriffene Forum der Jugend auf dem Lübeertorfeld
mit jeinen verſchiedenartigen Schulbauten betrachten laſſen, um zu beweiſen, wie
das Leben der Jugend einbezogen iſt in den Willen des Städtebauers.. Der Stadt-
park müßte den Abſchluß bilden. | |
So wird der Augenſchein der Jugend das Erlebnis bringen, daß der Körper
einer Gtadt, eingewurzelt auf einem gegebenen Boden, mit dem Wachstum ſeine
Jorm und damit ſeine ſichtbare Erſcheinung wandelt, daß es aber ſteis geſtalteriſche
Kräfte, die durch den Willen zur Form gebunden ſind, ſein müſſen, die „dildend“
in die Wirklichkeit eingreifen.
Jetzt betreten wir die Kunſthalle, und zwar zuerſt die Abteilung, die als
„Antikenſammlung“ erſt neu eröffnet iſt. Es iſt der durch Gymnaſtik geformte
Körper, der von Künſtlerhand geſtaltet als das „Erbe“ eines freien Volkes in unſere
Zeit geſtellt wird. Jugend begreift es, was auf dem „Spiele“ ſteht, wenn der Wille
zur Form, das heißt zur Sieghaftigkeit der dem Körper eingelebten Kraft den
eigenen Körper angeht. So wird das, was die Kunſt verkörpert und beſeelt, als
iebendige Kraft in ihr wirkſam, indem es dem eigenen geſtalteriſchen Willen zu
tun gibt. Und jo möge ſie dann in die Sammlung der Bildniſſe treten, welche die
Kunſthalle bewahrt, und mit dem Auge zu entdecken verſuchen, daß es Formen und
Varven ſind, vie in ihrer „ſtummen“ Sprache die Seelen der Menſchen zu ihr
jprechen laſſen, von derem Daſein ſie künden, wenn eine verwandte Seele ihnen
antwortet: So wirkt Kunſt ins Leben. |
Unſere Muſeen ſind Bildungsſtätten. Die ſie begründet haben, Alfred Licht-
wark und Jujtus Brin>mann, haben auf die bildende und beglückend?2
Wirkung geblickt, die ein erhöhtes Leben ausübt, wenn es durch das Kunſtwerk? die
Seele deſſen, der ſich ihm hinzugeben vermag, ergreift. Wie es ſchon Gottfried Semper
1851 vorausſah: Unſere Sammlungen und öffentlichen Monumente ſind die wahren
Lehrer eines freien Volkes. Karl Göße,
Oid-Skadk.
All de Hüſ jünd krumm und ſcheef Scheef de Finſter, ſcheef de Dör,
vid ve Muern, old de Leew. Alles Leewen is hier mör,
Leewen leep un leet jem ſtahn Elend ſöcht ſid hier de Nod
Tid is ilig wieder gahn. un as drütten Maat den Dod!
Rings. jagt alles Leewen ſick All de Hüs ſind mör un möd!
matt um m5sd na Geld un Glüc, Glück geiht hier op lahme F6d!
jagt een hillen, wilden Drajſ - Nod De tögelt hier de Stünn,/ -/
un Imitt hier ſin Kröpels af. und de Dod de ſammelt in! A. Thieme.