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Rundschau.
folgen sollen. Für letztere wurde zunächst ein Entwurf veröffentlicht, der nun der allge
meinen Kritik zugänglich ist und aus dem sich praktisch Wertvolles gestalten kann. Einzel
heiten sind nur in der Stundentafel berührt, dagegen sind Hauptziel der einzelnen Fächer,
stoffliche Wegweisung, methodische Richtpunkte möglichst allgemein gehalten.
Eine Gesellschaft für Heilpädagogik wurde im Anschluß an den 1. Kongreß für Heil
pädagogik in München gegründet. Eine erfreuliche vertrauensvolle und erfolgreiche ge
meinsame Arbeitsfront aller-beteiligten Kreise (Heilerzieher, Aerzte, Psychiater, Psycho
logen, Juristen, Seelsorger) wurde geschaffen. Zum Ehrenvorsitzenden wurde Direktor
Or. Hellen, Wien-Grinzing, gewählt; als Geschäftsführer wurde der um das Zustande
kommen und den erfolgreichen Verlauf des Kongresses sehr verdiente Münchener Lehrer
Göpfert bestellt; in den Vorstand wurden gewählt: Oberlehrer Egenberger, 1. Vor
sitzender des Bayerischen Hilfsschulverbandes, Direktor Hofbauer der Landestaubstummen
anstalt, Universitätsprofesior Or. Isserlin, Leiter der Hirnverletzten-Abteilung, sämtliche in
München, ferner Profesior Or. Gregor der Erziehungsanstalt Flehingen (Baden), Schul
rat Henze, Frankfurt a. M., Inspektor Rudolf Hinder des bürgerlichen Armenwesens der
Stadt Zürich, Fürsorger H. Kestenholz-Rudin, Präsident der Baseler Webstube in Basel,
Privatdozent Or. I. Lindworski, Köln, Frl. Ruth von der Leyen, Berlin, und Stadtschulrat
Weigl, Amberg. Der Vorstand wurde für die folgenden zwei Jahre bis zum nächsten
Kongreß, der wieder in München tagen wird, gewählt; er hat zunächst die Aufgabe, als
Arbeitsausschuß tätig zu sein. Die Satzung der Gesellschaft ist zu erhalten von der Ge
schäftsstelle in München, Kaulbachstraße 63a/H. — In München wurde durch das Staats
ministerium für Unterricht und Kultus ein eigener Kursus für Hilfsschullehrer eröffnet, zu
dem die Teilnehmer unter Fortbezug ihres Gehaltes beurlaubt wurden.
Montesforipropaganda in Deutschland.
Die im Anschluß an den Vortrag des Rundschauers auf dem Münchener heilpädago
gischen Kongreß vertretenen Thesen über die Montesiorimethode (vgl. Heft 7 des Pharus
1922) sind in einer Reihe von Zeitschriften, u. a. in der Zeitschrift für pädagogische Psycho
logie und experimentelle Pädagogik (1922, Nr. 11/12), abgedruckt worden, ein Beweis
dafür, welchen Anklang die besonnene Bewertung der deutschen Lehrkunst gegenüber der
übertriebenen Verherrlichung der Montesiorimethode findet. Auch von anderer Seite
wurde gegen die Montesiorieinseitigkeit Stellung genommen. K. W. D i x von Meißen in
Sachsen hat in einer Besprechung der Or. Knappschen Uebersetzung von Montesioris Buch
Selbsttätige Erziehung im frühen Kindesalter in der Zeitschrift für Kinderforschung (Langen
salza 1922, Nr. 3/4) bei gerechter Anerkennung der klugen Verknüpfung erziehlicher, heil
pädagogischer und psychologischer Erkenntnisse doch folgendes gesagt: „An sich haben auch
ihre Unternehmungen nicht so verblüfft, wie man es aus anderen Besprechungen heraus
liest. Die Verfasierin ignoriert wunderbarerweise die deutschen Pädagogen — ihre Klassi
ker und die führenden Männer der Gegenwart. Es fei nur an Fröbel und an die vielen
Landerziehungsheime und den Arbeitsschulbetrieb in deutschen Schulen erinnert, und jeder
Wissende wird dort das finden, was als etwas Neues hier geschildert wird. Ja, mir ist
dieses Nichtbeachten der deutschen Pädagogik, der experimentellen Pädagogik und Psycho
logie, der psychologischen Institute deutscher Lehrer und deutscher Psychologie der frühen
Kindheit störend aufgefallen. Vom deutschen wissenschaftlichen Standpunkt aus wird man
all dem Schönen, was die Verfasierin bietet, leicht nachgehen, sich freuen, wie sie so manche
Idee verwirklicht, eigene, wisienschaftlich durchaus begründete Wege geht und Erfolge er
zielt, die zur Nachahmung anregen . . . Die Montesiori hat außer in Italien auch in
England, Amerika, Frankreich und China ihre Anhänger gefunden. Auch in Deutschland
liest man von Montesiorikursen und dies mit Recht; doch: Deutscher, vergiß dabei nicht
deiner pädagogischen Väter und deiner noch lebenden und schaffenden Pädagogen!