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III. Abteilung. Literarischer Wegweiser.
Zur Alkoholfrage.
1. Die Alkoholfrage vom pädagogischen Standpunkte aus. Von A. Uebel, Schul
direktor in Leipzig. Leipzig, Dürrsche Buchhandlung. Preis 60 Pfg.
2. Kind und Alkohol. Vortrag, gehalten im Verein für Bolkshygiene zu Dresden.
Von Ur. Fr. Förster. Leipzig, Teubner.
Die „Alkoholfrage" hat allmählich eine wahre Bücherflut hervorgerufen, die neben
Wertvollem auch manches minderwertige Opus gezeitigt hat. Die obigen Merkchen
möchten wir zu den beachtenswerten rechnen, die für uns Erzieher mancher: guten Wink
enthalten. Nr. 1 betrachtet die Frage in sachlicher Weise vom pädagogischen Gesichts
punkte aus, und ist besonders reich an statistischem Material; Nr. 2 ist von einem Arzte
geschrieben und enthält einen auf gründlichem Studium beruhenden warmen Appell an
alle Eltern um der Kinder und der nachkommenden Geschlechter willen, dieselben vor allem
Alkoholgenuß zu bewahren. Verfasser ist mit Recht der Meinung, daß mit der Be
kämpfung des vielverbreiteten Alkoholgenusses bei der Jugend das Übel an der Wurzel
angefaßt wird.
Volkspädagogik.
Frenzel, Fr. Die überhandnehmende Verrohung von Jugend und Volk. Pößneck,
Gerold.
In dem kleinen Schristchen redet ein warmer Volks- und Vaterlandsfreund zu
uns, der einem an mancher Stelle recht aus dem Herzen spricht. In den beiden ersten
Abschnitten charakterisiert er die moderne Bildung und insbesondere die des Mädchens
als zu einseitig auf Verstandeskultur gerichtet, worauf er im dritten die Wechselwirkung
dieser Erziehung der Geschlechter in der Ehe und die Ehe-Irrungen nachweist, als eine
sehr nachteilig wirkende. Die letzten Abschnitte schildern in knappen Zügen die Art
unserer meisten modernen Romane, Schauspiele, Dramen und Malerei, die vielfach nur
dem rohen Sensationsbedürsnis schmeichelten. Eine Stelle sei angeführt! „Unsere heutige
dramatische Kunst leidet an einer chronischen Krankheit, an der Darstellung der Wollust,
und damit geht Hand in Hand die Entsittlichung der Massen. Neunzig von Hundert
suchen heute die Hallen des Theaters kaum noch auf als einen Ort der Erbauung, sie
betrachten denselben als einen Gemeinplatz der Unterhaltung, und diejenigen Abende
sind die besten für den Säckel des Direktors, der seine Zeit versteht und Stücke an
kündigt, welche den Sinnenkitzel bis zur Ekstase steigern."
2. Kemmeny, Fr. Budapest. Gegenwart und Zukunft der körperlichen Erziehung. Ein
universalpädagogischer Reformversuch. Berlin, Gerdes und Hödel; Preis 1,20 M.
Der ungarische Schulmann ist auf dem weiten Gebiete des körperlichen und sport
lichen Bildungswesens alter und neuer Zeit sehr wohl orienttett, das zeigt er besonders
in der scharfen aber m. E. gerechten Krittk der Ausartungen des Sportwesens unserer
Tage, das in der einseitigen Pflege irgend einer Körperkraft das alleinige Heil aller
Jugendbildung sieht. Demgegenüber stellt K. als das Ziel aller wahren Menschenbildung
für die Zukunft die harmonische Ausbildung von Seele, Geist und Körper auf, deren
Wette ihm wie 3:2:1 erscheinen. Wenn man dem Verfasser auch nicht immer zustimmen
wird, so liest man seine von warmer Liebe zur Jugend diktietten fttschen Ausführungen
doch mit lebhaftem Interesse. Möchten sie in weiten Kreisen Beachtung finden.
Verantwortlicher Schriftleiter Rektor a. D D. Horn in Elberfeld-Hahnerberg.