deutsch-nationaler Bildung. (Fortsetzung I.)
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rechnen demgemäß zu den Volksschulanstalten die Schullehrer-Seminarien
nebst allen Schulen von den Mittelschulen hinab bis zur einfachsten Volksschule
auf dem Dorfe; dazu auch möchten wir wünschen, daß sämtliche Mädchen
schulen, auch die sogenannten höheren Töchterschulen und die Bildungs
anstalten für Lehrerinnen den Charakter als Volksschulen in diesem Sinne
bewahrten und ihren Zöglingen eine tüchtige, je nach den Verhältnissen
gründliche und umfassende Volksschulbildung gewährten. Man muß nur
nicht wähnen, daß das Wort „Volksschule" eine herabwürdigende Bedeutung
enthalte im Gegensatz etwa zu Gymnasien und Realschulen, denn in der
Volksbildung und demgemäß an ihrem Teil in den Volksschulen ruht
die Wohlfahrt des Volkes beschlossen, und alle andern sogenannten höheren
Schulen haben für die Volksbildung nur insoweit Wert, als sie ihre
Schüler befähigen, die fremden Bildungselemente in sich aufzunehmen, zu
verarbeiten und der Bildung und damit der Wohlfahrt des ganzen Volkes
dienstbar und förderlich zu machen. Wie wir das meinen, wird sich noch
klarer ergeben, wenn wir, worauf diese letzte Frage uns eben unmittelbar
hinweist, nunmehr zu der Erörterung der Frage übergehen:
II. Welches ist das Wesen der deutschen Nationalität?
Wir werden dabei zu reden haben erstens von dem Wesen der Na
tionalität überhaupt, zweitens von der Nationalität der wichtigsten ge
schichtlichen Völker vor dem deutschen und drittens von dem Wesen der
deutschen Nationalität. Also
1. Von dem Wesen der Nationalität überhaupt.
Wenn der Apostel sagt, daß Gott Ziel gesetzt und zuvor versehen
habe, wie lange und weit die Völker wohnen sollen, so ist das ohne
Zweifel zunnächst von der Zeit und der Räumlichkeit ihrer Wohnsitze
gemeint. Wir haben aber das Recht, dieses Wort noch in einem wei
teren, tieferen Sinne zu verstehen und zu verwerten. Denn was wir
oben von dem Verhältnis des Leibes und der Seele zu einander und
von der bestimmenden Macht der Seele über die Entwickelung des Leibes
gesagt haben, das gilt auch von den Völkerindividuen im Verhältnis zu
ihren Wohnsitzen. Die Völkerindividuen sind nicht als unbeschriebene
Blätter von Gott nach Willkür in die einzelnen Länder verteilt worden,
damit diese Länder ihre Eigentümlichkeiten der Volksseele einschrieben
und einprägten, damit sie diese Volksseelen je nach dem verschiedenen
Klima, der verschiedenen Bodenbeschaffenheit u. s. w. verschieden ent
wickelten. Vielmehr ist umgekehrt jedem Volke seine besondere Jndivi-