22. JAHRG. -/ Nr. 9
Die Jugend in die Front!
Ursachen und Sinn der Reichstagswahlen
Die deutschen Arbeitermassen erhalten in diesen Wochen
einen lehrreichen Anschauungsunterricht über die Be-
deutung der Demokratie Auch ohne die groß»
Spurige Aufklärung durch die Kommunisten wüßten wir,
daß das allgemeine Stimmrecht nicht die Allmacht des
Proletariats einführt. Es bedurfte nicht einer Kommuni»
Stischen Herabwürdigung der „formalen Demokratie , um
uns zu belehren, daß auch in einem parlamentarisch re»
gierten Staate die Klassenunterschiede zwiSchen Besitz und
Armut, zwiSchen Kapital und Arbeit bestehen. Wir
brauchten nicht erst durch
etliche Theorien davon
überzeugt zu werden, daß
auch in einem Lande mit
demokratischem Stimm»
recht der einzelne Kapi
talist politisSch und wirt
Schaftlich mehr bedeutet
als der einzelne Arbeiter.
Das alles wußten wir.
Was aber die Kommu
nisSten und Sonstige poli-
tiSche Verkleinerer der
Demokratie nicht zu wiS»
Sen Scheinen, war dies:
der beste Beweis für die
masSgenfreundliche
Wirkung der demokra
tiSchen Grundrechte ist
der Haß, den alle Volks»
feinde dieser Demokratie
entgegenbringen. Seit
Jahren ist das Denken
und Tun der mächtigsten
Schichten des deutschen Kapitalismus auf die Zerstörung
der Demokratie in Deutschland gerichtet. Man will Sich in
Reich, Staat und Gemeinden der lästigen Kontrolle des
Volks durch ein So weitgehendes Wahlrecht, wie es das
jetzige ist, entledigen. Man zergetzt und verketzert und
verläsStert den Parlamentarismus, um diktatorischen Maß-
nahmen der besitzenden Schichten die Bahn zu brechen.
Die Demokratie, das gleiche Wahlrecht
der MasSgenisSt dem deutschen KapitaliSsmus
zu teuer. Das ist die Wahrheit. Darum Soll die Demo
kratie abgeschafft werden, und darum muß Sie Jeder
'Arbeiter, der nicht ein russiSches Sowjetbrett vor dem Kopt
hat, verteidig en. Kaum noch die Kirgisen und die Kalmücken
im fernsten Rußland glauben daran, daß in Deutschland
ein Entscheidungskampf zwischen Demokratie und Sowjet»
diktatur heranrückt. Die unmittelbare AusgeinanderSetzung
zwischen Demokratie und einem Faschismus deutscher Prä“
Leistet Wahlarbeit! Aus unserem Photowettbewerb
gung ist da. Das ist die Lage. Die Reichstagswahlen am
14. September Sind die Feuerprobe für die demokratische
Reife der deutschen Arbeitermassen. Wer nicht im Lager
der Demokratie Steht, ist ein Verbündeter der kapitalistisch-
faschistiSchen Diktatur, und wenn er noch So radikale kom
munistiSche PhraSen driSscht.
Niemandem im Kkapitalistischen Führertum fällt es ein, die
Parole im Wahlkampf gegen die Kommunisten aus"
zugeben. „Nieder mit den Sozialdemokraten!“ Das ist der
Ruf von Hitler bis Brüning. Schwächung der Sozialdemo»
kratie: das ist im ganzen
Bürgertum das Ziel der
Wahlschlacht. Warum?
Das ganze dqdeutsche
Bürgertum ist darin einig,
daß die Besitzsteuern ge
Senkt, die MasSsensteuern
erhöht werden Sollen. Alle
Sind der Meinung, das
für die Kranken, die Er-
werbslosen, die Kriegsbe-
Schädigten, für die ganze
Sozialpolitik in Deutsch-
land zu viel getan wird.
„Sparen“ ist die große
Wahlparole des Reichs-
kanzlers Brüning. Nicht
an den Spitzengehältern
und an qqen Riesen-
pensionen, Sondern an
den Sozialrenten und am
Krankengeld. Es ist das
große Verdienst der
Sozialdemokratischen
Reichsminister in der Regierung Hermann Müller, fast
zwei Jahre lang diesem Vorstoß gegen die Arbeit erklasse
Standgehalten zu haben. Mit Sozialdemokratischen Reichs-
ministern war der Abbau unserer Sozialpolitik nicht durch»
zuführen. Darum kam die So zialistenreine Regierung
Brüning. Gegen den entSschloSSenen Widerstand von 152
Sozialdemokratischen Abgeordneten, auch wenn Sie nur eine
Minderheit waren, konnte der Zentrumskanzler im Reichs»
tag Seine Anschläge auf Rechte und Wohlfahrt der
Arbeiter nicht durchführen. Darum wurde der Reichstag
'aufgelöst. In der Hoffnung auf einen bürgerlichen Wahl
Sieg und auf eine Niederlage der Sozialdemokratie und
damit der Arbeiterklasse.
Das muß vereitelt werden. Aufstieg der Arbeiterklasse!
Sieg der Sozialdemokratie. So ist unser Ruf, unser Wille.
Die Sogenannten Notverordnungen des Zentrums»
kanzlers Brüning, die wir für einen Verfassungsbruch halten,