Full text: Evangelisches Monatsblatt für die deutsche Schule - 4.1884 (4)

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Dr. K. Strack: Noch ein Wort 
Geschlechts zu Mitgliedern der christlichen Kirche auszubilden und nebenbei 
die damals noch geringen Kenntnisse, welche der irdische Beruf der ar 
beitenden Klasse forderte, denselben mitzuteilen. Mit den Fortschritten 
der Zeit stellte das Leben andere, weiter gehende Forderungen an die 
jenigen, welche sich einem gewerblichen wissenschaftlichen Berufe widmeten. 
Schon Comenius und Ratke (Ratich) zeigten die Notwendigkeit, den 
Realunterricht in die Schulen einzuführen; durch Francke und den Pietis 
mus geschah dies noch in höherem Grad. So entstanden die Realschulen 
im Gegensatz zu den humanistischen Gymnasien. In unserem Jahrhundert 
wuchsen dieselben wie Pilze aus der Erde. Trotz verschiedener Auffassung, 
und wiewohl man über die Ausführung derselben noch nicht in völliger 
Klarheit war, betrachtete man doch als deren Aufgabe, die geistige Vor 
bereitung für das Geschäftsleben zu gewähren. Erst seit etwa der Mitte 
unseres Jahrhunderts suchte man für dieselben die Berechtigung zu erlangen, 
daß sie auch zum Besuch der Universität für mehr technische Fächer, Natur 
wissenschaften und Mathematik, auch wohl Medizin, — weil diese auf 
Kenntnis der Natur beruht, die erforderliche Vorbereitung bieten dürften. 
So erweiterte sich der Unterschied zwischen Realschulen und Gymnasien 
und unter den ersteren wieder zwischen Realschulen zweiter und erster 
Ordnung (Realgymnasien). 
Mit den Fortschritten der Zeit in Gewerben und Ackerbau, mit dem 
erleichterten und erweiterten Verkehr der Menschen steigerten sich auch die 
Forderungen an die Volksschulen, und da nicht alle das Geforderte zu 
leisten im stände waren, so entstanden die sogenannten „erweiterten Volks 
schulen" und die „Mittelschulen." Hierzu kamen die Anstalten zur Aus 
bildung der Mädchen, welche über die gewöhnlichen Volksschulen hinaus 
gehen sollten. Es wurden die „Höheren Töchterschulen", sowie die „Mittel 
schulen" für weibliche Bildung ins Leben gerufen. Natürlich mußte bei 
dieser Verschiedenheit die Einheit der Schule leiden. 
Mit den Fortschritten der Wissenschaft wurde noch ein weiterer 
Unterschied unter den Lehrern derselben Schulgattung notwendig. Ehe 
mals war es nicht allzuschwer, daß ein und derselbe Lehrer in den ver 
schiedenen Disziplinen unterrichtete, wie Einsender dieses noch bei seinem 
Gymnasialbesuch erfahren hat. Die Philologen erteilten auch Unterricht 
in der Mathematik, Physik, Geschichte und Geographie, da die Forderungen 
in allen diesen Gegenständen beschränkt waren. Nur für die französische 
und hier und da für die englische Sprache verwendete man besondere 
Lehrer, welche großenteils als Nebenlehrer angesehen wurden. Selbst
	        
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