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Blätter für Anstaltspädagogik.
winnung der jüngern Mitzöglinge für
die Disziplin durch euer eigenes gutes
Beispiel. Ob es euch gelingt? Ich
glaube es euch zumuten zu dürfen!"
Das Vertrauen reizt zur Probe.
Die beiden find unter ihren Kameraden
lebhafte Förderer der ihnen als Ziel
gesteckten Aufgaben.
Die „Isolierung", von der Foerster
spricht, ist somit umgangen. Die Seelen
meiner beiden Zöglinge werden „einge
bettet" in das Gedanken- und Willens
bett der Disziplin-Anerkennung und Dis
ziplin-Förderung. Wenn ich fie einmal
so weit habe, dann ist vorgebaut.
Jetzt ist es noch nötig, den Jungens be
hilflich zu sein in ihrer Probezeit. Dann
und wann lasse ich mir berichten (nicht
fordernd, sondern ermunternd), wie es
ihnen zumute sei; wie die Probearbeit
ihnen behage; welche Schwierigkeiten sich
allenfalls ergäben; warum sie dieselben
so groß fänden. Ich berate mit ihnen
Mittel und Wege, wie die Schwierig
keiten überwunden werden könnten.
Nicht alle Zöglinge lassen sich die Be
einflussung durch Kameraden gefallen.
Es setzt eine mehrmonatliche „sittliche
Lebenskunde" und Willenskultivierung ein
mit dem Zentralgedanken: keine Freiheit
ohne Bindung!
Erst dann ist der Boden für den Saat-
Aufgang bereitet; er hat die nötigen
Nährkräfte zur Verfügung.
Haben die Jungens die Probezeit glück
lich bestanden (und nebenbei ahnen ge
lernt, daß es auch sittliche Probe
arbeiten, Probearbeiten lebenskundlichem
Inhalts, nicht bloß Unterrichts-Probe
arbeiten gibt!), dann mag die Zeit zum
Eintritt ins zweite Stadium gekommen
sein.
Das zweite Stadium umfaßt die tat
sächliche Einführung des Selbstregiments
bei den ältern Zöglings-Jahrgängen.
Am besten überläßt man die Organisation
unächst dem Versuchsgeschick der erst
earbeiteten Zöglinge. Sie sollen einen
Plan entwerfen, ihn mit den Vorgesetzten
besprechen (die Vorgesetzten können bei
solchen Unterredungen manchen wertvollen
Einblick in die Jugendseelen tun) und
nach deren Begutachtung die Kameraden
dafür gewinnen. Erst wenn sich bei diesen
das lebhafte Verlangen nach Einführung
zu einer förmlichen Bitte verdichtet,
dann kann das Selbstregiment als V e r -
suchs-Geschenk probeweise ge
währt werden. Ein psychologisch ähn
lich wie beim ersten Stadium angelegter
Appell an die Beweisung ihrer Reife
wird gute Wirkung tun.
Man darf nur nicht gleich Wunder
wirkungen von der Einführung erwarten.
Es wird anfänglich noch mancher Mißton
bemerkbar werden; aber mit Geduld und
Liebe, die nicht gleich verzagt, spottet
oder gleich bei Unstimmigkeiten mit Ent
zug der Gabe droht, wird sich der Segen
nach und nach fühlbar machen. — I. W.
Lebenskunde.
Wer ist besser in der Lage, eine solche
zu bieten, wenn nicht die Anstaltspäda
gogen? Foerster hat schon dankenswerte
Anregungen gegeben; aber sie müssen
noch für die Anstaltsverhältnisse ver
ändert und insbesondere vom religiösen
Standpunkt aus ergänzt und vertieft
werden. Die Anstaltsdisziplin stellt an
den Zögling verschiedene Forderungen,
deren Berechtigung nicht ohne weiteres
von ihm eingesehen wird. Soll er
nun einfach dem starren Machtbefehl sich
beugen müssen oder nicht auch innerlich
dafür gewonnen werden? Hier tritt eben
dann die Lebenskunde ein, die anknüpft
an die Gefühle und Strebungen des
Zöglings, diese ordnet, veredelt, in rich
tige Bahnen lenkt, zur Mithilfe an ge-
schmack- und willenbildenden Aufgaben
anreizt. Freilich ist es nicht mit einem
mehr oder minder kunstvoll ausgearbei
teten Vortrag getan. Da muß schon
auch die Selbsttätigkeit der Zöglinge
angespornt werden; sie müssen mitreden,
mitberaten dürfen. Der Vorgesetzte muß
nur die Diskussion anregen, sie vor all
zu großer Zersplitterung bewahren, aber
seine Meinungen nicht immer großspurig
zur Geltung bringen wollen; das Unter
richthafte sollte zurücktreten, dagegen die
lebenfördernde Freundlichkeit in den Vor
dergrund.
Es gibt hier für einsichtsvolle Anstalts
pädagogen anregende Aufgaben. Viele
Analogieen aus der Unterrichtsdidaktik
müßten einfach mit glücklichem Griff ge
wagt werden. Daß auch alle reform
pädagogischen Fragen hierbei miter
wogen werden müßten, ist selbstverständ
lich. Schlagwörter wie: Persönlichkeils-