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Deutsche Schulzeitung.
Die Ersetzrmg der jetzigen Schullehrer durch deutsche (denn von einer bloßen Con-
currenzkann in den Dörfern keine Rede sein) würden wir als einen beklageuswerthen
Mißgriff ansehen, dem zu vergleichen, welchen die dänische Regierung in Schleswig-
Holstein beging, und der so viel dazu beitrug, sie der dortigen deutschen Bevölkerung
verhaßt zu machen. Die katholischen (wie die protestantischen) Schullehrer sind gebor-
ne Elsässer, der deittschen Sprache mächtig, meistens in der Normalschule (Schullehrer
seminar) von Straßburg gebildet und mit den Sitten und Gebräuchen des Volkes ver
trant, aus dem sie hervorgegangen und in dessen Mitte sie wirken; sie durch fremde
Lehrer aus der Ferne ersetzen, hieße diesen eine höchst schwierige Stellung bereiten und
sie von vornherein dem Mißtrauen und dem Uebelwollen der Bevölkerung preisgeben.
Zudem können wir uns nicht erklären, wie der fragliche Artikel das Bestehen
protestantischer Schulen mit ihren Lehrern und Lehrerinnen ganz mit Stillschweigen über
geht, und doch sind dieselben, besonders im untem Elsaß zahlreich, denn es gehört dort
ungefähr der dritte Theil der Bevölkerung den beiden protestantischen Kirchen an. Die
Lehrer erhalten ihre Bildung theils in derselben Normalschule wie ihre katholischen Col-
legen (freilich ist schon mehrmals der Wunsch einer eigenen Normalschule für sie laut
geworden), theils in kleineren, von freien Vereinen gegründeten oder unterstützten Schul-
lehrer-Seminarien; die Lehrerinnen in der ausschließlich protestantischen, durch freiwillige
Beiträge gestifteten Normalschule von Straßburg. Ebenso scheint Hr. D. von dem
schon 1538 in Straßburg gegründeten und bis auf den heutigen Tag bestehenden pro
testantischen Gymnasium nichts zu wiffen; wenigstens erwähnt er dasselbe nicht, wo er
von den Colleges und Lyceen redet.
In Betreff der französischen Sprache schlägt endlich Hr. D. eine gewaltsame
Maßregel vor, die wir entschieden mißbilligen. Er will nämlich, daß dieselbe „in der
Volksschule weder gelehrt noch gesprochen werde," obschon er gestattet, daß sie in den
Mittel- und Fortbildungsschulen zu lehren sei. Wir wollen zugeben, daß in den letzten
Jahren ein einseitiger Eifer für die Verbreitung des Französischen zu weit gegangen,
hat doch selbst Napoleon bei seinem letzten Besuch in Straßburg empfohlen, die deut
sche Sprache nicht zu vernachlässigen, und der unlängst in dieser Stadt verstorbene ka
tholische Pfarrer Cazuaur hat in einer gediegenen Schrift seine Stimme zu ihren Gun
sten erhoben. Allein wie es ein Frevel gewesen wäre, das elsässische Volk seiner Mut
tersprache berauben zu wollen, so wäre es auch ein nicht zu rechffertigender und über
aus verletzender Eingriff in unsere Freiheit, wenn man die französische, im Elsaß schon
so weit verbreitete Sprache auf einmal in den Bann thun wollte. Wir haben fteilich
in einem deutschen Blatt die empörende Drohung lesen müssen, man werde uns wie
Heloten behandeln, ja selbst vernichten, wenn wir nicht baldigst eine vollstän
dige politische Schwenkung machten; wir lassen uns aber von solchen Auslassungen des
politischen Fanatismus nicht schrecken; vernehmen wir doch viele andere Stimmen, welche
sich für ein mildes, gemäßigtes Verfahren aussprechen, und wir fteuen uns, selbst in
Hrn. Dahns Aufsatz die wohlthuenden Worte zu lesen: „Mehr Zwang als unerläßlich
soll man im 19. Jahrhundert einer Bevölkerung bezüglich ihrer Staatszugehörigkeit
wahrlich nicht anthun, am wenigsten deutschen Brüdern, die man befteien, nicht unter
jochen will." Ueber die Gränze des Unerläßlichen sind wir freilich mit ihm nicht einig;
danken ihm aber doch für diese freisinnige Erklärung, während wir, was die Zukunft
unsers lieben Elsasses betrifft, unser Vertrauen nicht auf Menschen, sondern auf Den
setzen, der die Geschicke der Völker wie der Einzelnen lenkt, und dabei, auch wenn Er
züchtigt, nur Gedanken der Liebe und des Friedens hat. Sein Wille geschehe!
Ein elsässtscher Schulmann.