Een ARBEITER-JUG:ND NR. 2
Kein Aufruf, keine Rede kann die Forderung nach
Staltet.
kürzerer Arbeiiszeit wirkSamer
als dieses Gedicht:
„Nur Zeit! Wir wittern Gewitterwind
Wir Volk
Nur eine kleine Ewigkeit.
Uns fehlt ja nichts, mein Weib, mein Kind,
Als all das, was durch uns gedeiht,
Um So kühn zu Sein, wie die Vögel Sind,
Nur Zeit!“
Schlicht, kunstlos ist Wort an Wort gesetzt: mit AbsSicht!
Aber durch das Gefüge der Worte dröhnt das unterirdische
Schüttern und Grollen der revolutionären Massen: „Wir
wittern Gewitterwind. Wir Volk...“
Das gleiche Thema mit der gleichen Meisterschaft und Ein-
dringlichkeit hat Dehmel in Seinem „Maifeierlied“ behandelt
und hat damit der deutschen Arbeiterklasse vielleicht das
Schönste Maigedicht geschaffen.
Den Gipfelpunkt der Sozialen Lyrik Dehmels aber bildet
die großartige Vision des „Ernteliedes“ , des PSalms der So-
zialen Revolution:
und wuchtiger formulieren
Es Steht ein goldnes Garbenfeld,
Das geht bis an den Rand der Welt.
Mahle, Mühle, mahle!
Es Stockt der Wind im weiten Land,
Viel Mühlen stehn am Himmelsrand.
Mahle, Mühle, mahle!
Es kommt ein dunkles Abendrot,
Viel arme Leute Schrein nach Brot.
Mahle, Mühle, mahle!
Es hält die Nacht den Sturm im Schoß,
Und morgen geht die Arbeit los.
Mahle, Mühle, mahlel
Es fegt der Sturm die Felder rein,
Es wird kein Mensch mehr Hunger Schrein.
Mahle, Mühle, mahlel!l
Mit der Unabänderlichkeit des Naturgeschehens wachsen
die Sozialen Spannungen: der Gewittersturm zieht herauf,
düster-drohend. Mit unwiderstehlicher Gewalt werden die
Rhythmen vorwärtsgetrieben. Bis der Sturm der Revolution
loSbricht und eine Zeit einleitet, in der für alle Menschen
Brot wächst.
Noch einmal Sollte in Dehmel die Leidenschaft des Blutes
über das Hirn triumphieren. Der Dichter des Ernteliedes
wandelte Sich über Nacht zum Sänger des Nationalismus!
Als in den unseligen Augusttagen des Jahres 1914 das Ver-
hängnis über Europa hereinbrach, als in allen Ländern die
Wogen des Völkerhasses hochgingen, da wurde auch dieser
Künder der Menschenliebe vom Kriegstaumel ergriffen. Aber
nicht vom Sichern Schreibtisch aus pries er den Krieg: als
Freiwilliger meldete Sich der Fünfzigjährige an die Front.
Das Abenteuerliche des kriegerischen Lebens lockte ihn, und
dann glaubte er -- wie viele andere -- einer reinen und
gerechten Sache zu dienen. Aber wie Schnell war Sein
Rausch verflogen, Sein Glaube an die gute Sache erschüttert!
„Ich habe geglaubt, gegen den Krämergeist zu Felde zu
ziehen -- nun Sehe ich, daß ich für die heimischen Krämer
kämpfe.“ Das ist eine von ungezählten ähnlichen Aeuße-
rungen, die er Seinem Kriegstagebuch „Zwischen Volk und
Menschheit“ anvertraut hat. Gleichwohl glaubte er aus“
"harren zu müssen. Und als im November 1918 die Revolu-
tion ausbrach, Stand Dehmel wieder auf der Seite der Barri»
kade, auf der die rote Fahne wehte. Aber auch jetzt noch
predigte er Kampf bis zum Endsieg, um -- die ganze Welt
vom Joche des Kapitalismus zu befreien!
Einem Kriegsleiden ist Richard Dehmel auch erlegen: Am
8. Februar 1920 ist er entschlafen. Das Wort, das C. F.
Mcever Urich von Hutten in den Mund gelegt hat, gilt auch
für Dehmel: .
„Ich bin kein ausgeklügelt Buch,
Ich bin ein Mensch mit Seinem Widerspruch!“
Werner PCse
FG RD DAS 5 eU UCHERB RBRE Kunmmmerzer
Carl Legien. Ein Gedenkbuch von Theodor Leipart.
187 Seiten mit 32 Abbildungen. Berlin 1929. Verlagsgesell-
Schaft des Allgemeinon Deutschen Gewerkschaftsbundes.
Preis gebunden 6 Mk., kartoniert 5 Mk.
Carl Legien Starb im Dezember 1926. Es Sind also beinahe
zehn Jahre Seit Seinem Lode vergangen, ohne daß bisher
eine Lebensbeschreibung von ihm erschienen war. Die
jetzt vorliegende kann wohl den Anspruch für Sich erheben,
daß Sie das Leben Carl Legiens So aufzeichnet, wie es Sich
vor den Augen der organisSierten Arbeiterschaft und zum
Teil auch vor der Oeffentlichkeit abgespielt hat. Dafür bürgt
Schon der Name des Autors, der Carl Legien So nahe ge-
Standen hat, wie wohl kaum ein zweiter in der deutschen
Arbeiterbewegung. Es ist denn auch Selbstverständlich bei
diesem Buch, daß es uns den großen Gewerkschaftsführer
von Anbeginn Seines arbeitsreichen Lebens bis zu Seinem
Tode auch in Seinen menschlichen Schwächen zeigt. Um So
wertvoller macht uns das Buch aber deshalb den Kämpter
für die ArbeiterinteresSen in Seiner Größe als Mensch und
Führer.
„Das Sägewerk.“ Roman aus der rusSiSchen Gegenwart.
Von Anna Karawajewa. Verlag „Der Bücherkreis .
Wer Claißkows „Zement“ kennt, wird wisSen, daB dort
die Frage des industriellen Wiederauibaus nach den Bürger-
kriegen bebandelt, aiso eigentlich nur ein gesellschaftliches
Teilproblem des neuen Rußland -- wenn avcnh
literariSch meisterbaft -- beleuchtet wird. „Das Sägewerk“
von Anna Karawafjewa Zibt uns mehr. Hier wird im Spiege:
des rusSiSchen Dorfes von beute das rusSiSche Gesamt-
problem aufgerollt. . Das Baverntum iSt ja immer noch der
entscheidende Soziologische Faktor. Im „Sägewerk“ wird
mit vorbildlicher Selbstkritik die kulturelle 'Rückständi igkeit,
die geistig-Seelische Stumpfheit und Brutalität des rusSiSchen
Dorfes blo Bgelegt. Wir beobachten, wie eine bäuerliche Ge-
meinde irgendwo in Zentrairußland dem Lindrivgen des
technisch-gesellschaftlichen Fortschritts, Symbolisiert dutch
ein Sägewerk, Sich mit allen Mitteln entgegenStemmt, und
wie es dem Staatsapparat trotz zäher Energie nur Schritt-
weise gelingt, die in verschiedene KlasSenschichten Te
Spaltene Bauernschaft von der Notwendigkeit des Neven zu
überzeugen. Mit einem bis ans äußerste gehenden RealiS-
mus versteht es die Verfasserin, das ruSSiSche Zeniral-
problem, den Gegengatz von Stadt und Land, in unerpiti-
licher Schärfe dem Leger vor Augen zu führen. Man pe-
kommt in diesem alle Nerven aufpeitschenden Roman ein
weit zuverläsSigeres Bild russiScher Wirklichkeit, als es
hundert parteipolitiSsch SO oder So interesSSierte Zeitun2s-
artikel jemals zu bieten vermögen. Arthur Goldstein.
„Fliegt mit!“ Neue Erinnerungen eines WeltreiSsenden. Von
Georg Wegener. Mit 26 Abbildung en. Halbleinen 2,80 Mk.,
Ganzleinen 3,50 Mk.
„Fliegt mit mir, nicht mit Hilfe einer mechanischen Flug-
maschine, SO wundervolle neue Möglichkeiten des ReiSens
Sie auch den jungen Generationen "eröffnet, Sondern aut
Flügeln des Geistes, die noch viel rascher und leichter über
die Schöne Erde dahintragen, nicht aber auf Fittichen der
Phantasie, Sondern auf Solchen der Erinnerung. Nichts von
dem, was ihr hier legen werdet, ist erfunden, Sondern . . .
alles iSt wirklich erlebt und gefühlt.“ So Schreibt der Autor
im Vorwort, und man kann Schon Sagen, Sein Schatz an
Erinnerungen iSt Schier unerschöpflich. Sie reichen von
Haiderabad bis zum Mont Pele, von der Adventbai nachn
dem Tung-ting-See. Eine Fülle von freudigsten, traurigsten,
abenteuerlichen ErlebnisSen, Gefühlen und Gesgichten. wird
über den Leser ausgegossen. Zwanglos aneinandergefügt,
prägen Sich die Reisebilder der wechselnden Zonen mit
eigenem Farbenreichtum in Seine Phantasie und vermehren
Sein lebendiges Wissen. Das Universum wird ihm ver-
trauter und verständlicher, ja in vielem gewinnt er vielleicht
ein ganz neues Verhältnis zu dieser runden Erde.
Kannibalennächte. Von E. H. Raabe. Verlag F. A. Brock-
haus, Leipzig. 296 S. Preis 4,50 Nik.
' In einer üblen Spelunke in Sydney haut ein I13jähriger
Hamburger Jung, Schulflüchtling, zwei Berutsfechter im
Säbelkampf zusammen. Als Lohn Soll er 100 Mk. erhalten.
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