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Dr. K. Strack: Noch ein Wort
Geschlechts zu Mitgliedern der christlichen Kirche auszubilden und nebenbei
die damals noch geringen Kenntnisse, welche der irdische Beruf der ar
beitenden Klasse forderte, denselben mitzuteilen. Mit den Fortschritten
der Zeit stellte das Leben andere, weiter gehende Forderungen an die
jenigen, welche sich einem gewerblichen wissenschaftlichen Berufe widmeten.
Schon Comenius und Ratke (Ratich) zeigten die Notwendigkeit, den
Realunterricht in die Schulen einzuführen; durch Francke und den Pietis
mus geschah dies noch in höherem Grad. So entstanden die Realschulen
im Gegensatz zu den humanistischen Gymnasien. In unserem Jahrhundert
wuchsen dieselben wie Pilze aus der Erde. Trotz verschiedener Auffassung,
und wiewohl man über die Ausführung derselben noch nicht in völliger
Klarheit war, betrachtete man doch als deren Aufgabe, die geistige Vor
bereitung für das Geschäftsleben zu gewähren. Erst seit etwa der Mitte
unseres Jahrhunderts suchte man für dieselben die Berechtigung zu erlangen,
daß sie auch zum Besuch der Universität für mehr technische Fächer, Natur
wissenschaften und Mathematik, auch wohl Medizin, — weil diese auf
Kenntnis der Natur beruht, die erforderliche Vorbereitung bieten dürften.
So erweiterte sich der Unterschied zwischen Realschulen und Gymnasien
und unter den ersteren wieder zwischen Realschulen zweiter und erster
Ordnung (Realgymnasien).
Mit den Fortschritten der Zeit in Gewerben und Ackerbau, mit dem
erleichterten und erweiterten Verkehr der Menschen steigerten sich auch die
Forderungen an die Volksschulen, und da nicht alle das Geforderte zu
leisten im stände waren, so entstanden die sogenannten „erweiterten Volks
schulen" und die „Mittelschulen." Hierzu kamen die Anstalten zur Aus
bildung der Mädchen, welche über die gewöhnlichen Volksschulen hinaus
gehen sollten. Es wurden die „Höheren Töchterschulen", sowie die „Mittel
schulen" für weibliche Bildung ins Leben gerufen. Natürlich mußte bei
dieser Verschiedenheit die Einheit der Schule leiden.
Mit den Fortschritten der Wissenschaft wurde noch ein weiterer
Unterschied unter den Lehrern derselben Schulgattung notwendig. Ehe
mals war es nicht allzuschwer, daß ein und derselbe Lehrer in den ver
schiedenen Disziplinen unterrichtete, wie Einsender dieses noch bei seinem
Gymnasialbesuch erfahren hat. Die Philologen erteilten auch Unterricht
in der Mathematik, Physik, Geschichte und Geographie, da die Forderungen
in allen diesen Gegenständen beschränkt waren. Nur für die französische
und hier und da für die englische Sprache verwendete man besondere
Lehrer, welche großenteils als Nebenlehrer angesehen wurden. Selbst