Full text: Evangelisches Monatsblatt für die deutsche Schule - 2.1882 (2)

deutsch-nationaler Bildung. (Fortsetzung I.) 
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rechnen demgemäß zu den Volksschulanstalten die Schullehrer-Seminarien 
nebst allen Schulen von den Mittelschulen hinab bis zur einfachsten Volksschule 
auf dem Dorfe; dazu auch möchten wir wünschen, daß sämtliche Mädchen 
schulen, auch die sogenannten höheren Töchterschulen und die Bildungs 
anstalten für Lehrerinnen den Charakter als Volksschulen in diesem Sinne 
bewahrten und ihren Zöglingen eine tüchtige, je nach den Verhältnissen 
gründliche und umfassende Volksschulbildung gewährten. Man muß nur 
nicht wähnen, daß das Wort „Volksschule" eine herabwürdigende Bedeutung 
enthalte im Gegensatz etwa zu Gymnasien und Realschulen, denn in der 
Volksbildung und demgemäß an ihrem Teil in den Volksschulen ruht 
die Wohlfahrt des Volkes beschlossen, und alle andern sogenannten höheren 
Schulen haben für die Volksbildung nur insoweit Wert, als sie ihre 
Schüler befähigen, die fremden Bildungselemente in sich aufzunehmen, zu 
verarbeiten und der Bildung und damit der Wohlfahrt des ganzen Volkes 
dienstbar und förderlich zu machen. Wie wir das meinen, wird sich noch 
klarer ergeben, wenn wir, worauf diese letzte Frage uns eben unmittelbar 
hinweist, nunmehr zu der Erörterung der Frage übergehen: 
II. Welches ist das Wesen der deutschen Nationalität? 
Wir werden dabei zu reden haben erstens von dem Wesen der Na 
tionalität überhaupt, zweitens von der Nationalität der wichtigsten ge 
schichtlichen Völker vor dem deutschen und drittens von dem Wesen der 
deutschen Nationalität. Also 
1. Von dem Wesen der Nationalität überhaupt. 
Wenn der Apostel sagt, daß Gott Ziel gesetzt und zuvor versehen 
habe, wie lange und weit die Völker wohnen sollen, so ist das ohne 
Zweifel zunnächst von der Zeit und der Räumlichkeit ihrer Wohnsitze 
gemeint. Wir haben aber das Recht, dieses Wort noch in einem wei 
teren, tieferen Sinne zu verstehen und zu verwerten. Denn was wir 
oben von dem Verhältnis des Leibes und der Seele zu einander und 
von der bestimmenden Macht der Seele über die Entwickelung des Leibes 
gesagt haben, das gilt auch von den Völkerindividuen im Verhältnis zu 
ihren Wohnsitzen. Die Völkerindividuen sind nicht als unbeschriebene 
Blätter von Gott nach Willkür in die einzelnen Länder verteilt worden, 
damit diese Länder ihre Eigentümlichkeiten der Volksseele einschrieben 
und einprägten, damit sie diese Volksseelen je nach dem verschiedenen 
Klima, der verschiedenen Bodenbeschaffenheit u. s. w. verschieden ent 
wickelten. Vielmehr ist umgekehrt jedem Volke seine besondere Jndivi-
	        
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