Full text: Katholische Lehrerzeitung - 4.1893 (4)

Katholische Lehrerzeitung. 
Organ ?ur Jörderung des katholischen Khrerverbandes. 
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IV. Jahrgang. Nr. 8. 
Druck und Verlag von Ferdinand Lchöningh. 
Paderborn, Münster, Osnabrück, Main;. 
10. Mär? 1893. 
Anhakt: Uhlands „Das Glück von Edenhall" und ! Pelplin, aus Schlesien. Württemberg. — Allerlei: Auf- 
Heines „Belsazar" — ein Vergleich. Von P. Berdolet. — ruf und Einladung. — Die Selbstmorde von Schülern in 
Praktische Winke. III. — Kritik: Volksschulreform und , Preußen. — Mir stille Stunden. I. — Stellenanzeiger. — 
Schriften von Harms-Kallius, Reuter, E. R. Müller. — Anzeigen. 
Berichte: Von der Haar, vom Taunus, Wiesbaden,^ 
Uhlands ,,Mas Glück von GdenhaU" und 
Heines „Belsazar" — ein Vergleiche 
Von Peter Berdolet in Aachen. 
Motto: „Der Stolz geht vor dem Verderben 
her und Hochmut vor dem Falle." 
Sprichw. XVI, 18. 
„DerMensch versuche die Götter nicht." 
Schillers Taucher. 
„Für eine Poesie, die nur die individuellen Empfindungen 
ausspricht, habe ich nie Sinn gehabt . . . Meine Gedichte 
sind in der Liebe zum Volke gewurzelt." Was Ludwig 
Uhland in diesen Worten von seinem poetischen Schaffen 
selber aussagt, spiegelt sich klar und deutlich wieder in dem 
kostbaren Schatze seiner volkstümlichen Lieder und Balladen, 
* Disposition. 
I. Einleitung. Uhland und Heine als Mensch und Dichter. 
II. Abhandlung. Es werden verglichen: 
1. die Quellen der beiden Gedichte: 
a) Beziehung der Dichter zu ihren Quellen, 
b) die Quellen selber, 
c) Verhältnis der Gedichte zu ihren Quellen; 
2. die Idee in ihren beiden Momenten: 
a) die Frevelthatcn oder die Schuld, 
b) der Fall oder die Strafe; 
3. der innere Aufbau: 
a) Gliederung, 
b) Exposition, 
c) Charaktere, 
d) Höhepunkt, 
e) Schluß; 
4. die äußere Form: 
Redefigurcn, Versmaß, Reim und Strophenform; 
5. der Balladencharakter; 
6. die unterrichtliche Verwertung. 
III. Schluß. Urteil über den poetischen Wert der beiden 
Balladen. 
Benutzte Quellen: 1. Düntzer, Erläuterungen 
zu Uhlands Balladen und Romanzen. 2. Gude, Erläute 
rungen deutscher Dichtungen, IV.Reihe. 3. Linnig, Vor 
schule der Poetik und Litteraturgeschichte. 4. Lüben und 
Racke, Einführung in die deutsche Litteratur III. 5. Reto- 
liczka, Zu Heines Balladen und Romanzen. 5. Rotier, 
L. Uhland. Sein Leben und seine Dichtungen. 8. St rodt 
mann, Heines Leben und Werke. 
aus denen uns überall der frische Hauch echtdeutschen Ge 
mütes erquickend entgegenweht. Selber ein ganzer Mann, 
voll tiefen Ernstes und wahrer Menschenwürde, ausgerüstet 
mit allseitigem Verständnisse des deutschen Nationalgeistes, 
ist Uhland ein mustcrgiltiger Dichter für sein Volk geworden; 
denn „keiner sang in unsrer Mitte, der so wie er, un 
wandelbar ein Spiegel vaterländ'scher Sitte, ein Herold 
deutscher Ehren war." Darum hat er sich auch mit seinen 
treuherzigen Weisen in die Seele der deutschen Nation hin 
eingesungen, darum wird er immer fortleben „in dem Mund 
des Volkes, dort, wo reines Leben ist". 
Gewiß sang in dem liederreichen deutschen Dichterhain 
mancher gottbegnadete Sänger, jedoch mir dem sittlich-hohen 
Charakter und der bescheidenen Größe Uhlands können nur 
wenige Auserwählte wetteifern. So fehlte z. B. Heinrich 
Heine, diesem sonst ausgezeichneten Dichtergenie, vollends die 
stille Demut und keusche Manneswürde, und darum werden 
seine Schöpfungen nie das geistige Gemeingut des deutschen 
Volkes werden, trotz seiner und seiner Freunde prahlerischen 
Eitelkeit und stürmischen Buhlerei um des Volkes Gunst. 
„Mit dem Kainszeichen eines geistigen Selbstmörders auf 
der Stirn" irrt dieser Unglückliche ruhelos durch die Welt; 
alles Heilige und Schöne: Gott, Vaterland und Sitte hat 
er frevelnd über Bord geworfen. Wohl entlockt auch er 
seiner Harfe wunderbare Melodieen, reich an Geist und 
süßem Zauber, aber wenn wir den glänzenden Troubadour 
auch bewundern, wahrhaft lieben werden wir ihn niemals. 
Sogar in die zartesten Herzensklänge mischt der unpriester- 
liche Sänger mit boshafter Lust die schrillsten Mißtöne, zer 
stört lachend durch rohen Witz, beißenden Spott oder gar 
freche Lästerung die erhabensten Seelenstimmungen, so daß 
er selber klagend gestehen muß: „Vergiftet sind meine Lieder; 
wie könnt' es anders sein?" Vereinzelt finden sich in seinem 
reichen Liederschätze allerdings auch reine Goldperlen, die 
! frei sind von aller unsaubern Schlacke, bestrickende Melodieen, 
; die in humoristischen Akkorden wohltönend ausklingen. 
' Außer einzelnen Blumen-, Meer- und Liebesliedern zählt 
zu diesen fleckenlosen Gebilden seiner Poesie die erschütternde 
Ballade „Belsazar". Der Grundcharakter dieses großartig
	        
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