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ARBEITER -JUGEND NR. 6
Aber das Büchlein ist zu Spät gekommen. Als der Ver-
fassger darüber Saß, lagen die jüngsten EreignisSse noch in
der Zeiten Schoß. InzwiSchen ist eine Saat aufgegangen und
hat blutige Früchte vor die „einzig wahre revolutionäre
Partei des Proletariats“ geworfen. Die Säemänner Sind in
Sicherheit, Sie haben aufgeputscht und Sich wie Zeus in
den Wolkendunst zurückgezogen. Wie Sagt Fürnberg:
„Dieser Mann“ -- der immer von großen Kämpfen Spricht --
„ist ein kleinbürgerlicher PhraSeur. Er ist das Hindernis
auf unsgerem Wege zu den Massen. Die meisten dieser Leute
werden auch auf den Barrikaden nicht bei uns Stehen. Sie
haben immer noch rechtzeitig unsere Reihen
verlassSsen.“ Ihre Opfer liegen jetzt unter der Erde oder
Sitzen hinter Mauern oder warten des Urteils für die Ver
Liechen der unsichtbaren Strategen.
ISt das KlasSsenkampf, wenn die notleidenden MasSSsen zu
völlig Sinnlosen Handlungen und Kämpfen getrieben wer-
den? Die Fürsorgezöglinge lockt man zu Revolten,
die jungen Menschen, denen eine geordnete Erziehung fehlte
vnd die mit ihrer Umwelt im Streit leben, zerschlagen die
Anstalt kurz und klein, legen Feuer an, ergreifen die Flucht,
um einige Tage Später wieder fest und noch Schlimmer zu
Silzen. Neue Waffen ſür unsere Gegner, die Erziehungs-
maßnahmen Strenger zu gestalten.
Die Erwerbslosen werden zu Hungermärschen auf-
gesStachelt, und die wenigen, die marSchieren, transportiert
die Polizei zurück, Prügeleien entstehen, Verletzte und Tote
Sind die Opfer, Gefängnis und Zuchthaus öffnen Sich.
„Schlagt die Faschisten, wo ihr Sie trefft!“ ist die eine
Parole, und die Jugendlichen lauern auf BeweisSe ihrer revo»
lutionären Gesinnung. Toie bleiben liegen, harte Gefängnis»
Strafen Sind die Folge. „Unser Hauptgegner ist die Sozial“
demokratische Jugend und der Sozialdemokratische Einfluß
innerhalb der Reihen der Arbeiterjugend.“ Das ist die
andere Parole, Ran an den Feind! Wutschnaubend ver»
prügeln kommuniStiSche
rauben ihnen die Fahne, zerschlagen die FensStersScheiben
der SPD.-Druckereien. Das Soll KlasSenkampf Sein? Nein,
das iSt Verbrechen am kämpfenden Prottes
tariat! |
„Wir greifen aus der Fülle der letzten Ereignisse einige
Fälle heraus. In Leipzig demonstrierte die SAJ. anläß»
lich der Kommunalwahl 1929 für die Partei. Die Kund-
gebung war beendet, und die Gruppen zogen ihren Stadt-
teilen zu. Eine Gruppe wurde von einer Kommunistischen
Bande überfallen, dem Fahnenträger wurde die Fahne ent“
riSSen und ein SAJ.-GenosSse So brutal geschlagen, daß er
blutüberströmt und besinnungslos zusammenbrach. Als die
Rohlinge gefaßt wurden, wollten Sie Sich gegenseitig die
Schuld zuschieben. Aber dieser Heldenmut half ihnen nichts,
vier und zwei Monate Gefängnis erhielten die Haupttäter
für ihre gemeine Handlung.
In Leipzig fand Ostern der KommuniSsStiSsche Ju-
gendtag Statt. Von hier aus Sollte die Weltrevolution
weitergetrieben werden. Starke Reden wurden gehalten, und
Tausende von Fäusgten reckten Sich zum Himmel. Kein
Wunder, daß tatenbeflisszene Scwietjünger danach trach»
teten, ihre Rache zu Kühlen. Und Sie fanden eine UrSache.
Ein Auto wollte an dem Platz, auf dem die Demonstration
war, vorbeifahren. Flugs war es umringt, die Scheiben ein»
geschlagen, die InsasSen verprügelt, So daß die Polizei zu
Filfe eilen mußte. Sofort wandten Sich die Wutschäumenden
gegen die Polizisten, zogen ihre Dolche und
Schlagringe und töteten zwei PoliziSten.
In ihrer Notwehr machte die Polizei von der Waffe Ge-
brauch, und zwei Kommunisten blieben .jiiegen; einer tot,
der andere So Schwer verletzt, daß er einige Tage darauf
gestorbden Iist. An den Gräbern Stiegen furchtbare Flüche
zum Himmel. Die Kommunisten haben ihre Leichen, und
wochenlang werden Sie ihren LeSern die Rache einhämmern.
In geradezu fahrlässSiger Weise hat man die Vorberei-
Horden unsere SAJ.-Genossen,
tungen für den Leipziger Jugendtag getroffen. Da es Selbst-
verständlich ist, daß nur wenige Leipziger Arbeiter den
Kommunisten Quartier gaben, wurde die Unterkunft viel“
fach erzwungen. Die Häuflein rückten an und ließen Sich
nieder. Viele kamen auf Lastkraftwagen nach Leipzig, aber
in keiner Hinsicht gegen Unfall gesichert. Bekanntlich gibt
es für Solche Iransporte beSsondere VorSchriften. Aber hier
kennen die Kommunisten Keinen Jugendschutz, und mancher
Unfall ist vermeidlich gewesen. Daß nicht alle mit durch
aus friedlichen AbSichten nach Leipzig kamen, bewies die
durch die Zusammenstöße verurSsachte Untersuchung der
Teilnehmer auf der Rückfahrt. Schlagringe und Dolche
wurden zahlreich gefunden. Außerdem: Die Polizei in Leip-
zig blieb völlig im Hintergrund und griff erst ein, als
Menschenleben bedroht wurden. Die Leipziger Polizei unter»
Steht einem Sozialdemokratischen PolizeipräSidenten, dem
Genossen Fleißner, und hatte alle Möglichkeiten eines
friedlichen Verlaufs offengelasSsen. Die Kommunisten woliten
es anders. Von den gemordeten Polizisten war der Polizei-
hauptmann Galle Sozialdemokrat. Elif Jungkommunisten
werden Sich wegen dieser Untaten vor Gericht verantworten
| MmüSSen,.
Der Jugendtag in Leipzig zwingt zu einem Vergleich
mit unserem Jugendtreffen in Wien. Wie
anders war das doch in Wien. Uns erwartete die Sympathie
der Wiener Arbeiter, unsere OrganiSation Sorgte in vor-
bildlicher Weise für Unterkunft und Verpflegung. Uns
Stand in Wien eine Sehr abgeneigte Schutzpolizei gegen“
über; das rote Wien hat auf die Wiener Polizei keinerlei
Einfluß. Haben wir, die wir das wußten, Händel geSucht?
Fiel uns nicht ein! Wir waren Gäste im roten Wien und
hatten Ehre und Kraft des Wiener- Proletariats zu wahren.
In bester Disziplin Sind wir durch Wien gezogen und
konnten Wien mit dem besten Eindruck für die Wiener
Arbeiterschaft und für uns verlassen.
In Halle hatten Sich Mitglieder der kommunistiSchen
Jugend an der Parole „Schlagt die Faschisten, wo ihr Sie
weft!“ berauscht und Spürten in ihrem Tatendrang einen
Stahlhelmer auf. Fünf Jungkommunisten überfielen einen
einzelnen, Schlugen ihn zu Boden und verletzten ihn mit
einem Dolch So Schwer, daß der Ueberfallene bald darauf
verstarb. Insgesamt vierzehn Jahre Gefängnis erkannte das
Gericht den Tätern zu. Und die eigentlichen Urheber? Die
Sitzen in den Redaktionen der kommunistischen Zeitungen
und Schreiben weiter ihre blutigen Aufrufe.
In Hamburg Stießen die auigeputschten Hunger»
märschler mit der Polizei zusammen, die aufgereizte Menge
ging gegen die Polizisten mit Latten vor, Schüsse fielen,
und ein I6bjähriger unbetelligter Lehrling blieb als lodes-
opfer liegen. Beleuchiet dies Schon die Sinnlosigkeit, Men-
Schenleben zu verspielen, So ist das weitere ein Beweis
SchamloSser kommunistiScher Politik. Die KPD. versuchte,
die Leiche des Lehrlings zu erhalten, erbot
Sich, die Beerdigungskosten zu tragen und den Hinter-
bliebenen zweitausend Mark zu zahlen. Nette KlasSen-
kämpfer! Sie brauchten eine Leiche, um eine machtvolle
Demonstration zu veranstalten und blutrünstige Reden am
Grabe zu halten.
In Nürnberg wurden vom Erweiterten Schöffengericht
elf Jungkommunisten, darunter zwei Mädchen, die wegen
Aufruhrs, Landfriedensbruchs, Widerstands gegen die
Staatsgewalt, Sachbeschädigung und anderer Delikte ange
klagt waren zu insgesamt 33 Monaten Gefängnis und 19 Ta»
gen Haft verurteilt. Den Jugendlichen wurde bis 1932 Be
währungsfrist gewährt.
Die Opfer kommunistischer Gewaltpolitik Sagen uns mit
aller Deutlichkeit, daß wir jede, auch die kleinste Gemein-
Schaft mit den Kommunisten ablehnen müssen. Darüber
gibt es keine langen theoretischen AuseinanderSetzungen,
für uns Sprechen die Tatsachen. Die gind So bitter, daß Sie
Selbst die kommunistische Bewegung aufreiben. O. 8.