Full text: Evangelisches Monatsblatt für die deutsche Schule - 2.1882 (2)

Meichow, Die Heilung der Schäden unseres Volkslebens. 31 
Thesen über die Heilung der Schäden unseres Volkslebens. 
Von Meichow, Kantor und Lehrer am Jugendgefängnis 
zu Plötzensee bei Berlin. 
1. Die Ursachen all der krankhaften Erscheinungen in unserem Volks 
leben, insonderheit die Zunahme der Verbrechen aller Art bei jugend 
lichen und älteren Personen ist nicht in zufälligen, vorübergehenden Zu 
ständen unseres Volkslebens, sondern in letzter Beziehnng in der immer 
allgemeiner werdenden Irreligiosität unseres Volkes zu suchen. 
2. Soll es in unserem Volksleben wieder besser werden, so fällt 
der Volksschule, von der ca. 95 °/o unseres Volkes ihre Bildung erhalten, 
die Hauptaufgabe zu. 
3. Diese Aufgabe besteht zunächst darin, daß die Lehrer selbst mehr 
Liebe zur Religion und zu göttlichen Dingen durch fleißiges Studium 
der heiligen Schrift und anderer guter Bücher zu erlangen suchen. 
4. Der Religionsunterricht in der Schule muß in der Weise er 
teilt werden, daß weit mehr, als bisher geschehen, Gewicht gelegt wird 
auf die Bildung des Herzens und des Gemüts des Kindes sowie auf 
Kräftigung des Willens. Die Kinder müssen zum klaren Bewußtsein 
von dem, was Recht und Unrecht, was Gott wohlgefällig und Sünde 
ist, gelangen und gelehrt werden, daß sie für jedes Unrecht, das sie be 
gehen, dereinst Gott verantwortlich sind. 
5. Indem sich der Lehrer seiner hohen Aufgabe bewußt ist, daß er 
seine Kinder zu Erden- und Himmelsbürgern zu erziehen hat, muß er 
allen Unterricht, getragen von diesem Bewußtsein, mehr, als bisher ge 
schehen, christlich erziehend erteilen. 
6. Die christliche Schulzucht muß sich auch auf die Kinder außer 
halb der Schule erstrecken und sie verantwortlich machen dürfen für das, 
was sie außerhalb der Schule gethan haben. 
7. Diese christliche Schulzucht muß der Lehrer überall, wo sich ihm 
Gelegenheit bietet, in die Häuser und Familien zu übertragen suchen. 
8. Die christliche Schulzucht darf endlich mit dem 14. Lebensjahre, 
mit der Entlassung aus der Schule, nicht aufhören, sondern sie muß die 
Kinder auch ferner begleiten, bis sie zu einem festen Halt, zu einer ge 
wissen Selbständigkeit gekommen sind. 
Der entsprechende Vortrag, am 5. Okt. 1881 in der General-Versammlung 
des Brandenburgischen Provinzial-Lehrerverbandes zu Charlottenburg gehalten, 
ist der Red. zur Verfügung gestellt und wird gebührende Berücksichtigung finden.
	        
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