Full text: Evangelisches Monatsblatt für die deutsche Schule - 4.1884 (4)

über die Verhandlungen auf dem dritten Schulkongreß. 355 
für den Unterricht im Hebräischen waren die meisten Lehrer — großen 
teils Theologen — befähigt; anders im Laufe der Zeit. Man unter 
schied nicht bloß alte und neue Philologie; es wurden auch besondere 
Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften angestellt, sogar für 
Geschichte und Geographie. Man gründete besondere Berufsschulen für 
Baugewerbe, Landwirte, Brauer u. dergl. Aus den Universitäten finden 
sich fiicht bloß Professoren verschiedener Fakultäten, sondern verschiedene 
für die verschiedenen Zweige derselben Wissenschaft; alttestamentliche und 
neutestamentliche Exegese, Kirchengerichte, Dogmatik, Anatomie, Physio 
logie, Pandekten rc. rc. Diese Verschiedenheit läßt sich nicht mehr be 
seitigen; non omnia possumus omnes; sie ist eine notwendige Folge 
der Fortschritte in Wissenschaft und Leben. 
Auch die Einheit der Schule kann nicht durch Beseitigung der 
erwähnten Verschiedenheit hergestellt werden. Nur eins ist möglich, die 
Einheit des Geistes. Vor allem ist an die Lehrer die Forderung zu 
stellen, daß sie unter einander und mit einander die Einheit zu repräsen 
tieren suchen. Das gilt besonders von den Lehrern derselben Anstalt. 
Die Schule muß darunter leiden, wenn unter den Lehrern selbst Parteiungen 
und Spaltungen entstehen, wenn sich dieselben unter einander verfeinden, 
verkleinern und in ihrem Amte hindern. 
Doch ist es auch vom Übel, wenn die Lehrer verschiedener Schul 
kategorien sich nicht als ein einig Volk von Brüdern ansehen, als gleich 
berechtigte und -verpflichtete Mitarbeiter an dem großen Werke der 
Menschenbildung. Es ist zu beklagen, wenn Lehrer höherer Schulen mit 
Selbstüberhebung und Geringschätzung auf die Lehrer niederer Kategorien 
herabsehen, oder wenn diese neidisch auf die Stellung jener Hinblicken; 
sie schaden dadurch sich selbst und der Sache, welcher sie dienen. Es ist 
zu bedauern, wenn die Lehrer verschiedener Schulkategorien sich kaum 
um einander bekümmern, wenn sich die Lehrer an Gymnasien und Real 
schulen zu vornehm dünken, Zeitschriften und Bücher, welche zunächst für 
Volksschulen geschrieben find, zu lesen, wenn sie sich konsequent von Ver 
sammlungen fern halten, in welchen die Sache der Volksschulen besprochen 
wird. Gerade der Schulkongreß kann die Lehrer verschiedener Schul 
kategorien einander nähern und sollte darum fleißig von allen Lehrern 
besucht werden. 
In den Schulbehörden sollte jedenfalls die Einheit der Schule 
repräsentiert sein. Wir können es nicht billigen, wenn verschiedene Be 
hörden für höhere und niedere Schulen bestehen. Mögen auch die Re-
	        
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