Objekt: Rechtschreibung - Zwingli (4)

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bad) verfaßte und das 1475/76 erſchien. Dieſes 
Werk wurzelte allerdings noch ſtart in der alten 
Zeit und zeigte nux in geringem Umfange die 
humaniſtiſchen Errungenjhaften. = R. benußte 
die lateiniſche Sprache zu faſt allen ſeinen 
Werken, ſeinen gelehrten und ſreundſchaftlichen 
Briefen. Nach der Sitte ſeiner Zeit verſaßte 
er auch einige lateiniſche Gedichte, obwohl ex 
dazu weder Beſähigung noch Neigung haite. 
Wichtiger find feine beiden, nach dem Muſter 
des Terenz in Heivelberg verſaßten Komödien 
„Sergius“ mD „Seenica Progymnasmata“ oDer 
„Henmo“, erſtere eine Werſpotiung jeines 
Feindes Holzinger, des Ratgebers Cberhards 
Dd. J., leßtere eine Satire gegen Aſtrologen und 
Iuriſten. Dieſe Komödien, die zur Aufführung 
durch Schüler und Studenten beſtimmt waren, 
kann man als vie erſten ihrer Art bezeichnen. -- 
Seine bedeutenden Sprachkenntnijje benußte 
R. zu einer ganzen Reihe von Überſeßungen. 
Für Cberhard übertrug ex Reden des Demo- 
ſthenes ins Deutſche und ſür den Pfalzgrafen 
Philipp Ciceros Tuskulanen. Überſetzungen 
griechiſ<er Schriftſteller (3. B. Xenophon, 
Homer, Hippvkrates, Athanaſius uſw.) ins 
Lateiniſche hat er zahlreich für ſeine nicht des 
Griechiſchen fundigen Freunde angefertigt. Mit 
ver griechiſchen Sprache ſelbſt hat ex ſich aller- 
dings nur in einer kleinen Schriſt über die vier 
Ivdiome des Griechijchen beſchäftigt. Außerdem 
hat er die Colloquia graeca, eine Sammlung 
einfacher Geſpräche mit lateiniſcher Überſezung 
zum Einüben der Regeln, herausgegeben. Eng 
mit jeinem Namen verknüpft iſt die von ihm 
eingeführte neugriechiſche Ausſprache, im der 
unter den Vokalen der i-Laut vorherrſcht und 
das v(ypfilon) in den Diphtongen konſonantiſch 
lautet. Sie wird als Jenchlmiſche Ausſprache 
der Eraömiſchen gegenübergeſtellt. -- R.5 Haupt- 
bedeutung beruht auf ſeinen Werken, die fich mit 
dem Hebräiſchen beſaſſen. Nach jahrelangen 
Vorarbeiten gab er als erſter Hebraiſt des 
Humanismus im Jahre 1506 ſeine aus drei 
Büchern beſtehende Rudimenta hebraica (erſtes 
und zweites Buch Lexikon, drittes Buch Gram- 
zmnatik) heraus. Wenn er in dieſem Werke auch 
weithin von vem bedeutendſten jüdiſchen Lexiko- 
graphen und Grammatiter David Kimchi (geb. 
um 1160 in der Provence) abhängig ift, ſo 
muß Dod) ſchon die Benußung dieſes hebräiſch 
im rabbinijchen Jdiom geſchriebenen Lexikons, 
vor allem aber die ſelbſtändige Durchſforſchung 
einer Fülle bibliſcher und jüdijcher Literatur als 
eine Mieſenleiſtung angeſehen werden. R. 
zitiert eine ganze Reihe weiterer Lexikographen 
und Rabbinen, die Majſoral) (kritiſche Text- 
bemerkungen am Rande der Handſchriften), die 
Kabbalah, ferner die alten Überjezungen der 
Septuaginta, des Symmachus8, ves Theodotion 
ujw., ſchließlich die <hriſtlichen Ausleger Hierony- 
Reuchlin 
 
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mus, Paul von Burgos (getauſter Jude, als 
Biſchof geſt. 1435) und Nikolaus de Lyra. Das 
Bedentſamſte an ſeinem Werke war das kritiſche 
Beiſeiteſezen ver Bulgaia, der heilig gehaltenen 
lateiniſchen Überſeßung des Alten Teſtamenis, 
und das Zurügehen auf den Urtext. R. war 
hier unbeirrt nur auf das Erforſchen der Wahr- 
heit bedacht. -- Zum Einüben der in den Rudi- 
menta gegebenen Negeln hat NR. bald darauf 
Die ſieben Bußpfalmen mit lateiniſcher Über- 
ſehkung und grammatifaliſchen Erklärungen 
herausgegeben. In ähnlicher Weiſe hat er auch 
die Pjalmen 110--414 dargeboten, aber nicht 
im Dru erſcheinen laſſen. Die Fortſezung 
jeiner Rudimenta bildete dann ſeine 1518 ab- 
geſchloſjene Schrift „De accentibus et ortho- 
graphia linguae hebraicae“, in der er in Ver- 
bindung mit weiteren grammatikaliſchen Be- 
mertungen die einfache Wortbetonung, den 
rednerijchen Akzent und die muſikaliſche Be- 
tonang vargelegt hat. --- Aber nicht nur als 
Sprachwiſſenſchaftler hat ſich R. mit dem 
hebräijch-jübdijehen Schrifttum beſchäftigt, ſon- 
dern auch als Philoſoph. Als jolcher war er 
der unmittelbare Nachfolger des italieniſchen 
Graſen Pikus von Mirandola, der es als erſter 
unternommen hatte, die <riſtliche Lehre in der 
Kabbalah (zu deutſch: Überlieferung) wieder- 
zuſinden, jenem jüdiſchen Schrifttum des Mittel- 
alters, das in Form von Bibelfommentaren eine 
theoſophiſche Geheimlehre vortrug und dabei 
angab, dieſe gnoſtiſch-myſtiſche Lehre aus ur- 
alter, bis auf die Erzväter zurügehender Über- 
lieferung zu haben. Jn zwei Büchern hat R. 
die von ihm aufgenommenen kabbaliſtiſchen 
Lehren vorgetragen, in „Deo verbo miritico“ 
(1494) und „De arte cabbalistiea“ (1517). 
Jede dieſer Schriften iſt in drei Bücher geteilt 
und im der Form von Unterredungen dreier 
Männer gehalten. In dem erſten Werke unter- 
halten jich ein Jude, ein Philoſoph und R, 
jelbſt unter ſeinem Gelehrtennamen Capnion 
über das Eindringen in die Geheimniſſe der 
Natur. Nur durch göttliche Enthüllung, die 
im wunderbaren Wort vor ſich gehe, könne man 
zur Erkenntnis kommen. Da3 wunderbare Wort 
jei das unausſprechbare Tetragrammaton Jhvh 
(die Konſonanten des Namen3 Jahveh), das 
jich in fünfbuchſtabiger und deShalb ausſprech- 
barer Form auch in Jhſvh (Jeſus) vorſinde. 
Ju diejen Buchſtaben, die in verſchiedener Weiſe 
auf die Clemente und auf die geometriſchen 
und philoſophiichen Begriffe bezogen werden, 
jei das Weſen der Natur enthüllt. In dem 
zweiten Werk unterhalten ſich ein kabbalah- 
kundiger Jude, ein Mohammedaner und ein 
Pythagoräer. In dieſer Schrift wird der Ge- 
danfe des Pikus von Mirandola, daß die Lehre 
ves Pythagoras mit der kabbaliſtiſchen und 
<riftlichen übereinſtimme, nöher ausgeführt. 

	        
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