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Dr. A. Kolbe: Griechentum und Christentum.
und Halleluja sind uns iu Kirche, Schule und Haus unentbehrlich
geworden. Dazu ruft die Nähe der Adveutszeit Hosianna uns ins
Gedächtnis, und das Ungeschick mancher Vorleser das dunkele Sela,
das man eben als Mnsikzeichen nicht lesen darf, während umgekehrt
wir als Christen kindlich getrost anstimmen: Dir, dir, Jehova, will
ich singen, wo der knechtisch befangene Sinn in thörichtem Mißverständnis
einer Schriftstelle Adonaj (HErr) an die Stelle des tiefsinnig majestä
tischen Namens des Heilsgottes setzt. Auch Abba, Golgatha,
Satan, Zebaoth, wollen wir in diesem Zusammenhange nicht vergessen.
Verstehen nun die meisten unserer Leser all diese Ausdrücke
gründlich? Soweit mich die Erfahrung gelehrt, viele, auch studierte,
Männer nicht. Darum versuche ich eine einfache Erklärung solcher
Wörter zum Besten aller, die noch lernen mögen. Auch bitte ich ein
schlägige Fragen mir nicht vorzuenthalten. Wir beabsichtigen zu handeln
erstens von den hebräischen und chaldäischen Wörtern unserer Kirchen
sprache, zweitens von den griechischen, drittens von den lateinischen.
Griechentum und Christentum.
Vom Herausgeber.
(Betrachtungen im Anschluß an das gleichnamige Buch*) des Geheimen
Regierungs- und provinzial - Schulrat Nr. Theodor Mehrmann).
Seit dem zweiten Jahrhundert hat es für Freunde des Griechen
tums mit seiner großartigen Kunst, seiner tiefgrabenden Forschung,
seinem Ringen nach Wahrheit in göttlichen Dingen, seiner unvergleich
lichen Litteratur stets einen besonderen Reiz gehabt, wenn sie zugleich
im christlichen Glauben standen, diese beiden grundlegenden Kräfte,
auf welchen unsere gesamte Bildung im tiefsten Grunde beruht, in ihrem
gegenseitigen Verhältnis zu betrachten und womöglich nachzuweisen, daß
neben der eigentlichen Vorbereitung der vollen Gottesoffenbarnng im
Alten Lunde eine minder klare, aber gleichwohl nicht zu verkennende
Vorstufe des Heiles in den edelsten Männern des alten Griechenlands
und ihren tiefsinnigen Schriften zu finden sei. Mochte ans die Sonne
der Gerechtigkeit auch nur Ein Mond mit hellem Glanze in der Nacht,
welche vor der Erscheinung des Gottessohnes das Erdreich deckte, als
Vorläufer hinweisen: so konnte ein durch die Liebe geschärftes Auge
doch mitten in der sittlichen Finsternis und dem Dunkel der Vorstellungen
*) Gesammelte Vorträge. F. Hirt. Lreslaii 1888. 216 S. 8". brosch. 3,50 M.