Die TLlandzeitung
eder „JTDas lange währt, wird gui“
„Vat ne einijermaßen knorke Gruppe is, die muß ne
W andzeitung haben“, hatte Regimann vorm Dreivierteljahr
in einer Mitgliederpersammlung gesagt, als Kulte unter
Punkt „Verschiedenes“ die Frage auf geworfen hatte, „ob
nodh jemand zu diesem Punkt das Wort haben möchte?“.
Darauf ist Hummel auf gesStanden und hat gesagt: „Regi
mann hat redht, daß wir eene Wandzeitung iebrauchen,
Aber er wollte dom Sicherlicza nich Sagen, daß unsger?
Gruppe heute ohne Wandzeitung nich knorke is, wir
müssen bloß nodh knorker werden.“ Und dann hatie er
auf die von Zeit zu Zeit in der Gruppe erscheinende „Heim-
zeilung“ hingewiesen, in der ja unsere „Sdchriftsteller, die
zehn Sätze hintereinander mit der, die oder das anfangen,
hinreichend bekannt geworden sind', die Sicherlicm ein
kleiner Ersatz für die bisher fehlende Wandzeitung war.
„Die „Heimzeitung“ hatte nur den einen Fehler, daß Sie
unter der Faulheit ihrer Mitarbeiter und der Langsamkeit
der FederhalterrotationsmaSchine unseres Redakteurs zu
leiden hat“, erklärte er unter dem Gelächter der Jugend-
genossen. Dann ging er auf die Vorzüge der JW andzeitung
ein und machte einige Vorschläge über die Ausgestaltung
derseiben und Schloß vorausahnend: „Voraussetzung für
die Durchführung unserer Pläne ist die Beshaffung des
Wichtigsten an einer Wandzeitung, nämlich des Wand-
breites.“
Alle waren mit dem Vorschlag einverstanden und man
ging nun daran. über die Besnaffung des Wandbrettes zu
reden. Der KasSierer mußte über den Kassenbestand Auf-
klärung geben. Er hatte „nur 12 Mark in der Kasse“ und
wehrte Sich mit allen Mitteln, diesen „eisernen Besland'
anzureißen. Aber Kutte, der Vorsitzende, Sagie einfa":
„Det Jeld is da zum ausjeben.“ Die „Holzwürmer“ mußtein
nun einen „Kostenanschlag“ machen, wobei unser KasSierer
bald zu Schwiizen anfing. Auf fünf Mark Unkosten Sollie
Sich die ganze Sache bei Selbstlierstfellung Stellen, erklärten
unsere Tisanlerlehrlinge und Fritze, der Kasszierer, erklärte
rundweg: „Zuvbiel! Fünf Mark von zmwölfe, wo Soll'n da
unsere Kasse hinkommen?" Da Sprang einer der Holz-
würmer auj und Sagte: „Ick werde versudhen, ob mir unser
Oller det Holz Schenkt; dann kostet uns die janze Kisle
jarnichts.“ Da lächelte Fritz wieder und aimete ordenilidh
auf. denn er hatte doch Seinen Kassenbesland gerettet.
Und Hummel rief dazwischen: „Na jut, übertragen wir
Paul'n, der den niedrigsten Kostenanschlag jemadht hat,
die Ausführung des Projekts.“
Damit war man am Ende der Mitgliederversammlung
angelangt, und da es unterdessen auch halb zehn Uhr ge-
worden war, ging man lustig Schwatzend nach Hause.
Unsere „Holzwürmer“ aber, mit Paul in der Mitte,
Standen nodh lange bei „Cafe Achteck (Für Herren)“ an der
Ecke und redeten über die Gestaltung der Wandzeitung.
Größe, Holzart und Farbe der Beize waren Gegenstand der
Unterhaltung und Franz, unser Elektromonteur, Stellte Sich
dazwischen und mächte den Vorschlag, die Wandzeitung
SO zu bauen, daſß man unter einem dacharligen Vorsprung
eine Soffittenlampe anbringen kann, um auf diese Art das
Breit zu beleuchten. Sein Vorschlag fand Sofort Gegenliebe.
Hummel, der einige Zeit auch dabeisland, dem das Gerede
aber bald zuobiel murde, verabsdriedete Sich mit den Worten:
„Menschenskinder, det muß ja een ordentlichet Kunsiwerk
werden.“
Als Paul nach Hause kam, war es bereits halb elf Uhr.
Und trotzdem er 50 leise wie möglich in die Wohnung ein-
trat. war die Mutter dom: erwadht und rief: „Na, nun
wird's aber Zeit!“
Am andern Morgen konnte er natürlich nicht aus dem
Beit heraus und erst als die Mutter anfing zu Schimpfen,
wurde er richtig wach, und: Sofort waren Seine Gedanken
bei der Wandzeitung. Auf dem Wege zur Arbeitsstelle
überlegle er, wie er den Chef der kleinen Tischlerei um das
nölige "Holz bitten könne, und wäs er ihm Sagen wolle, zu
was er es brauche. Unmöglich konnte er Sagen, daß er eine
Wandzeitung bauen will. Bei diesen Gedanken kam ihm
der Weg 80 piel kürzer vor als gewöhnlich. Ehe er Sich recht
bersah. war er an Seiner Arbeitsstelle angelangt. Und nun
ARBEITER-SUGEND NR. 1
hieß es für ihn, Gedanken zusammenzunenmen und auf-
gepaßt.
Dod 80 Sehr er Sich auch auf Seine Arbeit konzentrierte,
immer wieder kamen die Gedanken an die Wandzeitung
zum Durchbruch. Wie den Chef um das Holz bitten? Was
Sollte er ihm Sagen, zu was er es brauche? Vielerlei Ge-
danken maren ihm Schon gekommen. Stiller Portier, An-
Schlagbrett für Plakate, damit nicht immer die Wände des
Hauses, in dem Sie die Portierstelle innehatten, beklebt
wurden, die er 80 oflimals reinigen mußte. Oder für die
Reparatur eines Möbelslückes. Doch all das gefiel ihm
nicht, weShalb er diese Gedanken wieder verwarf. Und als
der Chef am Vormittag das erstemal durch den Betrieb
ging, Sagte Sim Paul: „Nachmittag ist ja auch noch Ge-
legenheit. es zu Sagen.“ Und nachmittags -- verschob er es
wieder auf den andern Tag. „Es war ja doch gar nicht 50
Sehr eilig, dachte Paul, um die Selbstvorwürfe zu ent-
kräften
Und am nädchsien Tage war es wieder dasselbe. So geriet
denn die Wandzeitung langsam in VergesSsenheit, bis ihn
Hummel nach einem Monat ungefähr daran erinnerte und
Paul Sich vornahm, am andern Tage mit Mut Seine Bitte
an den Chef zu richten. Doch am folgenden Tage kam cs
ihm 80 vor, als ob der Chef Schlechte Laune hatte und 350
Derschob er Sein Vorhaben wieder.
So vergingen annähernd drei Monaie.
perulkte man unsern Paul Schon mit
Zeitung“.
Da faßte er zich denn dodh eines Tages Hui und Stand
mit rotem Gesicht vor dem Chef und Stammelte elwas von
ein paar Brettern, die er haben mödhte. Der runzelte erst
die Stirn. Sah dann in Pauls vor Verlegenheit rotes Gesicht
und lächelnd antwortete er dann: „Na meinetwegen. Die
Hauptsache ist, du nimmst nicht die ganze Bude mit.“
Paul war damit ein Stein vom Herzen geſallen. Das
Schwierigste hatte er hinter Sich. Dodh nodh war die Wand-
zeitung nicht fertig. Da mußten erst mal die Bretier in
der richtigen Größe geschnitten und 30 hergerichtet werden.
daß Sie zusammen gefügt, das Wandbrett ergeben Konnten.
Und das war Schwieriger, als er es Sicm vorgestellt hatte:
denn an die Sägemaschine kam er nur mit S&:wierigkeiten
heran und 380 bat er denn einen Gegellen, daſß er ihm die
Bretter zuschneiden möge. Der versprach ihm. es bei Ge-
legenheit zu tun.
Darüber verging dann wieder längere Zeit, bis Paul eines
Tages beobachtete, wie der Geselle Bretter zusdqhnitt, die für
die Wandzeitung die richtige Größe nhatien, und als er dem
Gesellen gegenüber Seire Bitte wiederholte, war der Sofort
bereit, Seinen Wunsdh zu erfüllen. So waren für Pau! end-
lich die größten Saiwierigkeilen überwunden. Denn nun
hing es nur noch von ihm ab, wann sein IWWerk fertig im
Jugendheim hängen Konnte,
In der Gruppe glaubte Schon kein 3lensdh meir an die
Wandzeitung.
Da mit einemmal war die Wandzeitung Gegenstand der
Beratungen der Vorstandssitzung. Einsftimmig wurde das
Geld für den Beleuchtungskörper bewilligt. Selbst unser
Kasgierer Stimmice ausnahmsweise einmal für diese AuS8-
gabe. Hummel aber fragte boshaft unsern Paul, ob denn
die Wandzeitung diesmal auch wirklich fertig werde. Der
wollte darauf die Schwierigkeiten, die er hatte, klarlegen.
Dod:i Hummel bemerkte wieder witzig. daß die Ferz6ge-
rung der Fertigstellung der Wandzeitung kein JI under Sei.
denn das dicke Brett wollte Sicherlim nicht durdi die
Rotationsmaschine gehen.
Franz brachte die Diskussion wieder auf ein ernstes Ge-
biet, indem er vorsdqhlug, als Thema für die erste Wand-
zeitung „Das Gesidl:t der Tagespresse“ zu wählen. und er-
klärte, daſß wir an einem Abend verscdhiedene Zeitun gen
kaufen wollten, deren Bilder, Uebersdhriften und teilweise
auch Texte wir dazu verwenden wollten. unter Hinzu-
fügung eigener Texte die Art der verschiedenen Zeitungen
zu zeigen. Alle Stimmten dem Vorsdilag zu.
Nicht lange dauerle es dann nach dieser Sitzung. und das
Wandbrett hing an dem dazu bestimmten Platz. "Dodti eine
letzte Sqwierigkeit Sollle Sich nodi bei der Anbringung
der Beleuchtung ergeben: die Lichtleitung versagte. Dieses
letzte Hemmnis wurde aber auch nochn überwunden.
Drei Vierteljahr hatte 80 die Fertigstell ung der Wand-
zeitung gedauert. Aber das Sprichwort „Vas Tan ge währt,
wird gut“ trifft darauf zu. k. b.
In der Gruppe
„der IFand ohne
23