Das Wesen der Seele.
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wort aus die Frage haben möchten: „Was ist die Seele?" Wer einige
Stunden ernsten Denkens nicht scheut, um die Antwort Geysers genauer kennen zu
lernen, der nehme seine Schrift zur Hand?
Die experimentell-didaktische Erforschung des Lese
unterrichts.
von Franz Weigl, München-Harlaching.
experimentelle Psychologie hat sich mit großem Eifer auch jenen Problemen
^ zugewendet, die sich um das Lesen bei Kindern und Erwachsenen auftun.
Wenn man das vorgelegte Material überprüft, so muß man den immensen Fleiß
bewundern, der hier aufgewendet wurde und der außerordentlich interessante
Details zutage gefördert hat. Der Praktiker freilich kommt beim Studium
dieses Materials nicht auf seine Rechnung, wie alle einschlägigen Arbeiten bezeugen.
Ich nenne hier an erster Stelle die Zusammenfassungen, die uns Kolar zu den
einschlägigen Fragen hier im .Pharus' im August-Heft 1912 (2. Halbjahrband,
S. 143 ff.) im zweiten Teile seines Referates: „Die für den Elementarunterricht
wichtigen Ergebnisse der experimentellen Pädagogik" gegeben hat. Auch der bekannte
Unterklassenpraktiker Gustav Wiederkehr kommt zu solch resigniertem Schluß in
dem Sonderheft der kritischen Monatschrift ,Die Sonde' über den ersten Sprech-
Schreib-Lese-Unterricht, in welchem er „Die wichtigsten Ergebnisse der experimen
tellen Untersuchungen über das Leseproblem und ihre Bedeutung für die unter-
richtliche Praxis" darstellt (Februar 1911, Nr. 2). Es muß ihm recht gegeben
werden, wenn er mit Bezug auf die bisherigen Untersuchungen das Urteil fällt:
„Die letzte Antwort auf all die Fragen und Rätsel kann uns ja schließlich nur im
lebendigen Umgang mit den Kindern selbst in der unterrichtlichen Praxis gegeben
werden. Hier wird es sich zeigen, was als haltbar und wirklich wertvoll dem
Fortschritt des Unterrichts dienlich ist, oder was als zweckwidrig und unpshchologisch
dem Schicksal „grauer Theorie" verfallen muß."
1 Geyser sagt im Vorwort, daß er sich bemüht habe, wissenschaftlich und doch allgemein
verständlich zu sein, vorausgesetzt allerdings, daß man mitzudenken gewillt sei. Das ist
ihm im ganzen wohl gelungen. An mehreren Stellen, besonders Seite 107 ff. scheint mir
das Verständnis dadurch erschwert zu sein, daß Geyser das Wort „Erscheinung" stets für
das Erkenntnis bild der Erscheinung braucht. So spricht er z, B. S. 107 von den körper
lichen Erscheinungen des Bewußtseinsfeldes und meint damit die sinnlichen Wahr
nehmungen. Aus S. 111 spricht G. von Gehirnerregungen, die mit Denkvorgängen (un
sinnlichen Bewußtseinsvorgängen) verknüpft sind, und die reale Sinneserregungen er"
zeugen; er meint hier sinnliche Vorstellungen, die er im letzten Teile des Satzes Wahr
nehmungen nennt. Neben dem Erkenntnisbilde der Erscheinung oder der subjektiven
Erscheinung ist doch auch die objektive zu unterscheiden. Diese ist allerdings nach der idea
listischen oder kritischen Auffassung, der Geyser sich zum Teil anschließt, eine Projektion,
d. h. ein nach außen Verlegen des Erkenntnisbildes seitens des Subjektes. Aber das Wort
Erscheinung veranlaßt den Leser zunächst an die objektive oder nach außen proji
zierte Erscheinung zu denken, während tatsächlich die subjektive Erscheinung, d. h. das
Erkenntnisbild des Bewußtseins, gemeint ist. Dadurch gibt es an mehreren Stellen für das
Verständnis Schwierigkeiten.