Full text: Arbeiter-Jugend - 22.1930 (22)

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ARBEITER -JUGEND NR. 6 
Aber das Büchlein ist zu Spät gekommen. Als der Ver- 
fassger darüber Saß, lagen die jüngsten EreignisSse noch in 
der Zeiten Schoß. InzwiSchen ist eine Saat aufgegangen und 
hat blutige Früchte vor die „einzig wahre revolutionäre 
Partei des Proletariats“ geworfen. Die Säemänner Sind in 
Sicherheit, Sie haben aufgeputscht und Sich wie Zeus in 
den Wolkendunst zurückgezogen. Wie Sagt Fürnberg: 
„Dieser Mann“ -- der immer von großen Kämpfen Spricht -- 
„ist ein kleinbürgerlicher PhraSeur. Er ist das Hindernis 
auf unsgerem Wege zu den Massen. Die meisten dieser Leute 
werden auch auf den Barrikaden nicht bei uns Stehen. Sie 
haben immer noch rechtzeitig unsere Reihen 
verlassSsen.“ Ihre Opfer liegen jetzt unter der Erde oder 
Sitzen hinter Mauern oder warten des Urteils für die Ver 
Liechen der unsichtbaren Strategen. 
ISt das KlasSsenkampf, wenn die notleidenden MasSSsen zu 
völlig Sinnlosen Handlungen und Kämpfen getrieben wer- 
den? Die Fürsorgezöglinge lockt man zu Revolten, 
die jungen Menschen, denen eine geordnete Erziehung fehlte 
vnd die mit ihrer Umwelt im Streit leben, zerschlagen die 
Anstalt kurz und klein, legen Feuer an, ergreifen die Flucht, 
um einige Tage Später wieder fest und noch Schlimmer zu 
Silzen. Neue Waffen ſür unsere Gegner, die Erziehungs- 
maßnahmen Strenger zu gestalten. 
Die Erwerbslosen werden zu Hungermärschen auf- 
gesStachelt, und die wenigen, die marSchieren, transportiert 
die Polizei zurück, Prügeleien entstehen, Verletzte und Tote 
Sind die Opfer, Gefängnis und Zuchthaus öffnen Sich. 
„Schlagt die Faschisten, wo ihr Sie trefft!“ ist die eine 
Parole, und die Jugendlichen lauern auf BeweisSe ihrer revo» 
lutionären Gesinnung. Toie bleiben liegen, harte Gefängnis» 
Strafen Sind die Folge. „Unser Hauptgegner ist die Sozial“ 
demokratische Jugend und der Sozialdemokratische Einfluß 
innerhalb der Reihen der Arbeiterjugend.“ Das ist die 
andere Parole, Ran an den Feind! Wutschnaubend ver» 
prügeln kommuniStiSche 
rauben ihnen die Fahne, zerschlagen die FensStersScheiben 
der SPD.-Druckereien. Das Soll KlasSenkampf Sein? Nein, 
das iSt Verbrechen am kämpfenden Prottes 
tariat! | 
„Wir greifen aus der Fülle der letzten Ereignisse einige 
Fälle heraus. In Leipzig demonstrierte die SAJ. anläß» 
lich der Kommunalwahl 1929 für die Partei. Die Kund- 
gebung war beendet, und die Gruppen zogen ihren Stadt- 
teilen zu. Eine Gruppe wurde von einer Kommunistischen 
Bande überfallen, dem Fahnenträger wurde die Fahne ent“ 
riSSen und ein SAJ.-GenosSse So brutal geschlagen, daß er 
blutüberströmt und besinnungslos zusammenbrach. Als die 
Rohlinge gefaßt wurden, wollten Sie Sich gegenseitig die 
Schuld zuschieben. Aber dieser Heldenmut half ihnen nichts, 
vier und zwei Monate Gefängnis erhielten die Haupttäter 
für ihre gemeine Handlung. 
In Leipzig fand Ostern der KommuniSsStiSsche Ju- 
gendtag Statt. Von hier aus Sollte die Weltrevolution 
weitergetrieben werden. Starke Reden wurden gehalten, und 
Tausende von Fäusgten reckten Sich zum Himmel. Kein 
Wunder, daß tatenbeflisszene Scwietjünger danach trach» 
teten, ihre Rache zu Kühlen. Und Sie fanden eine UrSache. 
Ein Auto wollte an dem Platz, auf dem die Demonstration 
war, vorbeifahren. Flugs war es umringt, die Scheiben ein» 
geschlagen, die InsasSen verprügelt, So daß die Polizei zu 
Filfe eilen mußte. Sofort wandten Sich die Wutschäumenden 
gegen die Polizisten, zogen ihre Dolche und 
Schlagringe und töteten zwei PoliziSten. 
In ihrer Notwehr machte die Polizei von der Waffe Ge- 
brauch, und zwei Kommunisten blieben .jiiegen; einer tot, 
der andere So Schwer verletzt, daß er einige Tage darauf 
gestorbden Iist. An den Gräbern Stiegen furchtbare Flüche 
zum Himmel. Die Kommunisten haben ihre Leichen, und 
wochenlang werden Sie ihren LeSern die Rache einhämmern. 
In geradezu fahrlässSiger Weise hat man die Vorberei- 
Horden unsere SAJ.-Genossen, 
 
tungen für den Leipziger Jugendtag getroffen. Da es Selbst- 
verständlich ist, daß nur wenige Leipziger Arbeiter den 
Kommunisten Quartier gaben, wurde die Unterkunft viel“ 
fach erzwungen. Die Häuflein rückten an und ließen Sich 
nieder. Viele kamen auf Lastkraftwagen nach Leipzig, aber 
in keiner Hinsicht gegen Unfall gesichert. Bekanntlich gibt 
es für Solche Iransporte beSsondere VorSchriften. Aber hier 
kennen die Kommunisten Keinen Jugendschutz, und mancher 
Unfall ist vermeidlich gewesen. Daß nicht alle mit durch 
aus friedlichen AbSichten nach Leipzig kamen, bewies die 
durch die Zusammenstöße verurSsachte Untersuchung der 
Teilnehmer auf der Rückfahrt. Schlagringe und Dolche 
wurden zahlreich gefunden. Außerdem: Die Polizei in Leip- 
zig blieb völlig im Hintergrund und griff erst ein, als 
Menschenleben bedroht wurden. Die Leipziger Polizei unter» 
Steht einem Sozialdemokratischen PolizeipräSidenten, dem 
Genossen Fleißner, und hatte alle Möglichkeiten eines 
friedlichen Verlaufs offengelasSsen. Die Kommunisten woliten 
es anders. Von den gemordeten Polizisten war der Polizei- 
hauptmann Galle Sozialdemokrat. Elif Jungkommunisten 
werden Sich wegen dieser Untaten vor Gericht verantworten 
| MmüSSen,. 
Der Jugendtag in Leipzig zwingt zu einem Vergleich 
mit unserem Jugendtreffen in Wien. Wie 
anders war das doch in Wien. Uns erwartete die Sympathie 
der Wiener Arbeiter, unsere OrganiSation Sorgte in vor- 
bildlicher Weise für Unterkunft und Verpflegung. Uns 
Stand in Wien eine Sehr abgeneigte Schutzpolizei gegen“ 
über; das rote Wien hat auf die Wiener Polizei keinerlei 
Einfluß. Haben wir, die wir das wußten, Händel geSucht? 
Fiel uns nicht ein! Wir waren Gäste im roten Wien und 
hatten Ehre und Kraft des Wiener- Proletariats zu wahren. 
In bester Disziplin Sind wir durch Wien gezogen und 
konnten Wien mit dem besten Eindruck für die Wiener 
Arbeiterschaft und für uns verlassen. 
In Halle hatten Sich Mitglieder der kommunistiSchen 
Jugend an der Parole „Schlagt die Faschisten, wo ihr Sie 
weft!“ berauscht und Spürten in ihrem Tatendrang einen 
Stahlhelmer auf. Fünf Jungkommunisten überfielen einen 
einzelnen, Schlugen ihn zu Boden und verletzten ihn mit 
einem Dolch So Schwer, daß der Ueberfallene bald darauf 
verstarb. Insgesamt vierzehn Jahre Gefängnis erkannte das 
Gericht den Tätern zu. Und die eigentlichen Urheber? Die 
Sitzen in den Redaktionen der kommunistischen Zeitungen 
und Schreiben weiter ihre blutigen Aufrufe. 
In Hamburg Stießen die auigeputschten Hunger» 
märschler mit der Polizei zusammen, die aufgereizte Menge 
ging gegen die Polizisten mit Latten vor, Schüsse fielen, 
und ein I6bjähriger unbetelligter Lehrling blieb als lodes- 
opfer liegen. Beleuchiet dies Schon die Sinnlosigkeit, Men- 
Schenleben zu verspielen, So ist das weitere ein Beweis 
SchamloSser kommunistiScher Politik. Die KPD. versuchte, 
die Leiche des Lehrlings zu erhalten, erbot 
Sich, die Beerdigungskosten zu tragen und den Hinter- 
bliebenen zweitausend Mark zu zahlen. Nette KlasSen- 
kämpfer! Sie brauchten eine Leiche, um eine machtvolle 
Demonstration zu veranstalten und blutrünstige Reden am 
Grabe zu halten. 
In Nürnberg wurden vom Erweiterten Schöffengericht 
elf Jungkommunisten, darunter zwei Mädchen, die wegen 
Aufruhrs, Landfriedensbruchs, Widerstands gegen die 
Staatsgewalt, Sachbeschädigung und anderer Delikte ange 
klagt waren zu insgesamt 33 Monaten Gefängnis und 19 Ta» 
gen Haft verurteilt. Den Jugendlichen wurde bis 1932 Be 
währungsfrist gewährt. 
Die Opfer kommunistischer Gewaltpolitik Sagen uns mit 
aller Deutlichkeit, daß wir jede, auch die kleinste Gemein- 
Schaft mit den Kommunisten ablehnen müssen. Darüber 
gibt es keine langen theoretischen AuseinanderSetzungen, 
für uns Sprechen die Tatsachen. Die gind So bitter, daß Sie 
Selbst die kommunistische Bewegung aufreiben. O. 8.
	        
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