Full text: Evangelisches Monatsblatt für die deutsche Schule - 4.1884 (4)

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H. Trenkel: Mein und rein. 
dagegen werden wir uns nicht sträuben, wenn wir bedenken, daß jenes 
durch dieses erst möglich wird. Auf wissenschaftlichem Gebiete gilt 
heutzutage der Satz: Je bedeutender der Forscher, desto enger sein Arbeits 
gebiet, aber auch desto größer seine Erfolge. Sollte sich diese Wahrheit 
nicht auch bei unserer Arbeit in der Schule bewähren, durch die wir 
unsern Schülern nicht bloß ein Wissen und Können zu übereignen, sondern 
in und mit demselben sie geistig zu heben, sittlich zu kräftigen und ihrem 
innern Menschen eine bestimmte Richtung zu geben haben? „Rein und 
klein", dagegen freilich verwahre ich mich auch, schon aus Gründen, die 
in der Logik der Thatsachen liegen; aber „klein und rein", das fordert 
einfach eine gesunde Methode. 
1. Also „klein und rein" und zwar zuerst bei jedem Schritte, 
den wir in der Lehrstund e vorwärts thun. Kinder haben kurze 
Beine und für die Schritte, die sie in der Schule thun sollen, weit 
kürzere, als wir gewöhnlich annehmen. Vielleicht haben wir uns in 
keinem unserer Urteile häufiger geirrt, als in dem über die Leistungs 
fähigkeit unserer Schüler in dieser Hinsicht. Jeder Schritt soll ganz 
gethan werden und von allen Schülern, auch von den Schwächern. Darum 
„klein", und dann ist auch das „rein" möglich. Denn sie sollen nicht 
bloß etwas lernen, sondern sie sollen es sicher lernen; sie sollen nicht 
bloß etwas können, sondern sie sollen es gut können. Aber noch mehr. 
Nicht auf deu Umfang dessen, was wir den Kindern im einzelnen Falle 
bieten, kommt es an, sondern auf die Wirkung, nicht auf die Größe des 
Schrittes, den wir thun, sondern auf die geistige und sittliche Anstrengung, 
in welche die Kinder bei demselben versetzt werden. 
Dieses Umstandes wegen gilt auch für uns Lehrer die Norm: 
„klein und rein." Wir haben nicht bloß etwas Gutes zu geben, sondern 
sollen es in möglichster Bestimmtheit, in größter Einfachheit und Natür 
lichkeit geben. Das Gebiet, das wir zu behandeln haben, rechnet man 
ohne Frage zu dem niederen Unterricht, und die hohe Aufgabe des 
Lehrers in den niederen Unterrichtsanstalten ist es, darauf zu studieren, 
wie er, was er bringt, auf die einfachste und ungesuchteste Weise bringt. 
Einfalt und Kraft; wer hätte es in dieser Beziehung schon weit genug 
gebracht! Und doch wird das, was aus jenen Tugenden geboren ist, 
zu einer Thatsache, und nur Thatsachen überwinden die Seele und 
nehmen sie ganz hin. „Wenn du Nächte darangeben müßtest, um 
mit zwei Worten zu sagen, was andere mit zwanzig erklären, so laß 
dich die schlaflosen Nächte nicht dauern," sagt Pestalozzi. Also „klein
	        
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