Katholische Lehrerzeitung.
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IV. Jahrgang. Ar. 22. \
? Druck und Vertag von Ferdinand Schöningh. S
s Paderborn, Münster, Osnabrück, Mainz. (■
1 1. August 1893.
Anhalt: Erziehung zur Keuschheit. III. — Die Pausen
in der Volksschule. Von Dr. F. Noser. — Poesie und
Volksschule. Von P. Heck. I. — Jugend- und Volksspiele
in ihrer socialen Bedeutung. Von E. v. Philippovich. —
Verordnungen. — Berichte: Vom Rhein, Berlin,
Wiesbaden, Koblenz. Arnsberg, Hamm, Jablonowo. —
.Allerlei: Kathol. Lehrervereiu im Regbez. Wiesbaden.—
Stellenanzeiger. — Briefkasten. — Anzeigen.
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(Zeitungs - Preisliste Nr. 3302)
und Buchhandlungen.
In Verllinllnng mit jnfitmisieii Schulmännern
herausgegeben
von
W. Dürken.
Erziehung zur Keuschheit.
(2. Fortsetzung.)
Niemand aus uns wird wohl die Praxis u. a. eines
Salzmann gutheißen, der, ausgehend von der Bestaubung j
der Blumen, der Jugend einen förmlichen Unterricht erteilt I
haben will über die Genesis des einzelnen Menschen. Solchen i
Stimmen gegenüber führen wir Dr. Lorenz Kellner
ins Feld: „Die meisten pädagogischen Schriften scheinen
ordentlich mit einer gewissen Ängstlichkeit und Unentschieden-
heit die Frage zu umgehen, ob man Kinder über geschlecht
liche Verhältnisse belehren solle. Und doch wissen ins
besondere unsere Mütter recht gut, wie die Kinder in dieser
Hinsicht mit Fragen quälen können, wie ihnen hierzu selbst
die Geburtstage Veranlassung geben, und wie ste mit der
Wißbegierde eines Philosophen, der über den Ursprung der
Dinge grübelt, auch der Frage nachdenken, woher nun so
auf einmal der kleine Bruder oder das Schwesterchen ins
Haus gekommen sei. Ich halte dafür, daß man die Kinder,
so lange sie eben Kinder sind, nicht über die Bedeutung des
Geschlechtlichen aufkläre, und daß eine solche Aufklärung
auch durchaus nicht den Nutzen bringen würde, den manche
Philanthropen sich von diesen gewagten Enthüllungen ver
sprechen möchten. Die letztere Meinung stützt sich auf die!
keineswegs durch unsere Erfahrung bewährte Ansicht, daß
die Erkenntnis den Willen bestimme und vor Verirrungen
bewahren werde. Daß ich mich aber gegen solche Ent
hüllungen erkläre, geschieht aus doppelten Gründen. Ein
mal haben die Erkenntnis und das Wissen nimmermehr
die Kraft, vor Verirrungen zu behüten, sondern diese Kraft
ist vielmehr in der Beziehung zu Gott und in der Reinheit
des Herzens zu suchen; andernteils giebt uns aber auch
die Natur selbst die beste Belehmng über unser Verfahren.
Wie sie die geschlechtlichen Beziehungen sich unbewußt ent
wickeln läßt und in ein keusches Dunkel hüllt, wie es uns
fast unmöglich ist, darüber zu reden und Erklärungen zu
geben: so sollen wir auch das Verborgene keineswegs seines
schweigenden Geheimnisses entkleiden, sondern der innern
Stimme und dem Winke der Natur folgen. Aber die
Wahrheit! Soll ich des Kindes Fragen mit Lügen beant
worten? Ich will davon absehen, daß wir in vielen andern
Beziehungen weit nicht so gewissenhaft sind, sondern lieber
hervorheben, daß selbst dem bekannten Storchmärchen der
rechte Sinn und die volle Wahrheit unterbreitet werden
kann. Kinder sind ja eine Gabe des Himmels, und was
wissen wir von ihnen und von uns mehr, als daß alles
Leben ein Ausfluß des ewig Lebenden ist! Keusche und
fromme Eltern werden sich auch keuscher Kinder erfreuen,
und eine christliche Bildung ist der beste Talisman gegen
alle Verführungen des Lebens. Laßt die Kleinen denken
und grübeln und sich allerlei Hypothesen aufstellen, das ist,
> wenn sonst jene christliche Bildung zur Seite steht, lange
! nicht so gefährlich, als Enthüllungen, welche die Neugier
reizen, anstatt sie zu befriedigen und durch die Ungeschick-
! lichkeit pädagogischer Wahrheitsfreunde doppelt gefahrbringend
werden möchten. Erziehe zu Gott, vertraue auf Gott und
verbanne sodann jede ängstliche Sorge. Denen jedoch,
welche in heidnischer Thorheit das Verderben ihrer Kinder
dadurch herbeiführen, daß sie entweder selbst den christlichen
Spruch vergessen: „Wehe dem. der diesen Kleinen
Ärgernis giebt!" — oder in sträflicher Unachtsamkeit
durch Fremde das Gift der Verführung einflößen lassen,
rufe ich mit dem Heiden Juvenal zu:
„Ehre die Unschuld des Kindes, wie man das Heiligste ehret!
Denke nicht: Kinder, die mögen es sehen, was ich beginne,
Kinder versteh'n es noch nicht. Nein, auch der lallende Knabe
Rufet dir zu: Steh ab — verschone die Unschuld!"
(148. Aphorisme.)
Bezüglich eines Punktes weichen wir von dem allver
ehrten Pädagogen ein wenig ab. In unsern Augen findet
I nämlich der erwähnte „Storch" keine Gnade: einerseits
! empört sich das strenge Wahrheitsgefühl; anderseits wollen
wir nicht selbst dem ,Kurare in verba magistri“ den
Todesstoß versetzen. Jüngsthin las ich in einer Zeitschrift
j für Seelsorger, wie die neugierige Frage: „unäe inkantee?"
zu beantworten sei. Und da heißt es denn: „a Deo“,
j Ja wohl, von Gott stammen die Kinder. Man könnte
kühn eine Prämie setzen aus die Erfindung einer Antwort