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Arbeiter-Jugend 221
Dortmund in der öffentlichen Meinung.
<> nſjere ſogenannte öffentliche Meinung wird in jtarkem
8 Maße dur) die Zeitungen gebildet oder zumindeſt
*D8 beoinflußt. Das Dreſſeweſen iſt im 20. Jahrhundert zu
einer reſpektablen Großma<ht geworden. 850 iſi es
denn au< niht weiter verwunderlich, wenn wir uns ein
Daſein ohne Zeitungen re<ht ſ<wer vorſtellen können und
die Anteilnahme der Preſſe an irgendeiner Deranſtaltung von
öffentli<em Intereſſe ein Wertmeſſer für dieſe Deranſtaltungeon
iſt. Auch na dieſer Seite können wir mit unſerem Jugend-
tag zufrieden ſein. Er hat bei Freund und Jeind große
Beachtung gefunden und haben die Zeitungsberichte im
weſentlichen dazu beigetragen, daß das tiefe Erlebnis von
Dortmund hunderttauſendfältig weitergewirkt hat.
Am ſtärkſten war natürli? das TE<Ho in der ſJozia-
liſtiſhen Preſſe. Der „Dorwärts“, Berlin, ſchreibt in
jeiner Worgenausgabe vom 5. Kuguſt über die Stimmung:
Die Dortmunder Erbziterſhaft liefert glänzende Beweiſe
der Solidarität. 17000 von 20 000 Iugendli<hen konnten
im Privatquartieren untergebracht werden. Dur) das
Band der Solidarität, das
die ſozialiſtiſm<e Iugend mit
der ſjozialdemokratiſchen
Arbeiterſhaft umjdließt,
konnte das Merk der Dort-
munder Tagung vollendet
worden. Die Auswirkungen
dieſer drei Tage im Herzen
des induſtriellen Deutſ«-
lands ſind heute no<H nit
zu Überſehen. Sie werde
aber ſicher groß und tief-
gehend ſein. Dori, wo
Kapital und BKrbeit am
härteſten kämpfen, iſt ein
großer Wurf gelungen. Di?
roten Banner flattern ſieg-
haft über dem Land der
roten Erde.
Im „Zamburger E<Ho“
ſchildert der Berichterſtatter
ſeine Eindrücke beim Ein-
treffen der Sonderzüge
folgendermaßen:
Die kahlen Straßenzeilen |
Dortmunds belebt das freudige Bunt roter und ſ<waär3-
rotgoldener Fahnen, das Rotweiß der Stadtfarben. BiS
in die ärmſten Quartiere ſind die Fahnen g8zogen, dazu
ſind alle ſtädtiſ<en Gebäude feſtlich geſ<mückt. Und die
Straßen klingen wider von den Marſ<geſängen der Iun-
gen, den Trommeln und Pfeifen der Arbeiterturner- und
ReihsSbannerkapellen, die den zahlreichen Zügen einrücken-
der Kolonnen voraufmarſ<hieren. In Sonderzügen kamen
mehr als 25000 Arbeiterjugendbündler hier am Freitag
und Sonnabend an. In ganz knappen Abſtänden oft rollen
die Züge ein, ſo daß Formation auf Formation den Bahn-
hof verläßt, freudig begrüßt von der Arbeiterſchaft.
Ueber die wuchtig-erhebende Feier in der Woſtfalenhalle
ſ<reibt die Kieler „S<hleswig-Bolſteiniſ<e Dolkszeitung“:
Dann kam der Abend, und da kam Richtung in das
Gewoge, da marſchierte hier und dort eine geſchloſſene Gruppe
und eine kam zur andern, bis ſich, ganz unbeabſichtigt, ein
faſt geſ<loſſener Zug zur Weſtfalenhalle bewegte. Der Rieſen-
raum, der an gewöhnlichen Tagen zwölftauſend Menſ<en
faßt, iſt heute von 23 000 Perſonen, davon mindeſtens 20 000
Jugendliche, di<mtgedrängt voll. Dor dunklen Mänden im
Hintergrund des Saales war ein Förderturm dargeſtellt.
Dort begann das Spiel, das diezmal mehr als Spiel zum
AuSdrukg lebendiger Kräfte wurde. „Rote Erde“ heißt das
Werk Karl Brögers, das aus dem Konflikt zwiſchen Wenſch
und Maſchine, MenſH? und Arbeit die gemeinjame Be-
ſreiungstat werden läßt. Der Dlenſ< erhebt ſich, befreit
die Arbeit und macht aus bem Beherrſcher „Ulaſhine“
einen Untertanen „Maſchine“. Dlan kann den gewaltigen
Eindruck nicht beſchreiben, den das Werk madte.
Dortragsſfaal im Birkholzheim.
ſozialiſtiſ<e Bewegung angeſtellt worden.
Ua dieſer Feier zog die Iugend in vier Fackelzügen in
ihre Quartierbezirke. In ver Düſſeldorfer „Dolkszeitung“
leſen wir darüber:
Don Freude und Begeiſterung erfüllt, ging dann die
Jugend nah dieſer Feier hinaus in die Uacht. Lange
dauerte es, biS ſic; idie Weſtfalenhalle geleert und die
Jugend ſig zu den vier Fakelzügen formieren Ronnte.
Ein überwältigendes Bild bot ſim var.
Recht eindruksSvoll und von hoher ſymbolij<er Bedeutung
war idie Trauerfeier an den Ulaſſengräbern der Bergarbeiter.
Die Chemnigßer „Dolksſtimme“ ſchreibt:
Am Sonntag vormittag wallfahrteten RieſenſHaren der
ſozialiſtiſMen Iugens zu den UWiaſſengräbern der ihrem
Beruf zum Opfer gefallenen Bergleute auf dem Dortmunder
Liordfriedhof. Schwarz verhängt war der Himmel, ſtoßweiſe
länte ein rauher Wind die Fahnen. Innerlich verbunden
fühlte ſim die proletariſche Iugend mit den Opfern eines
järupelloſfen Arbeitsſyſtems, dem ihr ſhärfſter Kampf gilt.
Die Bauptveranſtaltung des Dortmunder Zugendtages war
die große Kundgebung Jür
SEEN SozialiSmus und Dölker-
frieden im Stadion Rote
Erde. Gewaltig war der
EindruK, den dor Uaſſen-
aufmarſ< des jungen und
alten Proletariats bei
allen Teilnehmern hHinier-
ſaſſen hat. Folgende Sc<hilde-
rung darüber entnehmen
wir dem „DolkSblatt“ in
Boum:
Das war ein Sonntgg-
nadmittag, der allen un-
vergeßlich bleibt! Die beſien
ſozialiſtiſcmen Kämpfer Woſt-
falens hatten ſi) hier mit
der Arbeiterjugend zu einer
Ideengemeinſ<Haft vereinigt.
Das rieſige Oval der KRampf-
bahn „Rote Erde“ war der
Shauplasß eines wuchtigen
GeſHehens. Auf hoſfnungs-
| grünem Untergrund, . den
der friſche Raſen bildet, ſteht ein Heer junger Krbeiter und
Arbeiterinnen aufmarſc<iert, die erhöhten Zuſ<hauert2rraſſen
angefüllt mit Erwachſenen. Wie ein breiter Shußwall ſteht
das Alter um die junge Generation. Fünfzigtauſend Augen-
paare blicken hoffnungsvoll zu der aufmarſc<h<hierten Iugend
hinab. Die ſteht mit ihren Wimpeln und Transparenten in
Erwartung der Weihe, die ſie aus dem Viunde des Genoſſen
Severing empfängt.
Eine Fülle von Betrachtungen iſt in der Darteipreſiſe nah
den Tagen von Dortmund über ihren Wert für die
Zunächlt
einige Bemerkungen aus unſerem Dortmunder Darteiblatt,
der „Weſtfäliſchen Allgemeinen Dolkszeitung“, die über den
Derlauf des Iugendtages ſehr ausführlich berichtet hat:
ES war nicht zu leugnen, daß rots Tugend auf roter
Erde war. Ihre roten Fahnen ſagten es, ſehr vornehmlich,
ſehr laut, denn wo Jugend in den Straßen auftau<te und
ihre Lieder ſang, da wehten au<h rote Fahnen, da leuchtete
das Rot unſerer Fahne in den grauen Straßen und gab
ihnen Leben und Farbe. Die IMenſ<en wurden erobert
dur< unſere Jugend, denn ſie war allzeit fröhlich, jelbſt
wenn der Sturm raſte und die Fahnen zerrte, wenn es
reanete und ſchüttete, ſie war zum Singen immer bereit,
aber au< für ernſtes Tun. Ihr Wille, ſim zur Klaſſe zu
bekennen, ihre Freude, mitzuſhaffen am Werk, ihre
lebendige Friſche, zu kämpfen, eroberte ihr im Sturm das
Ber3 des Dortmunder Arbeiters und ſeine Sympathie! Den
Bürger zu erobern war niht unſer Ziel, noM weniger
den Zehenbaron! Aber alles, was mit uns fühlt, was mit
uns denkt, was mit uns kämpft, das wollten wir erobern