255
Beurteilungen und Anzeigen.
Beurteilungen und Anzeigen.
Theodor Kolde, ord. Prof, der Univ. Erlangen. Martin Luther. Eine
Biographie. 2-Lieferung. Gotha. F. A. Perthes (S. 161—320). 2,40 M.
Die vorliegende, von Kleinigkeiten*) abgesehen, recht gut und lebendig ge
schriebene, von innerer Wärme gläubiger Anschauung wohlthätig durchzogene
Biographie Luthers ist gänzlich verschieden von den vielen mehr oder minder
populären Lutherschriften der letzten Zeit. Als das Werk eines der tüchtigsten,
selbständig die Quellen ausbeutenden Lutherforschers verdient sie auch in
unserem Leserkreis die aufmerksamste Beachtung und ist namentlich zur An
schaffung für Lesezirkel und Bibliotheken warm zu empfehlen. Auch neben
Köstlins allgemein anerkannter großer Arbeit über Luther hat Koldes Buch
seinen Platz, indem es einerseits viele Einzelheiten nicht bietet, welche dort vor
geführt werden, da Kolde nur das für die Entwickelung von Luthers Person
und Werk Bedeutsame herausheben will, anderseits aber weiter hinausgreift
durch Berücksichtigung all der zeitgeschichtlichen Faktoren, welche Luthers Ent
wickelung gehemmt oder gefördert haben. Die zweite Lieferung führt uns von
dem Streit mit Prierias bis unmittelbar vor die Abreise nach Worms. Eine
dritte Lieferung soll den ersten der beiden mäßigen Bände dieses Buches ab
schließen. Für den Schluß beider Bände werden die Nachweisungen aus den
Quellen in Form von Anmerkungen verheißen; eine jetzt vielfach beliebte
dankenswerte Einrichtung, welche genaue Nachprüfung gestattet und doch den
Genuß des Lesens nicht durch öftere Unterbrechungen stört.
Auswahl aus Matthias Claudius' Werken von Karl Gerok. Mit Por
trät. 1882. XLIII. und 225 S- 8. Preis geb. M. 2.
Der Idee dieser Auswahl liegt für Lehrer, die in Claudius erst eingeführt
werden sollen, die Absicht zu gründe, die Schriften des Wandsbecker Boten noch
populärer zu machen, als sie es schon in weiten Kreisen des Vaterlandes sind.
Nicht die Gesamtschriften verdrängen, sondern den Weg zu diesen noch mehr zu
bahnen und zu ebnen, das ist der Sinn des kleinen Buches, dem es zu beson
derer Empfehlung dienen wird, daß ein Dichter über den Dichter, und zwar
einer der bedeutendsten und beliebtesten der Gegenwart, urteilt und aus seinen
bunten Schätzen das besonders lebensfähige und allezeit Zeitgemäße austeilt.
Willkommen wird es dem Anhänger der Claudius-Lektüre sein, daß Poesie
und Prosa gesondert erscheinen, wodurch allerdings das Verständnis beider
Formen erleichtert wird. Die Einleitung, die in keiner Weise größere bio
graphische Darstellungen**) überflüssig machen kann und soll, ist auf denselben
Leserkreis berechnet, den der ganze Versuch im Auge hat. Die kleine Sammlung
hofft besonders auch auf eine Propaganda für den Wandsbecker Boten in Süd
deutschland, wo er bisher sich doch ungleich weniger eingebürgert hat als in
seinem heimatlichen Norden. Wer Claudius an der Hand dieses Führers so
lieb gewinnt, daß er gerne den ganzen Wandsbecker Boten haben möchte, den
verweisen wir auf die schöne bei Perthes erschienene Gesamt-Ausgabe (11. stereot.
*) Vgl. z. B. S. 162. In den Augen der Freunde und Gönner ver
größerte sich wohl noch die Gefahr, als sie damals schon war; oder
S. 175 oben den die Deutlichkeit störenden, zu häufigen Gebrauch des Pro
nomens er.
**) Als solche empfehlen wir die in gleichem Verlage erschienenen von
W. Herbst (4. Aust. 6 M.).