Full text: Arbeiter-Jugend - 17.1925 (17)

390 Arbeiter-Jugend 
- Gleichzeitig wurde ein allgemeines Taba?k- und Alkoholvervot mit Zuſtimmung der Bürger 
aller Staaten durchgeführt. Man erkannte, welche Gefahr in der Exiſtenz eines Trinkers 
oder eines Nikotinſtlaven für alle Menſchen lag. Im Kampf gegen das Opium entſaltete 
die betreffende Abteilung des Völkerbundes eine rieſige Aktivität. Geiſtig geſtörte unheil- 
bare Kranke und unheilbare Irre wurden durch internationales Geſetz als gemeingefährlich 
janft auj elektriſchem Weg von der Lebenslaſt erlöſt. 
Am einſchneidendſten aber war die Wirkung der drohenden Weltkataſtrophe auf die Be- 
ziehungen der Staaten untereinander. Auch hier konnte die Exiſtenz eines unterdrückten, 
ausgebeuteten Volkes, dem in ſeiner Verzweiſlung nichts mehr am Weiterbeſtehen lag, allen 
anderen gefährlich werden. Ja, man mußte auf einer ſc<hleunig einberufenen Weltkonferenz 
Deutſchland und den Mittelmächten ſogar ihre volle Weltgeltung wiedergeben, um auch 
Den lezten nationaliſtiſchen Fanatiker in dieſen Ländern zuſriedenzuſtellen. 
Betreffs der außereuropäiſchen ſogenannten „Kolonialvölker“ wurde entſchieden, daß die 
Verantwortung für ihre Haltung zu groß ſei, um ſie dem jeweiligen „Herrenvolk" allein zu 
überlaſſen. Durch eine internationale Kontrollkommiſſion wurde die Verwalcung in dieſen 
Ländern übernommen, die für beſte Behandlung, Vildung und Aufklärung der Eingeborenen 
zu ſorgen hatte. Die Einſuhr von Schußwaſſen wurde ſtreng verboten. Hatte man die 
Gefährdung durch in Millionen von Händen befindliche Schußwaſfen aber einmal erkannt, 
ſo war es nur der nächſte Schritt auf der in Permanenz tagenden Weltkonſerenz der 
„Zadwuy“, ſie auch für die ziviliſierten Völker zu verbieten und ins Meer verſenken zu laſſen, 
zumal ſie ja jetzt doch überſlüſſig geworden waren. Außerdem waren die finanziellen An- 
forderungen der „Zadrou“ ſo ungeheuer groß, daß alle Produktivkräſte der Welt für dieſen 
einen Zwe> zuſammengefaßt werden mußten. Welche UBrbeitsleiſtung bedeutete os 
allein, um für alle Meaſchen auf der Erdoberfläche die nötigen Gasmasken zu produzieren! 
Ging es mit der ziviliſierten Welt prächtig vorwärts, da in ider Erkenntnis der drohenden 
Gefahr alle Kräfte der Vernunft! und Solidarität in den Völkern gewe>i waren und trolz 
einer tieſernſten Grundſtimmung Menſchenliebe, Geſundheit und Wohlfahrt blühten, wie die 
feurigſten Menſchenfreunde es nie zuvor zu hoffen gewagt hatten, fo türmten ſich vor den 
kühnen Generalen der „Zadwy“ zwei ſchier unüberwindlich erſcheinende Hinderniſſe auf, und 
vas waren die Vulkane und die Wilden. Tag und Nacht arbeitete ein Heer von 
Geologen, Chemikern und Ingenieuren an der Erforſchung des Innern der Vulfane und der 
Abde>ung der Krater gegen die Außenwelt. Schon um dieſen erleſenen Stab von hoch» 
gqualiſizierten Arbeitern freizubekommen ſür dies wichtigſte Werk hätte man die Rüſtungs- 
induſtrie der ganzen Welt ſtillegen müſſen. Endlich, nach ſechs Jahren unermüdlichen 
Forſchens, Mißlingens und Neuverſuchens in den Retorten der Laboratorien wurde von 
einem Franzoſen die zähſlüſſige Maſſe „Vulkanit“ erfunden, die abſolut feuerundurchläſſig 
war und ſich jeder Schwankung und Veränderung ſofort anpaßte, Mit ihr wurden die 
Krater aller Vulkane bis zum Rand ausgefüllt, Der Tag dieſer Erfindung wurde zum 
ewigen Weltſeiertag eingeſetzt =- ſo hoffnungsfroh war man inzwiſchen ſchon geworden, daß 
man an eine ewige Zukunft dachte, 
Das zweite große Weltpcoblem, die Belehrung der nod) völlig ziviliſationsunberührten 
Wilden, erſorderte eine gigantiſche Arbeitsleiſtung. In Genf wurde unter dem Protektorat 
9c5 Völkerbundes, vem längſt alle Völker angehörten, ein rieſiges weltliches Miſſionsinſtitut 
eröffnet. Tauſende von weltlichen Miſſionaren und Miſſionarinnen wurden in allen, auch 
ben entlegenſten Sprachen und Idiomen der Erdoberfläche ausgebildet; von den Eskimos 
bis zu den Feuerländern wurde unter den härteſten Opfern an Wohlleben und Geſundheit 
eine nod) nie geſehene Aufklärungsarbeit getrieben. Mit beiſpielloſer Geduld und Einfühlung 
mußten dieſe Männer und Frauen dem abergläubiſchen Mißtrauen der Wilden zu begegnen 
ſuchen, jahrelang in einer ſolchen Horde leben, um ſie, ſo gut oder ſchlecht es ging, in die 
Grundvegriſſe der Himmelsphyſik einzuführen, woraus fich oftmals ein weiterer Unterricht 
in den Anfängen des europäiſchen Wiſſens entſpann. Schwer rächten ſich jetzt die Sünden 
der ſrüheren Koloniſatoren, denn vielfach war die argwöhniſche Feindſeligkeit der Stämme 
noc< nach Jahren des Zuſammenlebens nit ganz überwunden; andererſeits ließen ſich die 
Neger ihr „Feuerwaſſer“ und die Rifkabylen ihre Schießgewehre erſt nad) langem Wider- 
ſtreben nehmen. Und auch dann hatte man noch keine völlige Gewißheit, ob wirklich alles
	        
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