1882. Jso. 7.
GlmngeMes ilonatsfitaft
für die deutsche Schule.
Organ des Deutschen Evangelischen Schulvereins.
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Kfm. Robert Leonhardt in Stettin, Krautmarkt 11 entgegen.
W. Shakesperes Ansichten über Religion und Staat.
Von Oberlehrer vr. Fritsche in Köthen (Anhalt.)
Wenn Schlegel, Horn, Gewinns, Ulrici, Kreyßig, Vehse das bei
Shakespere hervortretende christliche Element ziemlich außer Acht lassen,
muß doch eingeräumt werden, daß dieses tiefen, unsterblichen Kenners
des Menschenherzens und seiner Leidenschaften Anschauung eine vom
spezifisch christlichen Geiste getragene gewesen ist. Die Ansicht von einer
moralischen Weltordnung wird auch von Ulrici und Gervinus ihm vindi-
ciert, allein die Herrschaft der göttlichen Gnade und Liebe in den Ge
schicken der Menschen ganz übersehen. Ein Heide, ein Naturalist, ein
Anhänger Heraklits ohne Glauben an die göttliche Gnade war er eben
sowenig als ein Fürstendiener und Social-Demokrat. Auch construierte
er sich nicht das Christentum im Sinne eines Hegel, Darwin und von
Hartmann.
Allein er blieb wie unser großer Reformator vr. M. Luther eine
echte germanische Erscheinung, die mit kräftiger Sinnlichkeit in deutscher
Erde festgewurzelt dasteht, deren Haupt jedoch in den Himmel hinein
ragt. Sprechen dafür nicht Aussprüche von ihm wie: „Wer Gottes
Wort nicht will, dem hilft weder Kraut noch Pstaster."? Hat er nicht
die Gwndlagen seiner Bildung, seine köstlichen Bilder und Anschauungen
wie auch unser Herder, Schiller und Göthe aus der heiligen Schrift
entbehrt? (cf. Percys Ausspruch in Henry IV, King John, Richard II,
Hamlet, Measure for Measure, Troilus und Cressida 1. Akt 2. Scene).
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