Full text: Katholische Lehrerzeitung - 4.1893 (4)

Katholische Lehrerzeitung- 
Organ ?ur Mrderung des katholischen Khrerverbandes. 
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IV. Jahrgang. Nr. 35. 
Druck und Verlag von Ferdinand Lchöningh. 
Paderborn, Münster, Osnabrück, Main?. 
10. Dezember 1893. 
Inhalt: Die Gewöhnung als Erziehungsmittel. Von 
E. Reinold. II. — Die Volksschulreform, ein Hauptmittel 
zur Bekämpfung der Socialdemokratie. Von V. Mayaux. III. 
— Bericht der litterarischen Kommission des „Kathol. Lehrer 
vereins im Regierungsbezirk Wiesbaden". II. — Bericht der 
litterarischen Kommission des kathol. Lehrervereins Köln. — 
Verordnungen. — Berichte: Berlin, Niederlahnstein, 
Wiesbaden, Schwetz, Westpreußen. — Allerlei: West 
fälischer Provinzialverein. — Anzeigen. 
Nie Gewöhnung als Erziehungsmittel. 
Von E. Reinold in Düsseldorf. 
II. 
Suchen wir uns jetzt auch die Frage zu beantworten, 
worauf sich die Gewöhnung beziehen soll. Wie 
von selbst wird sich uns dabei auch stets die weitere Frage 
aufdrängen, welche Mittel und Wege in den einzelnen Fällen 
besonders zu empfehlen sind, um die Gewöhnung zu fördern. 
Was nun die erste Frage anbelangt, so sind die Kinder 
im allgemeinen zu gewöhnen an das Gute und Wohl 
anständige, an ein solches Handeln, wodurch sie sich das 
Wohlgefallen Gottes und der Menschen erwerben, an das, 
was ihnen Regel und Richtschnur fürs Leben werden soll. 
Hiermit wird der Anfang schon früh im Elternhause ge 
macht. Die erste Erziehung ist ja lediglich ein Gewöhnen. 
Doch nicht alle Eltern tragen in pflichtschuldiger Weise 
Sorge, daß die erste Grundlage eine gute wird. In manchen 
Fällen sind die Angewöhnungen, die das Kind mit zur 
Schule bringt, ganz verkehrte, so daß der Lehrer hier nicht 
einfach fortbauen kann, sondern vorerst an das meist so 
mühsame Werk des Abgewöhnens gehen muß. Da ist es 
denn am zweckmäßigsten, überall an die Stelle der üblen 
Angewöhnungen das entgegenstehende Gute zu setzen und 
dessen Pflege sich eifrigst angelegen sein zu lassen. Zunächst 
und vor allem muß der Lehrer darauf bedacht sein, die! 
Kleinen an Zucht zu gewöhnen. Seine gesamte Wirk-! 
samkeit ist in ihrem Erfolge größtenteils bedingt durch eine ! 
gute Schulzucht. Ohne sie kann weder die Bildung des | 
Verstandes, noch die Bildung des Charakters gedeihlich j 
fortgeführt werden. Ebenso wird, wo es in einer Schule 
an einem tüchtigen Regiment fehlt, auch die übrige Ge 
wöhnung mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen haben. - 
Darum lege man den Schulneulingen sofort die Zügel an,! 
in welchen sic sich zwar die ersten Tage noch etwas freier! 
bewegen dürfen, die aber nach und nach straffer angezogen ! 
werden. In dem Gesetzbuch der Schule giebt es eine recht 
lange Reihe von Paragraphen, nach welchen zu handeln j 
die Kinder sich gewöhnen sollen. Allen Forderungen voran | 
steht die, sich in der Klasse eines ruhigen Verhaltens zu 
befleißigen, ohne welches an Sammlung und Aufmerk-; 
samkeit beim Unterricht nicht gedacht werden kann. Von 
vornherein dringe man also darauf, daß die Kleinen möglichst 
stille sitzen, und zwar bei gerader Körperhaltung und in 
geraden Reihen, daß sie ferner kein Geräusch mit den Füßen 
machen, leise aufstehen, leise hinausgehen, daß sie alles 
Flüstern und Schwätzen, alles laute Heraufnehmen und 
Weglegen der Sachen meiden, und was der hier in Betracht 
kommenden Einzelheiten noch mehr sind. Gerade die ersten 
Schulwochen sind für die Gewöhnung an Ruhe und Ord 
nung ganz besonders wichtig. Da müssen die Kleinen geübt 
werden, alles dessen sich leicht zu entschlagen, was die Ruhe 
und damit zugleich den Unterricht irgendwie stören könnte. 
Auf dem Gebiete der Schulzucht giebt es noch manche Fälle, 
wo eigentlich nur durch eine gute Gewöhnung günstige 
Resultate zu erzielen sind. Dahin gehören z. B. die richtige 
Körperhaltung beim Schreiben, die gute Führung des Griffels 
und der Feder, die ausschließlich linksseitige Placierung 
des Buches beim Abschreiben, die korrekte Aussprache, das 
Lautsprechen, das Antworten in ganzen Sätzen. Was ver 
mögen hier Belehrungen? Wie bald und oft wird das 
Gebot vergessen! Ein zuverlässiges Mittel, die Schulzucht 
für die Dauer auf einen guten Stand zu bringen, besitzt 
man einzig in der Gewöhnung. 
Die Schule hat auch die Pflicht, im Verein mit dem 
Elternhause den Kindern anzugewöhnen, was zur äußern 
guten Sitte gehört. Da mögen denn von den vielen 
auf diesem Felde zu ziehenden Früchten zunächst die O rd- 
nung, Pünktlichkeit und Reinlichkeit genannt werden, 
sämtlich Tugenden, welche die Jugend sich bei einiger Festig 
keit und nicht ermangelndem guten Beispiele sehr leicht 
aneignet. Sorgen wir unablässig und unverdrossen für 
eine gute Schulordnung, die sich auch in den kleinsten 
Kleinigkeiten nicht verleugnet, so leisten wir das Beste 
in der Gewöhnung an Ordnung und Pünktlichkeit. 
Man gestatte also nie ein Zuspätkommen, nie ein Ver 
lassen des Platzes zu unrechter Zeit. Ebenso lasse man 
nie ein Kind an der Anfertigung einer aufgegebenen 
Arbeit vorbeikommen. Kein Kind darf ungewaschen und 
mit wirr durcheinanderliegenden Haaren, keines mit zer 
rissenen oder arg beschmutzten Kleidern in der Schule er 
scheinen. Wie das Schulzimmer init dem, was darin ist,
	        
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