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Evangelisches Schulblatt.
Januar.
Taten!
vom Herausgeber.
Ein früheres Zeitalter — es liegt reichlich 100 Jahre hinter uns —
hat man das philosophische genannt; unermeßliche Schätze hat die
Gedankenarbeit der großen klassischen Periode unsrer Literatur hervor
gebracht. Wir zehren davon; mögen wir jeweilig auch mit etwas Gering
schätzung auf jene in allem Äußern so enge, ja dürftige Zeit mit ihren
mancherlei Zöpfen und Wunderlichkeiten Hinblicken, wir pflegen es doch
mit Nachdruck zu unterstreichen, wenn wir einmal für unsre Denkergebnisse
ein Wort eines jener Großen anführen können; damit erst erscheint uns
dann unser Fündlein völlig legitimiert. Jene Zeit hat unserm Volk den
Namen eines Volkes der Denker und Dichter eingetragen. Gehen wir noch
etwas zurück in der Geschichte, etwa in die Anfänge jener großen Literatur
epoche, so treffen wir da auf eine ganz andere Erscheinung. Ich nenne
nur den Namen Johann Sebastian Bach (gest. 1750). Was für eine
Höhe künstlerischer Kultur ist damals erreicht worden! Nachdem die
Bachgesellschaft angefangen hat, Bachs Werke ans Licht zu ziehen, sie zu
sammeln und herauszugeben, bringt jeder neue Fund neues Staunen über
die Größe, den Reichtum, die Tiefe und Kraft dieses musikalischen Genius.
Die Quelle künstlerischer Eingebung muß ihm wahrhaft unerschöpflich ge
flossen sein. Was für eine Zeit muß das gewesen sein, die ihn hervor
bringen konnte, die ihm in einer nach unsern Begriffen kleinen Stadt die
Kräfte zur Darstellung dieser Fülle von Oratorien und Kantaten zur Ver
fügung stellte!
Und nun unsre Zeit? Ich meine, sie hat einen Drang zur
Tat, wie kaum eine frühere Zeit. Sehen wir in die politische Ge
schichte hinein, was für Umwälzungen sind da hervorgebracht worden!
Deutschland ist wie aus einem hundertjährigen Schlaf erwacht. Wie ein
Riese reckt es seine Glieder, und mit Staunen und Schrecken werden seine
Nachbarn gewahr, wie es die Stellung für sich in Anspruch nimmt, die
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